Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
dass sein Kollege und Freund, Michael Hendricks, heute der Dienst habende Kardiologe war.
Ein Radiologie-Assistent schob ein mobiles Röntgengerät neben die Patientin. Während sie die Aufnahme machten, kam Cynthia, eine andere Krankenschwester aus dem Team der Notaufnahme, herein. „Hier sind die Laborergebnisse. Die Elektrolyten sind ein bisschen unregelmäßig, und der Kaliumspiegel ist niedrig, doch die Hämoglobinwerte sind in Ordnung. Sie blutet also vermutlich nicht.“
Seth atmete auf. Prima. Sie hatten also zwei der möglichen sechs Ursachen für die PEA ausgeschlossen. „Wie sieht es mit dem Troponin und den Herzenzymen aus?“
„Wird beides noch untersucht.“
Konzentriert blickte Seth auf den Bildschirm des Röntgengeräts. „Kein Spannungspneumothorax. Es scheint aber Blut zwischen Herzbeutel und Herz zu sein.“
Endlich hatten sie eine begründete Diagnose. Eine Perikardtamponade war häufig der Grund für eine PEA. Entschlossen wandte er sich wieder der Patientin zu.
„Ich werde sofort eine Perikardpunktion machen.“
Seth streifte ein Paar sterile Handschuhe über, während Alyssa die Nadel und eine Spritze vorbereitete. Eine andere Krankenschwester rieb gleichzeitig den Brustkorb der Patientin mit einer antiseptischen Lösung ein.
Seth holte tief Luft und ließ dann geschickt die Nadel in den Brustkorb gleiten. Erleichtert stellte er wenige Sekunden später fest, dass die Spritze sich mit Blut füllte. Er hatte die richtige Stelle getroffen. Mehr als 60 Milliliter Blut konnte er absaugen.
„Gute Arbeit“, bemerkte Michael, der inzwischen angekommen war. „Warum hast du mich gerufen? Du brauchst mich doch gar nicht.“
Seth warf seinem Freund einen gequälten Blick zu, während er die Nadel konzentriert ein zweites Mal ansetzte und weitere 20 Milliliter Blut aufzog.
„Hört auf mit der Wiederbelebung“, bat er und wandte sich dem Monitor zu. „Wir wollen sehen, ob sie wieder einen eigenen Puls hat.“
Plötzlich herrschte völlige Stille im Schockraum.
„Ich kann ihren Puls fühlen, aber er ist sehr schwach“, erklärte Michael schließlich.
„Der Blutdruck ist auch wieder messbar“, erklärte Cynthia. „Allerdings ist er sehr niedrig.“
„Gebt ihr Dopamin und bestimmt den Troponin-Wert“, bat Seth und streifte die Handschuhe ab. „Michael, wir gehen davon aus, dass sie einen akuten Myokardinfarkt mit einem Perikard-Erguss hat. Ich habe dich rufen lassen, weil wir eine Herzkatheter-Untersuchung brauchen.“
„Ich würde gern auf den Troponin-Wert warten“, sagte Michael.
„Hier ist er“, erklärte Alyssa. „Er liegt bei 0,51.“
Da ein Wert von 0,03 als zuverlässiger Indikator für einen Myokardinfarkt betrachtet wurde, war die Diagnose damit bestätigt.
Seth sah seinen Freund an, und Michael nickte zustimmend.
„Alles klar. Die Patientin gehört ab jetzt mir. Bringen wir sie ins Katheterlabor.“
Die Schwestern bereiteten die Frau für den Transport vor und suchten alle Unterlagen zusammen. Seth bemerkte, dass die junge Rettungsassistentin noch immer in der Ecke stand und die Szene interessiert beobachtete.
Nachdem das Kardiologie-Team die Patientin übernommen hatte, war Seth nicht mehr zuständig. Trotzdem dachte er noch mehrere Minuten über die schlechte Prognose der Frau nach. Leider war es eine traurige Tatsache, dass Frauen nach einem Herzinfarkt deutlich geringere Überlebenschancen hatten als Männer. Der Grund dafür lag vor allem darin, dass Frauen nur selten die typischen Symptome aufwiesen. Zum Glück hatten in diesem Fall die Rettungsassistenten die richtigen Schlüsse gezogen, sodass der Patientin schnell geholfen werden konnte.
„Entschuldigung. Sind Sie Dr. Seth Taylor?“
Erstaunt drehte Seth sich zu der Rettungsassistentin um. „Ja?“
Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. „Ich bin Kylie Germaine, die neue Ausbildungsleiterin für den Rettungsdienst hier am Cedar Bluff Hospital.“
Das war Kylie Germaine? Seth war der honigblonden jungen Frau schon ein paar Mal begegnet, hatte aber ihren Namen nicht gekannt. Natürlich wusste er, dass eine neue Ausbildungsleiterin eingestellt worden war, doch er hatte eine ältere, erfahrenere Person erwartet. Kylie schien viel zu jung zu sein, um die Aus- und Weiterbildung für das gesamte Rettungsdienst-Team zu koordinieren. Andererseits hatte sie mit ihrer Diagnose vorhin völlig richtig gelegen.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen.“ Er nahm ihre Hand und spürte, wie ihm ein leichter
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