Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
Arbeitszimmer.
„Mom, kann ich nach draußen auf die Schaukel gehen?“, fragte Ben drei Minuten später.
Kylie versuchte, nicht genervt zu sein. Eigentlich sollte er nicht allein draußen spielen, doch da sie die Schaukel von ihrem Arbeitsplatz aus durchs Fenster sehen konnte, nickte sie. „In Ordnung. Aber zieh dir deine Jacke an.“
Cedar Bluff lag am Rande des Michigansees, sodass selbst im Sommer nicht selten eine frische Brise dafür sorgte, dass es deutlich kühler als im Landesinneren war.
Sie hörte, wie er seine Jacke von der Garderobe zerrte und dann die Tür hinter sich zuschlug. Erleichtert atmete sie auf. Gut, da Ben nun beschäftigt war, konnte sie vielleicht einen ersten Entwurf für die Behandlungsleitlinie schreiben. Als sie kurz darauf erneut die Tür quietschen hörte, musste sie sich sehr zusammenreißen, um ihren Unmut zu unterdrücken.
„Mom, darf ich zum Spielen zu Joey hinübergehen?“
Kylie zögerte. „Ist Joeys Mutter da, um auf euch aufzupassen?“
„Keine Ahnung. Ich frag mal nach.“ Ben war bereits wieder hinausgestürmt.
„Warte! Ich komme mit.“
Sie würde doch nicht zum Arbeiten kommen, solange ihr Sohn sie ständig unterbrach.
Joey Clairmont wohnte im Nachbarhaus. Im Augenblick fuhr er mit seinem Fahrrad auf der Auffahrt hin und her. Kylie sah auch Joeys ältere Schwester, die auf der Veranda vor dem Haus mit ihren Barbiepuppen spielte.
Dann entdeckte sie Missy Clairmont, die gemütlich in einem Liegestuhl auf dem Rasen saß und telefonierte. Kylie hatte sich bei der Nachbarin vorgestellt, als sie im vergangenen Monat eingezogen war, doch seitdem hatten sie noch nicht wieder miteinander gesprochen, da Kylie den größten Teil des Tages bei der Arbeit war.
Unsicher winkte sie Missy Clairmont zu, die sie freundlich anlächelte und – ohne ihr Telefonat zu unterbrechen – klarmachte, dass es in Ordnung war, wenn Ben mit Joey spielte.
Beruhigt wandte Kylie sich an ihren Sohn. „Okay, Ben. Du darfst hierbleiben und mit Joey spielen.“
„Super! Danke, Mom!“ Und schon war er verschwunden.
Kylie hatte ein schlechtes Gewissen, als sie in ihr Arbeitszimmer zurückging. Vielleicht sollte sie lieber den Tag mit Ben verbringen, anstatt sich mit der Hypothermie-Leitlinie zu beschäftigen.
Unschlüssig sah sie auf den Computerbildschirm. Es ließ sich nicht ändern – sie musste sich darum kümmern. Und nicht nur darum. Das gesamte Ausbildungsprogramm für die Rettungsassistenten musste dringend überarbeitet werden. Sie wurde für diesen Job bezahlt, also würde sie ihn auch so gut wie möglich erledigen.
Sie würde sich jetzt beeilen und dafür am Nachmittag mit Ben und Joey ins Kino gehen. Es gab einen neuen Disneyfilm, den Ben sicher gern sehen würde. Wenn sie dann noch einen großen Eimer Popcorn spendierte, wäre der Tag für die Jungen perfekt.
Sofort fühlte Kylie sich besser und wandte sich wieder ihrer Recherche zu. Schon bald hatte sie zahlreiche Dokumente zu diesem Thema gefunden und fing an, die Seiten auszudrucken, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Vorgehensweise besser vergleichen zu können. Seth würde beeindruckt sein.
Dr. Taylor! Sie musste es sich endlich merken. Er hieß Dr. Taylor!
Energisch verbannte sie die Gedanken an ihren faszinierenden Kollegen aus ihrem Kopf und konzentrierte sich auf die Arbeit. Sie kam schneller voran, als sie gehofft hatte.
Ein schriller Schrei durchbrach die angenehme Vorstadtstille.
Ben? Sie schnappte nach Luft und sprang auf. Durch das Wohnzimmerfenster sah sie auf die Straße. Ein rotes Fahrrad lag völlig verbogen unter einem Auto, das direkt vor Joeys Haus stand.
Um Himmels willen! Ein rotes Fahrrad. Bens Fahrrad!
Sie stürmte nach draußen und rannte zum Unfallort. Ihr Herz klopfte heftig, und eine Sekunde lang fürchtete sie, in Ohnmacht zu fallen, als sie Bens Körper gekrümmt neben dem Auto liegen sah.
„Auaaa!“, heulte er.
„Es tut mir so leid. Ich habe ihn einfach nicht gesehen!“ Der Fahrer des Wagens war kreidebleich. „Ich habe schon einen Rettungswagen gerufen.“
„Danke. Psst, Ben. Alles wird gut. Ich bin bei dir.“ Kylie blinzelte, um die Tränen aus ihren Augen zu vertreiben. Sie durfte jetzt nicht die Kontrolle verlieren. Ben hatte eine tiefe Wunde über seinem linken Auge. Überall war Blut, und Kylie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass Kopfverletzungen besonders stark bluteten. Außerdem hielt Ben seinen linken Arm schützend vor seine Brust.
„Ich brauche
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