Julia Ärzte zum Verlieben Band 45

geschrieben worden.
    Lieber Shane,
    Wir haben noch einen Sohn bekommen. Seth Patrick Andre hat um viertel nach drei das Licht der Welt erblickt. Mit seinen über 4500 g ist er das Schwerste unserer Kinder. Er ist riesig groß – 57 cm. Vermutlich wird er eines Tages genauso ein stattlicher Mann wie sein Vater.
    Ich wünsche mir so sehr, dass du hier sein könntest, um ihn anzusehen. Seth ist ein unglaublich hübsches Kind. Caleb und Tessa sind noch zu klein, um sich über unseren Familienzuwachs zu freuen. Bestimmt wird es sehr anstrengend mit den drei kleinen Kindern. Ich vermisse dich.
    Bitte komm bald nach Hause. Deine Kinder können sich kaum noch an dich erinnern, obwohl ich ihnen jeden Abend das Foto von dir zeige, damit sie dich in ihre Gebete einschließen können.
    Bitte komm nach Hause, Shane. Dein jüngster Sohn möchte dich gern kennenlernen.
    Deine dich liebende Ehefrau Jane
    Minutenlang starrte Seth auf den Brief. So war es also gewesen. Sein Vater hatte es nicht mehr geschafft zu antworten. Doch die Tatsache, dass seine Mutter alle diese Briefe besaß, bedeutete, dass sein Vater sie sorgfältig aufbewahrt haben musste. Nach seinem Tod mussten sie der Familie zusammen mit den anderen persönlichen Dingen zugeschickt worden sein.
    Auch Caleb und Tessa hatten ihren richtigen Vater im Grunde nicht gekannt. Die Versuche seiner Mutter, die Kinder an ihn zu erinnern, schienen nur mäßig erfolgreich gewesen zu sein. Vielleicht war sie nach seinem Tod der Ansicht gewesen, dass es daher besser für die Kinder war, überhaupt nicht mehr von ihm zu sprechen. Denn was man nicht kannte, konnte man auch nicht vermissen. Als sie dann wieder geheiratet hatte, wollte sie einfach nur eine ganz normale Familie haben.
    Seth’ Groll gegen seine Mutter war verschwunden. Kylie hatte recht gehabt. Seine Mutter hatte ihn und seine Geschwister geliebt. Sie hatte getan, was sie für das Beste hielt, um ihren Kindern eine glückliche Kindheit zu schenken.
    Er legte die Briefe zurück in die Box. Gregory Taylor war ein wundervoller Vater gewesen. Nach seinem Tod hatten Caleb, Tessa und Seth ihn schrecklich vermisst. Er konnte nun verstehen, dass seine Mutter danach keinen passenden Moment gefunden hatte, um ihnen von ihrem richtigen Vater zu erzählen.
    Dem Mann, der sein drittes Kind niemals gesehen hatte.
    Für die Verabredung mit Seth wählte Kylie sehr sorgfältig ihre Garderobe aus. Schließlich entschied sie sich für ein amethystblaues, langärmliges Strickkleid mit V-Ausschnitt.
    Die Tatsache, dass das enge Kleid sehr vorteilhaft ihre Kurven zur Geltung brachte, half nur wenig, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
    Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel und überlegte, weshalb Seth sich zu ihr hingezogen fühlen mochte. Sie entsprach ganz und gar nicht dem üblichen Schönheitsideal. Ihr Mund war zu groß, die Nase ein wenig zu breit. Er konnte jede Frau haben, die er wollte – und hatte diesen Umstand in der Vergangenheit offenbar auch ausgiebig ausgenutzt. Sie wusste von zahllosen Affären mit Schwestern und Ärztinnen aus dem Cedar Bluff Hospital.
    Warum also interessierte er sich für sie? Und warum gerade jetzt?
    Sie wusste es nicht. Doch je länger sie über die seltsame Anziehungskraft nachdachte, die zwischen ihnen beiden bestand, desto sicherer glaubte sie zu wissen, dass die Sache nicht von Dauer sein konnte.
    Sie biss sich auf die Lippen und dachte angestrengt nach. Wie würde sie sich fühlen, wenn es wieder vorbei war? Wäre es eine Katastrophe für sie?
    Vermutlich.
    Doch solange Ben nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde, würde sie es überleben. Es war sehr lange her, seit sie sich so sehr zu einem Mann hingezogen gefühlt hatte. Vielleicht war sie es sich selbst schuldig, ihm eine Chance zu geben? Sollte sie es wagen, Seth zu vertrauen?
    Kylie seufzte. Sie musste verrückt sein, überhaupt darüber nachzudenken.
    Um genau halb sieben klingelte es an der Tür. Ihr Puls begann vor Aufregung zu rasen. Sie zählte leise bis fünf und schloss dann betont langsam die Schlafzimmertür hinter sich. Unten im Flur konnte sie bereits Ben und Elise, die junge Babysitterin, hören, die gerade Seth begrüßten.
    Als sie kurz darauf die Treppe herunterkam, begrüßte Seth sie lächelnd. Sein anerkennender Blick sorgte dafür, dass Kylie sich schön fühlte. Sexy. Und so begehrenswert wie schon seit Jahren nicht mehr.
    „Du siehst wunderschön aus, Kylie. Bist du bereit zur Abfahrt?“
    Sie wusste, dass sie