Julia Ärzte zum Verlieben Band 45
den Industrieländern kein Problem darstellten, die aber in einem Land wie diesem, wo es an Wasser und sterilem Verbandszeug mangelte und die hygienischen Umstände zu wünschen übrig ließen, schnell zu gefährlichen Infektionen führen konnten.
Irgendwann hörte Emmy auf zu zählen, wie viele Wunden sie desinfiziert und verbunden und wie viele Penicillintabletten sie verteilt hatte. Ihr anfänglicher Enthusiasmus war einer tiefen Erschöpfung gewichen, verbunden mit dem befriedigenden Gefühl, etwas geleistet zu haben. P’Ko-Lat war ihr eine große Hilfe, indem sie die Patienten zu ihr führte und genau zusammenfasste, mit welchen Beschwerden sie kamen.
Die meisten Patienten waren Frauen, Kinder und ältere Männer, die zunächst vorgaben, die Frauen nur zu begleiten, dann aber selbst ihre Beschwerden vortrugen.
„Wo bleiben die jungen Männer?“, erkundigte Emmy sich in einer ihrer kurzen Pausen, als sie und Dart im Schatten einer kleinen Hütte saßen und von dem köstlichen Fruchtsaft tranken, den die Dorfbewohner als Zeichen ihrer Dankbarkeit zubereitet hatten.
„Es ist überall dasselbe. Die jungen Männer halten sich für unbesiegbar.“ Er lachte und fuhr dann in ernstem Ton fort: „Die meisten von ihnen arbeiten in den größeren Städten oder werden Soldat. Sie müssen Geld verdienen, um ihre Familien zu unterhalten.“
„Aber das ergibt keinen Sinn.“
Dart hob resigniert die Schultern. „Im Krieg gibt es nie einen Sinn. Du solltest dir nicht den Kopf darüber zerbrechen.“ Er leerte seinen Becher. „Sonst muss ich ihn mühsam wieder zusammenflicken, Dr. Jofille.“
„Ich kann mir Schlimmeres vorstellen“, konterte Emmy kokett.
Ihre Blicke trafen sich. Die Welt um sie herum verblasste, als ein Gefühl brennenden Verlangens alle anderen Gedanken aus seinem Kopf verbannte. Warum hatte sie solche Macht über ihn? Diese Frage stellte Dart sich nicht zum ersten Mal.
Sie waren sich doch einig gewesen, dass das Prickeln zwischen ihnen zu nichts führen würde und sie es bei einer Freundschaft belassen sollten. Mit einem Mal bezweifelte Dart, ob ihnen das gelingen würde.
„Das hier ist eine ziemlich intensive Erfahrung, findest du nicht auch?“, fragte Emmy zweideutig. Sie war aufgestanden und ging langsam auf ihn zu. Dart war wie gelähmt. Er konnte seinen Blick nicht von ihr lösen, und sein Verstand registrierte jede einzelne ihrer Bewegungen.
„Freunde. Wir haben doch beschlossen, Freunde zu bleiben“, sagte er heiser und fragte sich, warum sie ausgerechnet in diesem Moment alleine in der Hütte waren.
„Freundschaft ist gut“, wiederholte sie, ohne stehen zu bleiben. „Nicht dass ich eine Expertin in diesen Dingen wäre, aber ich glaube, dass zwischen uns eine besondere Form von … Energie existiert, wie man es selten erlebt.“
„Ja.“
„Manchmal sind solche Gefühle nur einseitig vorhanden.“
„Manchmal auch nicht.“ Er war sich seiner körperlichen Reaktion auf ihre Nähe bewusst. Heißes Verlangen wallte in ihm auf, und seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, während er sich bemühte, die Kontrolle zu behalten. Sein einziger Trost war, dass es Emmy nicht anders zu gehen schien.
Abgesehen davon durfte er nicht vergessen, dass Emmy nicht im Dienste von Pacific Medical Aid hier war, sondern als Journalistin. Ihre Aufgabe bestand darin, die Lebensumstände der Tarparnii für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Obwohl er mittlerweile davon überzeugt war, das sie die besten Absichten hatte und diesen Menschen wirklich helfen wollte, war das allein Grund genug, die nötige Distanz zu wahren. Schon bald würden sie beide das Land verlassen. Darts Einsatz war fast beendet und Emmys Filmprojekt so gut wie abgeschlossen. Die Zeit, die sie hier verbrachten, hatte nichts mit ihrer eigentlichen Lebenswirklichkeit zu tun.
Und doch fiel es ihm schwer, an diesen rationalen Gedanken festzuhalten, während sie näher kam und er ihren süßen Duft einatmete. Sie roch nach langen, sinnlichen Nächten und nach leidenschaftlichen Küssen. Die Lippen leicht geöffnet, bewegte sie sich mit einer natürlichen Anmut, die seinen Blick fesselte.
„Das ist Wahnsinn“, brachte er mühsam hervor und vergrub die Hände tief in den Hosentaschen, als könnte ihn das daran hindern, Emmy zu berühren.
„Ich weiß. Aber ich kann nicht anders“, hauchte sie und trat noch ein Stück näher. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Dart wandte sich nicht ab. War das ein gutes
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