Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
gefährlich.“
Jet stand auf.
Und wenn ihm nun etwas zustieß? Wenn er in dem Wrack eingeschlossen wurde und eine besonders große Welle es von den Felsen ins Meer riss? Er würde ertrinken, und das wäre noch viel schlimmer, als alleine hier zu sitzen und darauf zu warten, dass ein Lavastrom sie verschluckte.
„Geh nicht. Bitte!“, flüsterte Becca.
Jet kauerte sich vor sie hin und legte ihr die Hände auf die Schultern. „Ich muss“, sagte er ruhig. „Wir brauchen die medizinische Ausrüstung. Es dauert nicht lang.“
Er hielt ihren Blick fest. Wahrscheinlich wollte er sie damit beruhigen, was aber nicht im Geringsten funktionierte.
„Ich bin gleich wieder da“, erklärte er entschieden. „Ich kümmere mich um dich, okay?“
Obwohl Becca nickte, biss sie sich auf die Lippen. Eigentlich sollte sich niemand um sie kümmern müssen. Sie war erwachsen. Eine hoch qualifizierte Hubschrauberpilotin. Eine Frau, die ihr Leben und ihre Zukunft unter Kontrolle hatte. Jedenfalls bis vor Kurzem.
In diesem Moment war sie nur allzu dankbar über das Versprechen.
Jet richtete sich wieder auf und schaute zu ihr hinunter. Sein Gesicht war zur Hälfte blutverschmiert, und seine Miene wirkte grimmig. Doch seine dunklen Augen blitzten. „Jetzt sind wir an Land“, meinte er. „Mein Spiel, meine Regeln.“
Damit wandte er sich ab, und innerhalb von Sekunden verschwand seine geschmeidige Gestalt zwischen den Felsen.
Becca allein und zusammengekauert auf dem winzigen Steinstrand zurückzulassen, war für Jet die Entscheidung für das kleinere von zwei Übeln.
Es musste sein, weil er seine medizinische Ausrüstung dringend benötigte, um ihr und den anderen Menschen auf der Insel zu helfen. Was nutzten ihm seine Fachkenntnisse, wenn er weder Schmerzmittel noch Infusionsflüssigkeiten oder irgendwelche anderen Dinge hatte, die in seinem Spezialrucksack verstaut waren? Außerdem gab es im Hubschrauber noch einige Geräte, die er mit eingeplant hatte. Beispielsweise ein tragbares Sauerstoffgerät, verschiedene Schienen und das Notfallpaket. Aber es hatte keinen Sinn, etwas herauszuholen, das er nicht selber tragen konnte.
Während Jet über die schroffen Felsen zurückkletterte, schmerzten von den scharfen Kanten seine Hände, obwohl sie eiskalt waren. Deshalb nahm er sich vor, nach den Lederhandschuhen Ausschau zu halten, die er nach dem Absturz ausgezogen hatte, um Becca abzutasten.
Er hatte es deutlich gespürt. Auch wenn er sich noch so sehr bemühte, konnte er das Ganze nicht einfach als Arzt-Patient-Verhältnis abtun. Seine ungeheure Erleichterung, als er festgestellt hatte, dass sie nicht ernsthaft verletzt war, zeigte bereits eine ziemlich unprofessionelle innere Beteiligung. Dass es ihm so schwergefallen war, sie mit diesem flehenden Ausdruck in ihren Augen auf dem Strand zurückzulassen, war eine zusätzliche Warnung.
Becca hatte gewollt, dass er bei ihr blieb. Sie brauchte ihn.
Jet versuchte gar nicht erst, direkt ins Cockpit einzusteigen. Befriedigt betrachtete er das Loch, durch das sie vorhin entkommen waren. Diesmal ging er vorsichtig nach hinten zum Heck. Die nächste Welle brandete ihm hoch um die Beine, und er ließ sie erst wieder abebben, ehe er sich der Heckklappe näherte. Eine zweite Welle brach sich, bevor es ihm gelang, die Klappe zu öffnen. Dabei schwankte das gesamte Gehäuse des Hubschraubers, und nur mit Mühe schaffte er es, sich am Griff festzuhalten. Er musste schnell sein, und das war gut, weil ihm auf diese Weise keine Zeit zum Nachdenken blieb.
Seinen Rucksack fand er schnell und zerrte ihn unter der Trage hervor, wo er sich verkeilt hatte. Mit Schwung warf Jet ihn durch das Loch an der Frontseite, damit er möglichst weit oben auf dem trockenen Teil der Felsen landete. Durch diese Aktion wurde das Loch noch größer, was einerseits von Vorteil war, falls Jet sich schnell in Sicherheit bringen musste. Andererseits drang jetzt natürlich auch wesentlich mehr Wasser herein. Obwohl er bereits bis zu den Knien darin stand, nahm er sich die Zeit, sich in dem dämmrigen Kabinenlicht umzuschauen.
Jet packte ein Medikamenten-Set, eine Rolle mit IV-Schläuchen und mehrere Beutel mit Kochsalzlösung. Dann zog er den Reißverschluss seines Fluganzugs herunter, um alles am Körper zu verstauen. Dann noch eine Schachtel voller Mundschutzmasken und eine Handvoll zusätzliche Bandagen. Da kippte das Wrack plötzlich zur Seite, sodass er das Gleichgewicht verlor. Kaum hatte er sich wieder
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