Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
belasten.“
„Danke, Doc. Ich werde dran denken.“
Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören, und Becca hatte vermutlich recht. Niemand wusste, wie unwegsam das Gelände auf dem vor ihnen liegenden Weg sein mochte. Es konnte gut sein, dass sie über steile Felsen klettern oder schroffe Schluchten hinuntersteigen mussten. Einen Arm dabei zu schonen, war nicht gerade das Wichtigste, wenn man sich vor weiteren Verletzungen schützen wollte.
„Ich hätte uns beiden die Helme nicht abnehmen sollen“, knurrte Jet. „Das war blöd.“
„Ich hab eine Sonnenbrille dabei.“ Becca klopfte sich auf die Brusttasche ihres Fluganzugs. „Du auch?“
„Ja, irgendwo. Glaube ich zumindest.“
„Damit können wir uns wenigstens die Asche aus den Augen halten. Meine brennen schon ein bisschen.“
„Meine auch.“ Mit den Zähnen riss Jet das Ende der Bandage auseinander und band die Streifen um Beccas Arm. „So, das dürfte etwas besser halten als bloße Klammern.“ Dann begann er, die ungebrauchten Materialien wieder in seinen Rucksack zu packen.
„Lass noch etwas Kochsalz da“, sagte Becca. „Und einen Klebeverband. Hast du Wundnahtstreifen?“
„Wofür?“ Scharf sah er sie an. War sie noch woanders verletzt?
„Weil du eine große schmutzige Platzwunde auf der Stirn hast.“
„Das kann warten.“
„Ist dir noch nicht aufgefallen, wie oft du dir das Blut abwischst, damit es dir nicht in die Augen läuft? Abgesehen von dem Infektionsrisiko, falls die Wunde nicht abgedeckt wird, wäre es sicher hilfreich, wenn du in einer schwierigen Situation freie Sicht hättest“, gab sie trocken zurück.
Jet verzog das Gesicht, musste jedoch zugeben, dass sie recht hatte. Er befeuchtete ein Stück Verbandsmull und rieb seine Stirn ab. Die Flüssigkeit brannte, wodurch er merkte, dass es sich nicht bloß um eine kleinere Schnittwunde handelte.
„Gib mir das“, befahl Becca energisch. „Du hast jetzt so dran rumgeschrubbt, dass du es wahrscheinlich nur noch schlimmer gemacht hast.“
Mit einem gereizten Knurren setzte Jet sich hin und drückte ihr den Mull in die Hand. Becca kniete sich neben ihn und betrachtete prüfend seine Stirn. Sie war ihm so nahe, dass Jet sich dazu zwingen musste, seinen Blick von ihrem Gesicht abzuwenden. Dennoch waren ihm ihre unglaublich langen, dichten Wimpern aufgefallen, und auch, dass ihre kleine Nase unter der Maske kaum zu erkennen war. Sich ihre Lippen unter dem steifen Stoff vorzustellen, fiel ihm nicht schwer. Ob sie wohl immer noch die Zungenspitze zwischen die Zähne steckte, wenn sie sich total auf etwas konzentrierte so wie als Kind?
Bei dieser Nähe konnte er sogar ihre Körperwärme spüren. Das fand er ebenso beunruhigend wie die leichten, sanften Berührungen ihrer Finger.
„Mach schon“, murrte er. „Wir müssen los. Auf jeden Fall sollten wir in höher gelegenes Gebiet gehen, damit wir hier nicht für einen Schlammstrom auf dem Präsentierteller sitzen.“
„Na gut.“ Mit einem frischen Mullverband trocknete Becca seine Stirnwunde. „Ich schätze, das sollte eigentlich auch lieber genäht werden. Aber Wundnahtstreifen müssen genügen, bis du zu einem Fachmann kommst. Deine Tetanusimpfung ist noch aktuell?“
„Ja, und deine?“
„Ich glaube schon.“ Sie versuchte, das vakuumversiegelte Päckchen mit den Klebestreifen zu öffnen. Weil ihre Finger zitterten, schaffte sie es jedoch nicht.
„Lass mich.“ Jet umfasste ihre Hände, um das Päckchen zu nehmen, ohne es fallen zu lassen. Dabei spürte er plötzlich eine erstaunliche Hitze. Der flüchtige Kontakt schien seine Haut förmlich zu versengen, und ihm stockte unwillkürlich der Atem.
Ihm fiel wieder der Kuss hinter der Kühlschranktür ein. Natürlich hatte es damals nur an einer Mischung aus jugendlicher Erregung und Alkohol gelegen. Becca hatte sicher auch gewusst, wie Matt reagiert hätte. Es wäre unmöglich gewesen. Schließlich war sie ja kaum alt genug, als dass Jet für sie etwas anderes als eine Art Großer-Bruder-Ersatz hätte sein können.
Trotzdem hatte er oft daran gedacht. Wie richtig es sich angefühlt hatte.
Aber in den letzten Wochen seines Lebens hatte Matt nicht im Entferntesten geahnt, in welche Richtung Jets Gedanken sich in Bezug auf seine kleine Schwester verirrten. Doch dieser vage Traum war mit seinem besten Freund begraben worden, und seitdem hatte Jet nie mehr daran gedacht.
Bis jetzt.
Er räusperte sich. „Du trägst keine Handschuhe. Ts ts ts“, meinte
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