Julia Ärzte zum Verlieben Band 50
Ergebnisse abwarten. Bis dahin hatte sie genug Zeit, sich zu überlegen, was sie tun sollte.
Bleich und reglos lag ein dreizehnjähriger Junge auf einem Bett der Intensivstation. Neben ihm Monitore, IV-Schläuche und seine verzweifelten Eltern.
Die Mutter weinte, und der Vater legte tröstend den Arm um sie. „Er lebt doch noch.“ Seine Stimme klang rau. „Er wird wieder gesund, du wirst sehen. Der Doktor weiß, was er tut. Es wird bestimmt alles gut.“
Er schaute auf seinen Sohn, aber nur kurz. Dieser Anblick war erschreckend. Der mit Bandagen umwickelte Kopf, die Augen so geschwollen, dass nicht mal die Wimpern zu sehen waren. Dann noch die zahlreichen Prellungen und die gesprungene Lippe. Selbst für seine engsten Angehörigen war er kaum wiederzuerkennen.
Solche Fälle fand Rick immer besonders schwierig. Eine ganze Familie, die durch einen schrecklichen Unfall auseinandergerissen wurde. Simon war auf dem Nachhauseweg von der Schule gewesen, als ein Lieferwagen mit überhöhter Geschwindigkeit ihn auf dem Fahrrad angefahren hatte. Am Bein hatte der Junge einen komplizierten Splitterbruch davongetragen, der zunächst mit einem Gipsverband und Kissen ruhiggestellt wurde, bis der Junge stabil genug für eine Operation war.
Im Augenblick stellte seine Kopfverletzung das weitaus größere Problem dar. Simon hing am Beatmungsgerät, und bei dem Eingriff, den Rick gerade vorgenommen hatte, gab es keine Garantien. Weder dafür, dass der Junge überleben würde, noch für einen glücklichen Ausgang.
Simons Eltern standen unter Schock. Sie hatten große Angst um ihren Sohn, wollten aber unbedingt bei ihm sein. So etwas musste der schlimmste Albtraum für alle Eltern sein, und Rick hatte es schon viel zu oft miterlebt.
Ob es daran lag, dass er niemals ernsthaft an eine eigene Familie gedacht hatte? Er war nicht vollkommen dagegen wie Jet, aber genauso wenig konnte er sich vorstellen, sich so bereitwillig darauf einzulassen wie Max.
Es war spät, als Rick die Intensivstation verließ. Dennoch blieb er noch eine Weile, um nach seinen Patienten zu schauen. Er zögerte, sich auf den Heimweg zu machen, denn das bedeutete, dass er in sein Dienstzimmer gehen musste, um seinen Schlüssel zu holen.
Erst vor ein paar Tagen hatte er die Gesellschaft seiner Freunde abgelehnt, weil er allein sein wollte, um seinen Kopf klarzukriegen. Und jetzt war keiner von ihnen zu erreichen.
Rick hatte Max versichert, dass alles in Ordnung war und er auf gar keinen Fall seine einwöchige Hochzeitsreise nach Rarotonga verschieben sollte. Allerdings hatte Rick da noch nicht gewusst, dass Jet wieder einen Ruf zu seiner medizinischen Eliteeinheit bei der Armee bekommen würde. Ein dreimonatiger Einsatz in Gebieten, wo diese hoch spezialisierte Einheit gebraucht wurde. Gestern war er abgereist. Seine persönlichen Habseligkeiten hatte er in einem Rucksack verstaut, das Motorrad in Ricks Garage untergestellt, ein zufriedenes Leuchten in den Augen bei der Aussicht auf bevorstehende Abenteuer.
Rick hatte also niemanden zum Reden.
Über seinen harten Tag bei der Arbeit.
Oder über den Umschlag, der heute Nachmittag in seinem Postfach gelandet war, kurz bevor man ihn wegen Simon in die Notaufnahme gerufen hatte.
In diesem Umschlag waren die Ergebnisse des DNA-Tests. Das Stück Papier da drin könnte die Fahrkarte in die Freiheit sein, aber vielleicht auch ein Urteil auf lebenslänglich bedeuten.
Möglicherweise konnte Rick es sich nicht aussuchen, ob er Vater werden wollte oder nicht. Vielleicht würde es ihn ganz unvermittelt treffen.
Und vermutlich brauchte er seine Freunde auch gar nicht zum Reden. Er konnte Jets Stimme förmlich hören.
Es gibt nur eine Möglichkeit, das rauszufinden, Mann. Also, nun mach schon.
Mit einem grimmigen Lächeln legte Rick die Patientenakte, die er gerade in der Hand hielt, wieder auf den Rollwagen zurück und ging in sein Büro.
Wenig später blickte er verärgert auf seine Hände. Er war schließlich Neurochirurg und operierte tagtäglich Patienten am Gehirn und an der Wirbelsäule. Schwierige Eingriffe, die höchste Präzision erforderten, und noch nie hatten seine Hände ihn im Stich gelassen.
Doch jetzt, als er den Umschlag aufriss, zitterten sie.
3. KAPITEL
„Willst du erst die gute oder die schlechte Nachricht?“
Josh verdrehte die Augen und seufzte übertrieben. „Na gut, dann erst die schlechte.“
„Du hast nächste Woche noch ein paar Behandlungen“, antwortete Sarah.
„Wieder eine
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