Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
frisch gebadet und gewickelt und bekam ihre Abendmahlzeit. Und ausnahmsweise war einmal alles gut gegangen. Emma lag in Zoes Armbeuge, trank brav ihre Milch und sah ihre Mutter dabei aufmerksam an.
Die schrecklichen Erinnerungen an den Vormittag in der Klinik verblassten langsam.
Doch bei dem Geräusch an der Tür fuhr Zoe unwillkürlich zusammen. Um diese Zeit besuchte sie nie jemand.
James? war ihr erster Gedanke, aber sie wollte ihn nicht sehen. Nicht dass sie im Zorn auseinandergegangen wären, nein, sie waren beide erleichtert gewesen, als es vorbei war. Großzügig hatte James ihr sogar seine Hälfte des Hauses geschenkt, das sie zusammen gekauft hatten.
„Betrachte es als Unterhalt für das Kind“, hatte er gesagt.
Diese Geste rechnete sie ihm hoch an, zumal sie nicht mittellos war. Zoe hatte von ihrer Großmutter ein Stück Land geerbt, das inzwischen ein Vermögen wert sein musste. Allerdings hatte sie sich noch nicht weiter damit befasst. Sie kam nicht dazu, bei allem, was zurzeit auf sie einstürmte.
Wenn es nicht James war, könnte es ihr Vater oder ihre Mutter sein. Was auch nicht gerade verlockend war. Sie hatte ihnen endlich geschrieben, dass sie Großeltern geworden waren, aber sie hätte mit einem Brief und nicht mit einem persönlichen Besuch gerechnet. Wie auch immer, die Tatsache, dass sie unverheiratet mit einem Baby dasaß, passte doch genau in das Bild, das sie von ihr hatten – nämlich, dass sie ihnen seit ihrer Geburt nur Kummer gemacht hatte. Abgesehen davon, wie viele Jahre war es her, dass ihre Mutter von zu Hause ausgezogen war?
Zoe wusste es nicht. Sie hatte keinen Kontakt mehr zu ihnen gehabt, seit sie vor zehn Jahren nach Sydney gekommen war, um sich zur Sanitäterin ausbilden zu lassen.
Emma hatte aufgehört, zu saugen. Jetzt riss sie den Kopf weg, der Sauger flutschte aus ihrem Mund, und ein Spritzer warmer Milch traf Zoe. Da klopfte es zum zweiten Mal, diesmal lauter und eindringlicher. Emma verzog den Mund, gleich würde sie anfangen zu weinen.
Frustriert stand Zoe auf. Bevor sie die Tür erreicht hätte, würde Emma aus Leibeskräften brüllen. Fehlte nur noch, dass ihr irgendein Vertreter ein Lexikon oder sonst was verkaufen wollte.
Es war nicht James. Es war auch nicht ihr Vater und – dem Himmel sei Dank – nicht ihre Mutter.
Sprachlos starrte Zoe Teo Tuala an. Er hielt etwas in der Hand, das er ihr jetzt entgegenstreckte.
„Die Reinemachefrau hat Ihr Portemonnaie gefunden“, erklärte er. „Gut, dass Ihre Adresse drinsteckt.“
„Du meine Güte … ich dachte, ich hätte es im Wagen gelassen. Ich wollte es holen, wenn Emma eingeschlafen ist.“
Was in absehbarer Zeit nicht der Fall sein würde. Emma rieb das Gesicht an Zoes Schulter, und ihr ungnädiges Weinen wurde lauter.
„Ich war gerade dabei, sie zu füttern“, rechtfertigte sich Zoe, ohne nachzudenken. „Vor einer Minute war sie noch sehr zufrieden.“
„Und ich habe sie mit meinem Klopfen gestört. Das tut mir leid.“
Teo hatte wirklich ein atemberaubendes Lächeln, unwiderstehlich und auf charmante Art auch ein bisschen zerknirscht.
„Ich … mache dann mal weiter.“ Zoe zögerte. Sie hatte Emma auf dem Arm und die Milchflasche noch in der Hand. „Können Sie das Portemonnaie auf den Flurtisch legen?“
„Selbstverständlich.“ Teo folgte ihr, schloss die Tür und sah sich um. „Es ist schön hier“, sagte er. „Ich mag diese gemütlichen alten Cottages. Ich wohne zwar in einem hochmodernen Apartmentkomplex, aber auch nur, weil ich von dort schnell im Krankenhaus bin. Auf Samoa habe ich ein Haus am Strand.“
„Oh …“ Augenblicklich tauchte ein tropisches Inselparadies vor ihrem inneren Auge auf. „Fliegen Sie öfter hin?“
„Alle zwei Monate bin ich für eine Woche dort. Wann immer ich kann, helfe ich im dortigen Krankenhaus.“ Er lächelte ironisch. „Früher habe ich dabei alle Verwandten gesehen, aber inzwischen leben viele von ihnen hier, und die anderen besuchen mich oft. Morgen kommt meine Lieblingscousine mit ihren Kindern.“
Seine Stimme passt zu ihm, dachte Zoe. Tief, volltönend und warm wirkte sie genauso entspannt wie er. Auch Emma schien sie zu mögen. Sie greinte zwar immer noch, aber sie war nicht mehr so aufgebracht wie gerade eben noch. Plötzlich hatte Zoe es gar nicht mehr eilig, Teo loszuwerden.
„Möchten Sie vielleicht einen Kaffee? Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie extra hergefahren sind, um mir das Portemonnaie zu
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