Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
hatte geglaubt, er würde noch schlafen.
„Morgen“, brummte er. „Ihre Tasche.“ Er streckte seine Hand aus, und sie reichte ihm ihre Reisetasche. Er schien ja nicht gerade allerbester Laune zu sein!
Melissa schaute sich um. „Wo ist Dex?“
„Schläft vermutlich noch.“ Joss verstaute ihre Tasche unter der Plane. Entgeistert sah Melissa zu, wie er die Fahrertür öffnete und sich ans Steuer setzte.
Sie riss die Beifahrertür auf. „Was machen Sie da?“
„Ich bin dabei, loszufahren.“
„Ja, aber … wo ist Dex? Warum schläft er noch?“ In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. „Ich dachte, ich würde die Hausbesuche mit Dex machen.“
„Es ist eben etwas dazwischengekommen.“
„Dann fährt er also nicht mit?“ Melissa fühlte sich zutiefst verletzt und zurückgestoßen.
Wollte Dex ihr damit zeigen, dass er nichts mit ihr zu tun haben wollte?
„Nein. Wenn Sie endlich einsteigen würden, könnten wir losfahren und diesen Tag hinter uns bringen. Je schneller, desto besser.“ Die letzten Worte hatte er zu sich selbst gemurmelt, doch Melissa besaß gute Ohren.
Tapfer schluckte sie die aufsteigenden Tränen hinunter. Keiner ihrer beiden Kollegen schien sich um ihre Gesellschaft zu reißen. Ärger stieg in ihr auf. „Sie scheinen ebenfalls keine Lust zu haben, die Hausbesuche mit mir zu machen! Gut, dann mache ich sie nächste Woche eben allein. Schreiben Sie mir eine Liste, was zu tun ist. Ehrlich, ich habe so viel über die Gastfreundschaft im Outback gehört und darüber, wie herzlich man mich willkommen heißen würde. Doch bei Ihnen und Dex fühle ich mich so willkommen wie … wie ein zerquetschtes Insekt auf der Windschutzscheibe!“ Damit warf sie die Beifahrertür zu und ging davon.
Joss schloss einen Moment lang die Augen, dann hieb er mit der Faust aufs Lenkrad, bevor er aus dem Pick-up stieg und ihr nachging. Er war nur deshalb so unfreundlich zu ihr gewesen, weil er sich gegen seinen Willen so zu ihr hingezogen fühlte. Er hätte sich besser unter Kontrolle haben müssen. Nun hatte er sie verletzt, was überhaupt nicht seine Absicht gewesen war.
„Lis.“ Er bekam ihren Arm zu fassen, doch sie schüttelte seine Hand ab.
„Ich verstehe Sie einfach nicht! Einmal sind Sie freundlich und nett, dann wieder abweisend und verschlossen wie eine Auster.“ Zornig blitzte Melissa ihn an. „Es tut weh, dass Dex keine Hausbesuche mit mir machen will, doch damit kann ich leben. Aber Sie gehören zu meinem Job, und ich hätte ein bisschen mehr Kollegialität von Ihrer Seite erwartet.“
Joss nickte schuldbewusst. „Sie haben ja recht. Bitte entschuldigen Sie mein Benehmen.“ Er schob die Hände in die Taschen seiner Kakishorts. „Dex muss in der Klinik bleiben und sich um eine Familie kümmern, die heute kurzfristig ankommt. Zwei der Kinder leiden an zystischer Fibrose, und Dex ist der Experte auf diesem Gebiet.“
„Oh.“ Dann hatte es also gar nichts mit ihr zu tun, dass er nicht gekommen war. Nun war es Melissa, der ihre Worte leidtaten. Ihr Ärger verflüchtigte sich wieder, auch wenn es besser gewesen wäre, weiterhin ärgerlich auf Joss zu sein. Dann würde es ihr nicht so schwerfallen, sich gegen seine Anziehungskraft zu wehren.
Er deutete zu dem Fahrzeug. „Wollen wir?“ Sein Tonfall war dienstlich, ebenso seine Miene. „Wir haben einen langen Tag vor uns.“
Kurz darauf saßen sie im Pick-up und schnallten sich an. „Wohin müssen wir zuerst?“, fragte Melissa.
Joss fuhr auf die Hauptstraße hinaus. „Zur Mine. Bestimmt haben Sie die Führungskräfte schon einmal im Ort gesehen, aber nun können Sie sie an ihrem Arbeitsplatz kennenlernen und gleichzeitig einen kleinen Eindruck von dem Bergwerk bekommen.“
„Das klingt interessant.“ Bald hatten sie den Ort hinter sich gelassen und fuhren durch ödes Land. Nur wenige grüne Sträucher wuchsen in dem gelbroten Sand.
Nach einer Weile bog Joss in eine andere, endlos scheinende Straße ab. Sie folgten der Beschilderung und gelangten dann ans Sicherheitstor der Mine. Nachdem sie sich ausgewiesen hatten, parkte Joss den Pick-up neben einigen anderen Autos. Er kam zur anderen Seite herum, um Melissa beim Aussteigen behilflich zu sein, doch sie war ihm schon zuvorgekommen.
„Ist etwas?“, fragte sie, verwundert darüber, dass er plötzlich an der Beifahrerseite stand.
„Hm … nein.“ Joss war leicht verlegen. „Ich wollte Ihnen nur die Tür öffnen.“
Überrascht hob sie die Augenbrauen.
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