Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
Dann wies er auf die zierliche brünette Frau, die neben ihm saß. „Das ist Odette aus Sydney. Sie ist schwanger und für eine Woche oder länger in der Gegend. Sie sucht nach einer Hebamme für den Fall, dass es Probleme gibt.“
Sophie begrüßte die junge Frau und schüttelte deren perfekt manikürte Hand.
„Schön, Sie kennenzulernen, Odette. Willkommen in Jabiru. Warten Sie schon lange auf mich?“
„Ich bin vor ungefähr einer Stunde gelandet.“ Ihre korallenrot geschminkten Lippen öffneten sich leicht, als sie lächelte. Sie hatte ein sehr hübsches Gesicht und war geschickt geschminkt. „Ich schätze, ich hätte vorher anrufen sollen, aber ich dachte, die Krankenstation wäre immer besetzt.“
Sophie blickte zu dem alten Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das seit einiger Zeit als Behelfsklinik genutzt wurde. „Ich war in einer Aborigine-Siedlung. Heute ist ‚Frauengesundheitstag‘. Da die Wege hier sehr weit sind, bin ich oft stundenlang unterwegs.“
„Das hat Smiley mir schon erklärt.“ Schüchtern sah sie Sophies Bruder an, der sie ein wenig unbeholfen anlächelte. Normalerweise war er sehr zurückhaltend – und lächelte so selten –, dass seine Freunde ihm zum Scherz den Spitznamen ‚Smiley‘ verpasst hatten.
Sophie bemühte sich, ihr Erstaunen zu verbergen. So hatte sie ihren Bruder noch nie gesehen. Oder jemals erlebt, dass er jemandem freiwillig irgendetwas erklärte. Nur selten gelang es ihr, ihm mehr als ein Dutzend Wörter pro Tag zu entlocken.
„Odette ist selbst mit einem Hubschrauber hergeflogen“, berichtete er.
Beeindruckend. „Sie sind also Pilotin? Wow!“ Und ganz schön schwanger, doch diese Bemerkung verkniff Sophie sich lieber.
Odette zuckte lächelnd die Schultern. „Ich fliege nur zum Spaß. Und Sie sind Hebamme. Wow!“
Sophie musste lachen. „Das mache ich auch aus Spaß. Kate, die zweite Hebamme hier, hat ebenfalls einen Flugschein und ein kleines Flugzeug für Notfälle.“ Sie musterte Odette interessiert. Die junge Frau machte einen netten Eindruck. „Sie bekommen also ein Baby und möchten eine Vorsorgeuntersuchung? Dann gehen wir am besten in die Klinik hinüber. Haben Sie irgendwelche Beschwerden?“
Odette drehte sich zu Sophies Bruder um. „Danke, Smiley. Bis bald dann.“
Er nickte und winkte ihr zum Abschied freundlich zu. Als die beiden Frauen die Straße überquerten, blickte Odette noch einmal rasch über die Schulter zurück. „Ihr Bruder ist ein sehr gut aussehender Mann.“
Diese Bemerkung brachte Sophie leicht aus dem Konzept. Über das Aussehen ihres Bruders hatte sie noch nie nachgedacht. Er war doch einfach nur … Smiley. „Meistens versteckt er sein Gesicht unter der Krempe eines Cowboyhuts. In meiner Erinnerung hat er noch immer aufgeschürfte Knie und Sommersprossen.“
„Sommersprossen sind mir vorhin gar nicht aufgefallen.“ Odettes Stimme klang so verträumt, dass Sophie das Gesicht verzog. Reiche Frauen aus der Stadt passten nicht zu Smiley.
„Sind Sie mit dem Hubschrauber Ihres Mannes hergeflogen?“ Nicht gerade sehr diskret.
„Ich bin nicht verheiratet.“ Odette begegnete Sophies Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. „Der Vater meines Babys ist tot.“
Warum musste sie nur immer wieder ins Fettnäpfchen treten? „Entschuldigen Sie meine Neugier.“
„Schon okay. Ich schätze Offenheit. Außerdem war er nicht gerade ein netter Zeitgenosse. Der Hubschrauber gehört zu der Ferienanlage, in der ich mich einquartiert habe.“
„Das muss Xanadu sein.“ Es war eine Feststellung, keine Frage. Xanadu. Nun eine luxuriöse, supermoderne Adresse für reiche Leute, etwa hundert Kilometer von Jabiru entfernt. Die Fünfsterneanlage bot Erholung auf höchstem Niveau mit einem Spitzenkoch, einem beeindruckenden Weinkeller und geführten Touren durch die vermeintliche Wildnis, die in Wirklichkeit ein perfekt organisierter Wildpark war. Seitdem ihr Großvater den Besitz verloren hatte, hatte sich dort einiges geändert.
„Ich wusste gar nicht, dass sie dort Hubschrauber an ihre Gäste verleihen.“
Gleichmütig zuckte Odette mit den Schultern. „Ich habe einfach den Manager gefragt. Wenn Sie möchten, mache ich nachher mit Ihnen und Smiley einen kleinen Rundflug!“
„Danke. Vielleicht ein anderes Mal. Wollen Sie während Ihrer Schwangerschaft nicht lieber darauf verzichten, selbst zu fliegen?“
„Sie hören sich an wie mein Bruder!“
Wieso musste sie plötzlich an den Fremden vom
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