Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
Geschwistern hätte sicher geholfen, ihre Nerven zu beruhigen. Denn zu ihrem Erstaunen wurde Sophie immer nervöser, je näher das Wiedersehen mit diesem schweigsamen Fremden rückte. Wie lächerlich.
Da Smiley sich wieder in Schweigen hüllte, blickte sie aus dem Wagenfenster. Rechts von ihnen waren in einiger Entfernung die schroffen Steilhänge der Cockburn-Gebirgskette zu sehen, während sich links eine weite Ebene erstreckte, die mit Eukalyptusbäumen und wild wucherndem Gestrüpp bedeckt war. Sophie lächelte versonnen. Wie sehr hatte sie diese raue und doch atemberaubend schöne Landschaft vermisst, während sie in Perth gewesen war.
„Warum magst du Odette eigentlich nicht?“, unterbrach Smiley schließlich das Schweigen. Der Ton seiner Stimme warnte Sophie, jetzt keine flapsige Antwort zu geben.
„Wie kommst du darauf, dass ich sie nicht mag? Sie ist reizend.“ Vorsichtig fügte sie hinzu: „Ich möchte nur nicht, dass du verletzt wirst. Oder dass du enttäuscht und traurig bist, wenn sie wieder nach Sydney verschwindet.“
Verbissen starrte Smiley auf die Straße. Es kam nicht oft vor, dass er seine Gefühle so deutlich zeigte.
„Tut mir leid, Smiley. Es geht mich nichts an. Odette ist eine außergewöhnliche Frau, aber ich kann sie mir einfach nicht an der Seite eines Cowboys vorstellen. Genauso wenig, wie ich mir vorstellen kann, dass du in einer Großstadt wie Sydney leben könntest. Aber wie gesagt – es ist deine Sache.“
„Danke“, erwiderte er trocken.
Oje. Sie war ihm anscheinend wirklich zu nahe getreten. Das kam sehr selten vor. Seit dem Tod ihrer Eltern hatte sie Smiley unter ihre Fittiche genommen, und normalerweise reagierte er auf ihre Kommentare stets mit stoischer Gleichgültigkeit.
Bei Odette schien alles anders zu sein. Am besten hielt sie sich von jetzt an zurück und vertraute darauf, dass Smiley schon die richtigen Entscheidungen treffen würde.
Hätte sie Smiley bloß allein zu diesem leidigen Abendessen geschickt! Sophie ahnte, dass ihre Vorbehalte gegen die auffällige Sympathie zwischen Odette und Smiley eine Menge mit ihrem Unbehagen gegenüber Odettes geheimnisvollem Bruder zu tun hatten.
Smiley bog von der staubigen Hauptstraße auf einen schmaleren Weg ab, der sie noch einige Kilometer durch verwildertes Buschland führte, bis sie schließlich die Siedlungsgrenze erreicht hatten. „Betreten verboten“, warnte ein riesiges Schild am Tor.
„Sehr einladend“, murmelte Sophie missmutig.
Smiley warf ihr einen fragenden Blick zu. „Du hast ihren Bruder schon kennengelernt, nicht wahr?“
„Flüchtig.“ Wenn sie wollte, konnte sie genauso wortkarg sein wie er. Smiley schien zu spüren, dass sie nicht über dieses Thema sprechen wollte. Von Weitem waren nun die Gebäude zu sehen.
Xanadu bestand aus mehreren lang gestreckten Gebäuden. Obwohl Sophie als Kind oft hier gewesen sein musste, konnte sie sich nur noch vage an alles erinnern. Inzwischen waren viele der Gebäude angeblich zu luxuriösen Suiten umgebaut worden, von deren Terrassen man einen wundervollen Blick über den Fluss hatte.
Das Hauptgebäude wurde gerade sehr malerisch von der Abendsonne in glutrotes Licht getaucht. Ein wundervoller Ort, um auszuspannen – natürlich nur, sofern man eine goldene Kreditkarte besaß. Doch was um alles in der Welt hatte eine hochschwangere Frau in diese Einöde geführt?
Nachdem Smiley auf dem Gästeparkplatz gehalten hatte, sah Sophie sich interessiert um. Das gesamte Gelände wirkte wie ausgestorben. Kein Wunder. Es war schließlich erst Anfang April, die Touristensaison war noch nicht eröffnet.
Odette erschien auf der Veranda des Haupthauses und kam sofort auf sie zugeeilt. Sie trug einen Seidenkaftan, der bestimmt ein Vermögen gekostet hatte, und bewegte sich trotz ihrer Leibesfülle erstaunlich graziös. Sophie bemerkte das selige Lächeln auf dem Gesicht ihres Bruders.
Sie seufzte und wollte gerade die Beifahrertür öffnen, als diese von außen aufgemacht wurde.
„Willkommen auf Xanadu.“ Levi streckte ihr seine Hand entgegen. Sophie fragte sich, ob er sie begrüßen oder ihr aus dem Wagen helfen wollte. Wo war er so schnell hergekommen? Sie hätte sich vor dem Treffen mit ihm gern noch rasch gesammelt, anstatt ihm so unvermittelt gegenüberzustehen.
Mühsam unterdrückte sie den Impuls, ihre Hand wegzuziehen. Seine Finger fühlten sich erstaunlich stark und kühl an. Doch am meisten verwirrte sie das Gefühl von Verbundenheit und Wärme,
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