Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
ein fähiges Team. Und er war ein sehr guter Chirurg.
„Werde ich nicht“, antwortete er. „Ganz bestimmt nicht.“
Evie warf ihm einen scharfen Blick zu. Finn stand dicht über den Patienten gebeugt, und seine letzten Worte hatten rau, voller Emotionen geklungen.
Ist er verrückt geworden? Wie kann er ein solches Versprechen geben? Damiens Verletzungen waren mehr als lebensbedrohlich. Niemand konnte versprechen, dass er durchkam, auch Finn mit seinen legendären Fähigkeiten nicht!
„Blutdruck neunzig systolisch“, sagte sie.
Finn sah sie an, und sie hielt unwillkürlich den Atem an, als sie den gequälten Ausdruck in seinen Augen las. Schmerz, Mitgefühl, Trauer … sie konnte ihn nicht recht deuten. Da war er auch schon wieder verflogen, und Finn richtete sich auf.
„Bringen wir ihn in den OP“, befahl er.
Zwei Stunden später kämpften sie noch immer darum, die Löcher in Damiens Herz zu flicken. Evies Schultern schmerzten, und sie hatte einen völlig verspannten Nacken. Und obwohl sie ihn mit Spenderblut vollpumpten, verlor er nach wie vor zu viel Blut.
Niemand war überrascht, als es zum Herzstillstand kam.
Doch Finn gab nicht auf. Er hielt das Herz des jungen Soldaten in seinen blutüberströmten Händen, drückte es, um es wieder zum Schlagen zu bringen.
Ich habe es versprochen.
So viel Tod. So viele junge Männer wie Damien.
Wie Isaac.
Verdammt! Ich habe es versprochen!
Aber selbst er musste irgendwann einsehen, dass alle Mühe vergebens war. Finn wagte kaum zu atmen, als er sanft das schlaffe Herz losließ und vom Tisch zurücktrat. Er streifte sich die Handschuhe ab und blickte zur Uhr.
„Todeszeitpunkt: fünfzehn Uhr einunddreißig.“
Niemand sagte ein Wort, als Finn den OP-Saal verließ. Aber Evie blickte ihm voller Mitgefühl hinterher.
Nach einer Stunde hatte Evie fast alle Formalitäten erledigt. Sie war völlig erschöpft und wollte nur noch nach Hause.
Allerdings brauchte sie von Finn noch einige Unterschriften. Sie hatte schon versucht, ihn über den Pager zu erreichen, doch er antwortete nicht.
Evie machte sich Sorgen um ihn …
Mit bebenden Fingern öffnete sie die Tür zum Umkleideraum. Sie musste endlich raus aus der OP-Kleidung. Sie erinnerte sie zu sehr an die Tragödie, die sie miterlebt hatte. An Finns Hände, die sich immer wieder um das sterbende Herz schlossen. Vergeblich.
Sie zuckte zusammen, als sie Finn entdeckte. Er saß auf dem Fußboden, an die Spinde gelehnt, und starrte an die Wand. Seine Arme ruhten auf den angewinkelten Knien, die Chirurgenkappe baumelte zwischen seinen Fingern.
Evie schluckte. „Ich habe dich ein paar Mal angepiepst.“
Er wandte den Blick nicht von der Wand. „Ich habe es ignoriert.“
Die schroffe Antwort irritierte sie. Warum? fragte sie sich dann. Hast du dir eingebildet, es würde etwas ändern? Dass er anders ist, nachdem wir zusammen um ein Leben gekämpft und versagt haben?
Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ging sie zu der Stelle, auf die er starrte, lehnte sich gegen die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust. Jetzt muss er mich ansehen. „Du musst die Papiere für den Gerichtsmediziner unterschreiben.“
Finn blickte ihr ins Gesicht. „Okay.“
Lange sahen sie einander an. Die OP-Kleidung betonte Finns durchdringende blaue Augen. Seine Körpersprache signalisierte nur eins: Lass mich in Ruhe.
Andererseits war das nichts Neues, oder?
„Damien wurde in die Pathologie gebracht, und …“
Er erhob sich, hätte fast aufgestöhnt, als ihm ein stechender Schmerz durch den rechten Arm schoss. „Wir reden nicht über Damien“, sagte er unwirsch und drehte sich zu seinem Spind um.
Evie betrachtete seine breiten, abweisenden Schultern.
Aber ich will über ihn reden. Ich hatte meine Hände auch in seiner Brust, habe auch gespürt, wie sein Herz schlug. Ich muss darüber reden.
Sie stieß sich von der Wand ab und ging auf Finn zu. Ihr war klar, dass sie eine Grenze überschritt, konnte jedoch nicht anders.
„Finn?“
Immer noch wandte er ihr ostentativ den Rücken zu. Evie atmete langsam aus, wartete und trat noch einen Schritt näher. „Vielleicht hilft es, … darüber zu reden?“, flüsterte sie.
Starrsinniges Schweigen.
Frustriert, dass ein Mensch so ablehnend sein konnte, hob sie zögernd die Hand und legte sie, ganz leicht nur, auf seine linke Schulter. Er zuckte zusammen, aber Evie nahm die Hand nicht weg. Sie spürte seine Anspannung und kam noch näher, bis ihre Körper sich fast
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