Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
ist.“
„Wirklich? Kann ich?“ Caroline klang erleichtert. „Danke! Ich weiß gar nicht, warum du das alles mitmachst – du bist uns gar nichts schuldig, aber du willst uns immer helfen.“
Doch Julie wusste, dass sie in Caroline langsam die jüngere Schwester sah, die sie nie gehabt hatte. Sie erkannte die Einsamkeit, die das Mädchen spürte – es war das Gefühl, welches sie selber viele Jahre lang gequält hatte.
Sie lächelte Caroline an. „Hey, ich mag dich. Ich glaube, wir haben einiges gemeinsam.“
Als sie aus dem Auto stiegen, sah die junge Frau sie prüfend an. „Es hat also nichts mit Onkel Pierre zu tun?“
Julie musste schlucken. Hatte Pierres Nichte erraten, was in ihr vorging?
Aber noch ehe sie sich eine Antwort zurechtlegen konnte, fuhr Caroline fort: „Es tut mir leid. Ich weiß, dass du nicht so eine bist.“
Sie setzten sich an den Küchentisch, und Julie goss einen Tee auf.
„Ich glaube auch nicht, dass er dein Typ ist“, fügte Caroline etwas altklug hinzu.
Julie wollte sich mit Caroline nicht wirklich über Pierre unterhalten, aber das wollte sie nicht so stehen lassen.
„ Ich bin nicht sein Typ, meinst du vielleicht.“ Sie versuchte zu lachen, aber es klang hohl.
„Nein“, gab ihr Caroline recht. „Papa hat immer gesagt, dass Pierre auf große, schöne und hirnlose Frauen steht. Und du bist …“ Sie hielt sich die Hand vor den Mund.
„Nicht groß, nicht schön und …“
„Nicht hirnlos“, beendete Caroline den Satz für sie. Die beiden Frauen lachten.
„Aber im Ernst, ich glaube, er mag dich“, wurde Caroline wieder ernst.
Julie spürte, wie ihre Wangen warm wurden. „Ich hoffe es sehr, dass er mich mag“, sagte sie mit absichtlichem Missverständnis. „Er ist mein Chef. Ich muss mich mit ihm gut stellen.“
„Nein, es ist mehr als das. Wie er dich manchmal anschaut. Und dann lächelt er so.“
Kann es wirklich sein? fragte Julie sich mit klopfendem Herzen. Hat Caroline recht? Fühlt er etwas für mich? Bin ich mehr als nur eine Kollegin und Freundin für seine Nichte?
Sie stand auf, als Caroline gähnte. „Also los“, sagte sie und räumte die Tassen zusammen. „Ich glaube, es ist Bettzeit.“
Aber nachdem die junge Frau in ihrem Zimmer verschwunden war, fühlte Julie sich noch viel zu wach. Sie schlüpfte in ihren Mantel und ging auf die Veranda, die das ganze Haus umgab.
Sie sah in die stille Nacht hinaus. Ihre Gedanken gingen wieder zu Pierre zurück. Seine Umarmung, ihre Körper fest aneinandergepresst … Sie hatte nach der Trennung von Luke zwar einige Verabredungen gehabt, aber keiner hatte in ihr solche Gefühle geweckt. Nicht annähernd.
Ihr Blick schweifte über die Weinberge. Der Vollmond tauchte alles in seinen silbrigen Glanz. Alles war total friedlich.
Dies war ein schöner Ort. Julie erinnerte sich an den Augenblick am Vormittag, kurz bevor sie unterbrochen worden waren. Mit atemberaubender Klarheit wurde ihr bewusst, dass sie Pierre liebte. Von ganzem Herzen, hoffnungslos und für immer.
Aber was fühlte er für sie? War es möglich, dass er ihre Gefühle erwiderte? Oder bin ich drauf und dran, mir mein Herz brechen zu lassen?
8. KAPITEL
Die Ankunft eines Autos riss Julie aus ihren Gedanken. Sie sah, wie Pierre ein paar Worte mit dem Fahrer wechselte und aus dem Wagen stieg. Als er sie auf der Veranda erblickte, nahm sie den erstaunten Blick in seinen Augen wahr.
„Du bist also noch wach?“, fragte er.
Er setzte sich auf eine Bank und streckte seine langen Beine aus. Er hatte jetzt wieder seine Jeans und das T-Shirt an.
Julie sah in seinen Zügen die Erschöpfung des langen Tages. Wieder spürte sie, wie ihr ganzer Körper auf ihn reagierte. Wie gerne hätte sie ihn umarmt und die Sorgenfalten fortgeküsst. Aber etwas in seinem Verhalten hielt sie davon ab.
„Ich konnte nicht schlafen. Caroline ist aber schon oben. Wie geht es Alain?“
„Ganz gut. Morgen früh wissen wir mehr. Michelle besteht darauf, die Nacht bei ihm zu verbringen. Sie will an seiner Seite sein, wenn er aufwacht.“ Sein französischer Akzent war viel stärker als sonst.
„Aber ich bin froh, dass du noch wach bist“, fuhr er fort. „Ich muss dir etwas sagen.“
Der emotionslose Ton in seiner Stimme bedeutete nichts Gutes. Sie blickte in die Nacht hinaus. Was immer er ihr sagen wollte – sie hatte das Gefühl, es lieber nicht hören zu wollen.
„Julie, schau mich bitte an“, bat er sie leise.
Zögerlich wandte sie sich zu ihm um.
Weitere Kostenlose Bücher