Julia Ärzte zum Verlieben Band 54
beiden Frauen liefen zurück zum Haus, wo sie eine aufgelöste Caroline vorfanden.
„Was ist los, was ist passiert?“, rief sie panisch. „Irgendjemand ist verletzt, oder? Wer? Ist alles in Ordnung? Ist es Onkel Pierre?“ Sie griff Julies Arm. „Sag es mir!“
„Alain ist verletzt, aber es wird alles gut. Sie sind auf dem Weg ins Krankenhaus“, versuchte Julie sie zu beruhigen. „Ich erzähle es dir später, wir müssen jetzt hinterher. Wo sind die Autoschlüssel?“
Michelle gab ihr zitternd den Schlüsselbund, und die drei Frauen fuhren los.
Dreißig Minuten später standen sie in der Notaufnahme des kleinen Landkrankenhauses. Die Oberschwester hielt Michelle und Caroline auf, ehe sie die Notfallkoje betreten konnten.
Sie wandte sich an Julie. „Dr. Favatier hat gesagt, dass Sie sofort durchgelassen werden sollen. Er will Alain operieren und versuchen, die Finger wieder anzunähen. Sie sollen ihm assistieren. Wir haben nur einen OP, aber der ist zum Glück gerade frei.“
Pierre war bereits in OP-Kleidung, als sie an Alains Bett trat. „Aha, dann kann es ja endlich losgehen“, sagte er kurz.
Julie war wieder in der Rolle seiner Mitarbeiterin angelangt – distanziert, kühl, professionell. Bereut er den Kuss schon? Nein, diesmal irre ich mich nicht! Er hatte sie dermaßen leidenschaftlich geküsst – warum lief ihr dann trotzdem ein Schauer über den Rücken?
„Ich informiere schnell Michelle“, sagte er. „Ich erkläre ihr, was wir vorhaben. Wir sehen uns in zehn Minuten im OP.“
Die Operation dauerte bis zum Nachmittag. Pierre benutzte ein starkes Operationsmikroskop, um die feinen Strukturen besser sehen zu können. In mikrochirurgischer Technik nähte er zuerst die Blutgefäße und dann die Nerven wieder zusammen.
Er war völlig konzentriert, nahm sich aber trotzdem die Zeit, seiner jungen Kollegin jeden Schritt genau zu erklären. Obwohl sie sich um Alain Sorgen machte, war Julie von der Prozedur fasziniert.
Schließlich war es geschafft. Pierre streckte sich. „ Alors! “, sagte er zufrieden. „Jetzt liegt es sozusagen in der Hand der Götter, aber seine Finger sind wieder schön rosig. Die Blutversorgung scheint gut zu klappen. Wir werden sehen, ob er seine Finger wieder wird bewegen können. Die nächsten Tage sind entscheidend.“
Julie sah einen Moment lang in seinen Augen, wie anstrengend die Operation an seinem Freund für Pierre wirklich gewesen war. Woher nahm er nur diese Kraft?
„Ich werde mit Michelle reden“, sagte er. „Anschließend solltest du Caroline und Michelle nach Hause bringen. Alain wird nach der Narkose wahrscheinlich sowieso bis morgen früh schlafen.“
Michelle war über die geglückte Operation zwar erleichtert, wollte aber nicht von der Seite ihres Mannes weichen. Auch Pierre war es wichtig zu warten, bis Alain aus der Narkose aufwachte.
„Bring Caroline nach Hause, Julie“, bat er sie. „Sag allen, dass die Operation so gut gelaufen ist, wie man es erwarten konnte.“
„Und was ist mit dir? Wie kommst du zurück?“, fragte die junge Ärztin. Sie sah ihn forschend an. Sie wollte eine Verbindung spüren, einen Hinweis, dass der Kuss im Weinberg auch ihm etwas bedeutet hatte.
„Ich finde schon jemanden, der mich nach Hause bringt. Ich kenne hier alle, noch aus Studienzeiten.“ Er sah die Fragen in ihrem Blick. „Wir reden später, Julie. Ich muss erst noch nach Alain sehen.“
Auf der Heimfahrt mit einer stillen Caroline neben sich wanderten Julies Gedanken zurück zu dem Kuss. Es musste ihm doch etwas bedeutet haben! Kein Mann kann eine Frau so küssen, dachte sie, wenn er nichts für sie empfindet – wenigstens ein kleines bisschen.
Sie dachte an seine Lippen, seinen Körper, der an ihren gepresst war. Seine Hand in ihrem Nacken. Fast hätte sie laut aufgestöhnt. Verdammt, verdammt! fluchte sie innerlich.
Trotz ihrer guten Vorsätze war geschehen, wogegen sie sich mit jeder Faser ihres Verstandes gewehrt hatte – sie hatte sich in Dr. Pierre Favatier verliebt. Aber was verspürte er für sie?
Als sie nach der stillen Fahrt vor dem Haus hielten, brach es schließlich aus Caroline heraus.
„Immer passiert hier etwas Schlimmes! Ich hasse es! Ich will nach Hause.“
Julie sah sie mitfühlend an. Es war hart für das junge Mädchen. Alles erinnerte sie an den Verlust, den sie erlitten hatte.
„Wir können jederzeit wieder fahren“, sagte sie beruhigend. „Du kannst bei mir wohnen, bis dein Onkel wieder in Edinburgh
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