Julia Aerzte zum Verlieben Band 60
auf, genau in seine Richtung. Ihr Lächeln verblasste, und dann stand sie auf und kam auf ihn zu.
Die Frau hinter der Theke reichte ihm sein Sandwich und eine Flasche Mineralwasser. Finn nahm beides und marschierte zum Ausgang. Small Talk mit Evie Lockheart war das Letzte, wonach ihm gerade der Sinn stand.
„Finn?“ Evie ging schneller, holte ihn aber erst draußen im Flur ein. „Finn, warte doch!“
Widerstrebend, das sah sie ihm an, blieb er stehen und wandte sich ihr zu.
„Wie war es?“
„Gut.“ Er ging weiter.
Evie wartete. Aber mehr kam nicht. „Hat Prinz Khalid den Eingriff gut überstanden?“
Finn nickte. „Ich bin auf dem Weg zu ihm.“
Wieder herrschte Schweigen. Evie hätte ihn erwürgen können. „Und?“, fragte sie ungeduldig. „Wie ging es dir dabei? Hast du dich gut gefühlt?“
Jetzt blieb er stehen. „Ja“, antwortete er mit düsterer Miene. „Das wolltest du doch hören, oder? Dass du recht hattest? Schön, hattest du. Sobald ich nach Khalid gesehen habe, werde ich zu unserem Direktor gehen und ihm sagen, dass er mich in die OP-Planung aufnehmen soll. Und weil er ein dämlicher Hornochse ist, wird Eric rumjammern, dass das die gesamte Dienstplanung auf den Kopf stellt. Obwohl er genau weiß, dass ich der beste Herzchirurg des Landes bin. Bist du nun zufrieden?“
Evie war hin- und hergerissen. Ihr Herz klopfte schneller vor Freude, Hoffnung blühte in ihr auf wie eine Rosenknospe im Sonnenlicht. Wenn er am Krankenhaus blieb, hätten sie vielleicht noch eine Chance. Vielleicht würde er, auch durch das Baby, eines Tages erkennen, wonach sein Herz sich sehnte. Evie wusste es längst …
Aber sie wollte auch nicht, dass er sich gefangen fühlte.
„Finn, ich freue mich, dass du bleibst. Ich möchte nur nicht, dass du dich dabei schlecht fühlst.“
„Tja, du kannst nicht beides haben, Prinzessin. Ich werde hier weiterarbeiten, tun, was ich am besten kann und was getan werden muss. Doch erwarte nicht von mir, dass ich deshalb pfeifend und singend durch die Flure tanze!“ Finn wandte sich ab.
„Du musst ja nicht hierbleiben!“, rief sie ihm nach. „Jedes Krankenhaus in Australien würde dich mit Kusshand nehmen.“ Auch wenn es ihr das Herz brechen würde. Aber wie hieß es immer? Wenn du jemanden liebst, musst du ihm seine Freiheit lassen.
Wieder drehte er sich um. Natürlich würde ich woanders sofort einen Job bekommen, dachte er. Zu meinen Bedingungen. In der letzten halben Stunde hatte er sich seine Möglichkeiten durch den Kopf gehen lassen und eine nach der anderen verworfen. Teilweise, weil die modernste Kardiologie-Abteilung des Landes nun einmal im Sydney Harbour zu Hause war. Teilweise auch, weil Evie hier war. Doch in erster Linie wollte er bleiben, weil dieses Krankenhaus sein Zuhause war, mehr als irgendein Ort, an dem er sonst gewesen war. Und er war viel herumgekommen. Im tiefsten Winkel seiner Seele war Finn immer noch der achtjährige Junge, der sich verzweifelt ein vertrautes, sicheres Heim wünschte.
„Ich arbeite nur im besten“, antwortete er unwirsch. Was nicht die ganze Wahrheit war, und er fühlte sich wie ein Feigling, als Evie ihn mit ihren klaren braunen Augen ansah. „Das Sydney Harbour ist das beste Krankenhaus auf diesem Erdteil.“
Er marschierte zu den Fahrstühlen, drückte auf den Knopf. Evie folgte ihm. Der Aufzug kam, die Türen glitten auf, und Finn betrat die Kabine.
Evie auch.
Und weil er sich ärgerte, dass sie ihn nicht endlich in Ruhe ließ, ging er zum Angriff über. „Ich hatte keine Ahnung, dass du und Marco D’Arvello so gute Freunde seid.“
„Wie bitte?“ Der sarkastische Unterton war ihr nicht entgangen. Evie wurde plötzlich nervös. Wenn Finn nun eins und eins zusammenzählte?
„Ihr solltet vorsichtig sein. Du weißt, wie schnell hier Gerüchte die Runde machen.“
Da begriff sie. „Sei nicht albern!“
„He, du kannst tun und lassen, was und mit wem du willst“, log er. „Aber vielleicht solltest du an seine Frau und sein Kind denken. Wie sie sich wohl fühlen wird, wenn ihr hässlicher Tratsch zu Ohren kommt?“
Im ersten Moment war sie sprachlos. Dann wurde sie wütend. Finn besaß doch tatsächlich die Frechheit, anzunehmen, dass sie mit Marco ins Bett ging. Einem verheirateten Mann!
Mit einem leisen „Ping!“ hielt der Fahrstuhl im dritten Stock.
„Glaubst du wirklich, dass …?“ Aufgebracht folgte sie Finn und bremste sich gerade noch, als zwei Krankenschwestern um die Ecke bogen und
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