Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
schlafen.
Schön wär’s.
An der Tür blieb er abrupt stehen, als das Lachen seines Sohnes an sein Ohr drang. Seit Monaten hatte er Julian nicht mehr lachen hören und schon beinahe vergessen, wie es klang. Eine schöne Überraschung nach einem harten Tag.
Alessandros dunkle Augen weiteten sich bei dem Anblick, der sich ihm bot. Sein Sohn saß an eine Frau gekuschelt, die ebenso blondes Haar und blaue Augen hatte wie Camilla. Gedankenverloren spielte er mit ihren hellen Strähnen und lutschte am Daumen, genau wie früher bei Camilla.
Mit drei Schritten durchquerte Alessandro den Raum. „Julian!“
Es klang wie ein Peitschenhieb, und Nat schaute verblüfft auf, als Julian der Daumen aus dem Mund fiel und er seine Hand von ihrem Haar nahm, als hätte er sich verbrannt.
Die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn war erstaunlich. Dasselbe Stirnrunzeln, derselbe ernste Ausdruck, derselbe geschwungene Mund.
Während Julian jedoch eine kindliche Ausstrahlung hatte, war die seines Vaters ganz anders. Nat spürte sofort, wie sich ihr Pulsschlag beschleunigte. Der Mann sah aus wie ein tragischer Prinz aus einem Shakespeare-Drama.
Julians Vater war einfach umwerfend attraktiv. Dichtes dunkles Haar, in dem sich ein paar silbrige Strähnen zeigten, fiel ihm in die Stirn und bis zum Nacken. Er hatte ein markantes Kinn, und dieser Mund …
Nat wusste, dass sie von diesem Mund träumen würde. Ihr war plötzlich heiß, trotz der eisigen Kälte, mit der er sie aus seinen dunklen Augen musterte. Nat war daran gewöhnt, von Männern angestarrt zu werden. Sie war blond und besaß eine gute Figur. Kein Supermodel, aber sie hatte einen klaren Teint, schönes Haar und trug Kleidergröße achtunddreißig.
Bis heute hatte sie geglaubt, dass das Jahr in Italien sie gegen unverhohlenes Angestarrt-Werden immun gemacht hätte. Damals hatte sie bei jungen italienischen Männern jedenfalls sehr viel Aufmerksamkeit erregt.
In dem Ausdruck dieses Italieners hier lag allerdings nicht das geringste sexuelle Interesse. Im Gegenteil, er sah sie an, als wäre sie eine böse Hexe.
„Julian“, wiederholte er ruhig. Dabei wandte er seine Augen nicht von der unbekannten Frau ab, die ihm so seltsam vertraut erschien. Von der Art, wie sie ihre langen Beine untergeschlagen hatte, bis zu dem langen blonden Pferdeschwanz, der ihr über die Schultern fiel, und dem Pony, den sie aus dem Gesicht zurückwarf, war sie das exakte Ebenbild von Camilla.
Sein Blick glitt zu den obersten beiden Knöpfen ihres T-Shirts, die an dem V-Ausschnitt offen standen, und blieb einen Moment lang an der üppigen Wölbung ihres Dekolletés hängen. Es war schon lange her, dass er den Ausschnitt einer Frau bewundert hatte, und rasch schaute er wieder nach oben. Auch hier war die Ähnlichkeit mit Camilla geradezu unheimlich. Dieselben weit auseinanderstehenden Augen, dieselben hohen Wangenknochen, derselbe volle Mund und das spitze Kinn mit der kleinen sexy Vertiefung, die sich bestimmt zu einem Grübchen vertiefte, sobald sie lächelte.
Ich muss wirklich verdammt müde sein, dachte Alessandro. Ich halluziniere ja schon.
Er streckte seinem Sohn die Hand hin. „Komm her.“
Julian gehorchte augenblicklich, und Nat spürte, wie der Sitzsack unter ihr nachgab, sodass sie leicht nach hinten rutschte. Von ihrer entschieden unvorteilhaften Position auf dem Boden musste sie nun weit nach oben aufblicken.
Aus dieser Perspektive wirkte Julians Vater noch einschüchternder. Männlicher.
Noch nie hatte Nat so intensiv auf einen Mann reagiert.
Unter der Nadelstreifenhose zeichneten sich die Umrisse der kräftigen Oberschenkel ab, und durch den Stoff des Oberhemdes waren breite Schultern und ein muskulöser Oberkörper zu erkennen, der in schmale Hüften überging.
Dummerweise starrte der Mann noch immer auf Nat herunter, als wäre sie ein Insekt, das seine Jungen fraß. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie sich von dem Sitzsack hochgehievt hatte. Um ihre Fassung zurückzugewinnen, lächelte sie zunächst Julian an. Obwohl er neben seinem Vater stand, wirkte er immer noch einsam. Die beiden berührten sich nicht. Es gab keine Umarmung zur Begrüßung, kein kameradschaftliches Schulterdrücken oder einen liebevollen Vater-Sohn-Blick.
Es war offensichtlich, dass Julian sich nicht fürchtete, aber das arme Kind hatte wohl auch keine großen Erwartungen.
Nat hob ihren Blick wieder. Wow, der Mann war wirklich groß. Und unglaublich sexy. Sie lächelte, vor allem wegen Julian.
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