Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
entgegen, und Mak sah, dass sie sich in einer Art Gewächshaus befanden. Überall wuchsen Orchideen, deren lange Stiele über und über mit Blüten in allen Farben und Größen bedeckt waren.
„Die Blumen sind wunderschön“, meinte Mak und entdeckte erst da die Greisin im Rollstuhl.
„Viele der Orchideen stammen von denen ab, die Maisie von zu Hause mitgebracht hat, als sie damals herzog. Und sie hat den anderen Bewohnern gezeigt, wie man mit ihnen umgehen muss.“ Neena winkte. „Hi, Maisie, ich habe dir Besuch mitgebracht.“
„Ein gut aussehender junger Mann, habe ich gehört“, krächzte die Alte. „Kommen Sie näher, mein Lieber, meine Augen tun’s nicht mehr so richtig.“
Mak gehorchte. Wässrige Augen, die in einem Netzwerk feiner Fältchen fast verschwanden, musterten ihn kritisch. Ein zahnloser Mund lächelte ihn an.
„Ich bin Mak Stavrou“, stellte er sich vor, nahm die ausgestreckte knochige Hand, hob sie an die Lippen und küsste sie galant.
„Mac wie bei MacKenzie?“, fragte die alte Frau, ohne die Hand zurückzuziehen.
„Nein, Mak mit k. Die Abkürzung von Makarios, was der Gesegnete bedeutet. Meine Eltern bekamen zuerst eine Tochter, und da sie traditionsbewusste Griechen sind, musste unbedingt noch ein Junge her. Es dauerte eine Weile, deswegen der Name.“
„Ich hoffe, dass Sie gesegnet sind“, erwiderte Maisie, und deutlich war ein Fiepen beim Sprechen und Luftholen zu hören. Mak wurde klar, dass bereits eine so kurze Unterhaltung sie ermüdet hatte.
„Brauchst du irgendetwas?“, fragte Neena, doch Maisie schüttelte den Kopf. Sie blieben noch ein wenig, und Neena nannte ihm die Namen der verschiedenen Orchideen, zeigte ihm, welche in Australien heimisch waren, und berichtete von Maisies Arbeit. Die freute sich, sagte aber nicht mehr viel, weil es sie sichtlich anstrengte.
„Bekommt sie Diuretika? Herzmedikamente?“, erkundigte sich Mak, nachdem sie sich verabschiedet hatten und quer über den Parkplatz zum Wagen gingen.
„Nein, nicht mehr.“ Es klang so traurig, dass Mak Neena schon wieder am liebsten in die Arme genommen hätte.
„Warum nicht?“
„Sie will es nicht. Sie meint, es sei Zeit zu gehen, und sie möchte nicht vollgestopft mit Medikamenten vor der Himmelspforte stehen. Und da sie noch recht klar im Kopf ist, respektiere ich ihren Wunsch.“
„Aber sie macht einen sehr lebendigen Eindruck und liebt ihre Orchideen. Will sie sie nicht weiter blühen sehen?“
Neena blieb stehen und drehte sich zu ihm um. „Sie ist einhundertfünf Jahre alt, Mak. Sie hat die Orchideen oft genug blühen sehen. Und glauben Sie, ich hätte nicht versucht, sie zu überreden, dass sie Medikamente nimmt? Seit ich denken kann, gehört sie zu meinem Leben. Sie ist Neds Mutter, und sie wurde unsere Haushälterin, nachdem meine Mutter gestorben war. Als sie die Arbeit nicht mehr schaffte, übernahm Ned ihren Job.“
„Sie hat Sie großgezogen?“, fragte Mak sanft, und Neena nickte. Sie sah unendlich traurig aus.
„Und zum Ende ihres Lebens enttäusche ich sie. Großartig, nicht wahr?“, sagte sie in bitterem Ton und ging weiter.
Vielleicht hat sie die Schwangerschaft doch nicht geplant. Der Gedanke schoss Mak durch den Kopf, als er Neena langsam zum Wagen folgte. Aber sie hat beschlossen, das Kind zu behalten, dachte er. Und Theo überredet, das Ungeborene in seinem Testament zu begünstigen.
„Wollten Sie hierbleiben?“, rief Neena, und da erst merkte er, dass er in Gedanken an die Vergangenheit unwillkürlich stehen geblieben war. Nein, er war nicht verheiratet – nicht mehr. Aber er hatte getan, was ein anständiger Mann tut, wenn die Freundin ihm sagt, dass sie ein Kind von ihm bekommt. Er hatte sie geheiratet.
Als sie das Baby bei einer Fehlgeburt verlor, hatten sie sich noch eine Weile bemüht, weil Mak daran glaubte, dass eine Ehe für immer sein sollte. Bis seine Frau ihm sechs Monate später verkündet hatte, dass sie sich in seinen Trauzeugen verliebt hätte, und die Scheidung verlangte.
„Waren Sie schon mal verheiratet?“
Neena lehnte entspannt an ihrem Wagen und sah ihm entgegen. Dass sie genau diese Frage stellte, beunruhigte ihn. Sie konnte doch hoffentlich keine Gedanken lesen? Was er sich manchmal vorstellte, wenn er an sie dachte, würde ihr das Blut ins Gesicht treiben …
„Interessiert sich Phyllis auch für geschiedene Männer?“
„Das glaube ich nicht.“ Neena lächelte. „Und ehrlich gesagt, ich weiß auch nicht, warum ich Sie
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