Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
beunruhigt, solltest du dir auch keine Gedanken darüber machen.“
Neena lächelte. Es kam gar nicht so selten vor, dass die Patienten sie trösteten, statt umgekehrt.
„Ich hab gehört, dass du ein junges Kamel aufgegabelt hast“, sagte Charlie dann. „Die Luzerne-Ernte ist reichlich ausgefallen, ich habe dir einen Ballen mitgebracht. Wenn das Tier so weit ist, dass es feste Nahrung fressen kann, hast du schon einen kleinen Vorrat. Ich würde den Ballen ja bei dir zu Hause abliefern, aber Ned quatscht gern eine Runde, und ich habe es eilig. Kann ich das Futter hierlassen?“
„Gern, vielen Dank. Ich komme mit nach draußen und hole es.“
Am Wagen machte sie ihm unmissverständlich klar, dass sie sehr wohl in der Lage war, einen Ballen Viehfutter zu tragen. Sie hievte ihn gerade aus Charlies Jeep, als Mak auftauchte. Er hielt vor der Praxis, sprang aus dem Wagen und war mit zwei Schritten bei ihr.
„Sie sind schwanger.“ Entschlossen nahm er ihr den Ballen ab. „Sie dürfen nichts Schweres heben.“
„Mein Reden“, fügte Charlie mit seiner brüchigen Stimme hinzu, aber Neena ignorierte beide Männer und öffnete die Hecktür ihres großen Wagens, sodass Mak den Ballen hineinwerfen konnte.
„Wie geht es Tom?“, erkundigte sie sich bei Mak, als Charlie davongefahren war.
„Es ist eine ziemlich üble Zerrung, aber keine Sehne gerissen und nichts gebrochen. Er flirtet schon mit jeder Schwester. Phyllis und Marnie sind entlassen worden, und Mr Temple hat gesagt, dass er heute nach Hause kann. Aber eine der Schwestern hat mir erzählt, das würde er bei allen versuchen, und man sollte ihm nicht glauben. Stimmt das?“
Mak sah ihr in die Augen, und obwohl es um Berufliches ging, wurde Neena heiß. Heißer als die vierzig Grad im Schatten, die hier draußen herrschten.
„Ja“, gab sie der Schwester recht und wandte sich rasch ab. „Lassen Sie uns reingehen.“
Aber als Mak ihr folgte, erkannte sie ihren Fehler, und sie drehte sich wieder zu ihm um. „Die meisten Patienten haben ihren Termin auf morgen verlegt. Ich habe nur noch zwei. Sie können ruhig nach Hause gehen.“
„Das ist ein ziemlich weiter Weg“, sagte er mit einem neckenden Lächeln, das sie noch mehr durcheinanderbrachte. „Wenn Sie nichts dagegen haben, unterhalte ich mich ein wenig mit Ihren Sprechstundenhilfen. Mich interessiert, wie sie die medizinische Versorgung hier einschätzen.“
„Louise und Lisa werden begeistert sein“, murmelte Neena, als sie auf den Eingang zugingen. Und bestimmt mit ihm flirten. Na, und, sagte sie sich. Sollen sie doch.
Trotzdem hatte sie Mühe, sich ihre Gereiztheit nicht anmerken zu lassen. Auch der seltsame Druck in der Brust blieb bis zum Feierabend, als sie als Letzte die Praxis verließ. Allein – Mak war schon bei Louise mitgefahren, die angeboten hatte, ihn beim Arzthaus abzusetzen.
5. KAPITEL
Das Schicksal wollte es, dass Neena, kaum dass sie zu Hause angekommen war, ausgerechnet auf den Mann stieß, dem sie aus dem Weg gehen wollte. Als sie sich mit dem Heuballen durch die Tür zum Futterschuppen mühte, führte Mak das Kamelfohlen gerade zur Koppel hinter den Ställen.
„Ned hatte heute keine Zeit, mit ihm herumzulaufen“, erklärte er.
„Stimmt, Montag ist Brotbacktag. Eher geht die Sonne im Westen auf, als dass Ned von seiner häuslichen Routine auch nur einen Millimeter abweicht.“
Sehr gut, gratulierte sie sich stumm. Du machst lockeren Small Talk mit diesem Mann. So soll es sein. Aber als sie Albert streicheln wollte, kam sie auch Mak näher, und sofort fing das sinnliche Prickeln wieder an. Neena bekam zittrige Knie, und als das kleine Kamel mit seinen weichen Lippen gegen ihre Handfläche stupste, stellte sie sich unwillkürlich vor, wie es wäre, wenn Mak sie dort liebkoste.
Mit einer hastig ausgedachten Ausrede wandte sie sich ab und eilte davon.
Verwundert sah Mak ihr nach. Ob sie es ihm übelnahm, dass er sich heute um Albert kümmerte?
Das konnte er sich nicht vorstellen. Trotzdem war er froh, dass sie gegangen war. Sie betörte ihn immer wieder mit ihrer Schönheit, und auch die Heuhalme, die an ihrem T-Shirt und ihrem dunklen Zopf hafteten, taten dem keinen Abbruch.
Als er eine halbe Stunde später schwungvoll die Stufen zum Haus hinauflief, saß Neena dort auf der Veranda und trocknete sich die Haare im Schein der untergehenden Sonne.
Sie saß mit dem Rücken zu ihm, sodass sein erster Blick auf ihre schwarzen, wie kostbare Seide schimmernden Haare
Weitere Kostenlose Bücher