Julia Aerzte zum Verlieben Band 61
und ihre schlanke Hand fiel, die sich beim Bürsten hob und senkte.
Wie kostbare Seide schimmernde Haare … Seit wann dachte er so poetische Sachen? Und doch wusste er genau, wie sich Neenas Haare anfühlen würden: eben glatt wie Seide.
„Kann ich helfen?“, fragte er, ohne nachzudenken. Zu spät wünschte er sich, er hätte nichts gesagt, denn sie wirbelte herum und starrte ihn erschrocken an.
„Müssen Sie sich so anschleichen?“
Nein, sie hatte sich nicht erschrocken. Sie war ärgerlich. Aber warum?
„Haben Sie mich nicht gehört? Ich war nicht gerade leise“, verteidigte er sich und nahm ihr die Bürste aus der Hand. Die warnende Stimme in seinem Innern beachtete er nicht. „Beugen Sie den Kopf vor.“
Sie tat, was er verlangte.
Warum überlässt du ihm die Bürste, begehrte ihr Verstand auf. Neena fiel keine Antwort ein. Sie wusste nur eins: Hier auf der Veranda zu sitzen, während Mak hinter ihr stand, so nahe, dass sie seinen starken warmen Körper spürte, und zu fühlen, wie er fast liebkosend die Bürste durch ihr Haar zog, war erotischer als alles, was sie bisher mit einem Mann erlebt hatte.
„Nicht gut, oder?“, hörte sie da Maks raue Stimme.
„Was meinen Sie?“, flüsterte sie, obwohl sie es genau wusste.
„Die Anziehung zwischen uns. Das, was wir schon beim Tanzen am Samstagabend gespürt haben …“ Als sie nicht gleich antwortete, sagte er heiser: „Oder wollen Sie es abstreiten?“
„Ich habe wenigstens eine Entschuldigung. Durch die Schwangerschaft sind meine Hormone durcheinander“, erwiderte Neena. „Und da wir gerade davon sprechen: Ich verstehe nicht, was Sie an einer schwangeren Frau finden.“
„Einer wunderschönen schwangeren Frau.“ Sanft drehte Mak ihren Kopf zu sich herum, sodass sie ihn ansehen musste. „Obwohl es die Sache kompliziert macht, dass mein verstorbener Neffe der Vater des Babys ist.“
Der Gedanke an Theo jagte Neena einen eisigen Schauder über den Rücken. Sie richtete sich auf und rutschte ein Stück zur Seite, griff sich in den Nacken, fasste ihre Haare zusammen, flocht sich geschickt einen Zopf und wand das Haargummi darum.
Mak spürte, dass sie auf Distanz gegangen war. „Lieben Sie ihn noch immer?“, fragte er und setzte sich auf den Stuhl neben sie.
Sie drehte sich um und starrte ihn an. „Warum fragen Sie das?“
„Wenn ja, könnten Sie das Gefühl haben, dass Sie Theo irgendwie betrügen. Deshalb kämpfen Sie gegen diese Anziehung an.“
„Sie gehen also davon aus, dass sie wirklich existiert?“
„Ja. So stark, dass sie auf Gegenseitigkeit beruhen muss. Ich bin fast vierzig Jahre alt, ich kenne meine Gefühle … Das bilde ich mir nicht ein.“
„Ich fasse es nicht, dass wir uns über so etwas unterhalten.“
„Eigentlich rede nur ich“, antwortete Mak mit einem schiefen Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ. „Es wäre schön, wenn Sie auch etwas dazu sagen würden. Wollen wir vernünftig sein und es ignorieren, zumal keiner dem anderen wirklich über den Weg traut?“
„Was das betrifft, da haben Sie recht. Ich traue Ihnen nicht, und natürlich werden wir es ignorieren. Was denn sonst? Sollen wir eine Affäre anfangen? Nein danke, mein Bedarf an Dummheiten ist gedeckt!“ Neena stand abrupt auf.
Mak sah ihr hinterher, als sie über die Veranda ging und im Haus verschwand. Im goldenen Licht der tief stehenden Sonne war ihr dünner Morgenmantel fast durchsichtig. Deutlich konnte er die Konturen ihres schlanken Körpers erkennen, die sanfte Wölbung ihres Bauchs, die vollen Brüste …
Ein Gentleman würde nicht hinsehen.
Aber ein Gentleman hätte sicher auch die gegenseitige Anziehung nicht erwähnt. Nur weil sie aufrichtig von ihren Gefühlen seiner Familie gegenüber gesprochen hatte, musste sie noch lange nicht wollen, dass er ihr von seinen Gefühlen erzählte!
Was hatte sie gemeint, als sie sagte, ihr Bedarf an Dummheiten sei gedeckt?
Machte ihm die Hitze so zu schaffen, dass er nicht mehr richtig denken konnte? Oder war es die Hitze, die Neena in ihm entfachte?
Mak beschloss, sich abzukühlen. Mit einer eiskalten Dusche.
Am Abend hatten sie sich gerade an den Tisch gesetzt, um sich Neds spezielles Montagsessen, hausgemachte Teigtaschen mit Fleischfüllung, schmecken zu lassen, da klingelte das Telefon.
„Ich stelle sie warm“, bot Ned an und sammelte die Fleischtaschen wieder ein, ehe Mak auch nur einmal abbeißen konnte.
„Aber vielleicht ist es gar kein Notruf“, protestierte
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