JULIA ARZTROMAN Band 26
überredet, zu kommen.
Lucy umarmte sie innig und flüsterte ihr ins Ohr: „Danke.“
Kate lächelte. „Gern geschehen“, entgegnete sie leise, ehe sie weiterging.
Marco und Dragan waren beide in der Praxis geblieben, sicher auch, um ihrem Vater nicht die Ausrede zu verschaffen, er müsse dort die Stellung halten. Bis auf Sue und Alison Myers, die ebenfalls dort gebraucht wurden, waren sämtliche Mitarbeiter der Praxis da. Als Nächste wünschten Bens Kolleginnen und Kollegen ihnen alles Gute, und dahinter kam ganz Penhally Bay, wie ihr schien.
In der Praxis wird heute Nachmittag nicht viel zu tun sein, dachte sie, während sie sich fragte, wie viele Hände sie noch schütteln und wie viele Wangen sie noch küssen musste, ehe sie sich endlich hinsetzen konnte …
Nick schwang nicht gerne Reden. Und diese hätte er am liebsten nie gehalten. Daher fasste er sich kurz.
„Ich habe meine Tochter noch nie so strahlend gesehen“, begann er. „Ihre Mutter, die heute bei ihr sein sollte, wäre sehr, sehr stolz auf sie. In ihrem Namen möchte ich euch Glück und alles Gute wünschen. Ben, achte auf sie. Liebe sie von Herzen. Möget ihr so glücklich werden, wie Annabel und ich es waren. Ladies und Gentlemen, auf die Braut und den Bräutigam!“
Er leerte sein Glas, setzte sich wieder und atmete tief durch. Was Ben betraf, so hatte er nicht vor, ihn öfter zu sehen als unbedingt nötig. Aber Lucy liebte ihn nun mal, und außerdem musste er ja nicht mit dem Mann zusammenleben. Deshalb beschloss er, an ihrem Hochzeitstag gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Nick griff nach der Champagnerflasche und füllte sein Glas. Bis nach Hause hatte er es nicht weit, er konnte zu Fuß gehen. Jeder hier würde heute einen über den Durst trinken. Warum er nicht auch, verdammt noch mal?
„Ben, was sollen wir hier?“
„Tu mir den Gefallen, warte kurz, ja?“
Lucy blieb, wo sie war, und hob ihr Brautkleid mit beiden Händen an, damit der kostbare Stoff nicht den morastigen Boden berührte. Ben verschwand hinter dem Haus, tauchte bald darauf wieder auf und schwang sie auf die Arme. Lucy fing an zu lachen, als er feierlich zur Haustür schritt.
„Du bist verrückt! Was machst du da?“, fragte sie atemlos – und begriff im selben Moment.
Er trug sie über die Schwelle.
„Bitte sehr.“ Behutsam stellte er sie wieder ab. „Willkommen zu Hause, Mrs. Carter.“
„Danke.“ Auf Zehenspitzen reckte sie sich ihm entgegen und küsste ihn. Dann drehte sie sich um … und schnappte nach Luft. Seit Tagen hatte sie nicht ins Haus gedurft, und die letzte Nacht hatte sie in ihrer kleinen Wohnung geschlafen, wo Chloe und Lauren sie dann heute Morgen für den großen Tag zurechtgemacht hatten.
„Die Möbel sind da!“, rief sie aus. „Seit wann das denn?“
„Seit heute Morgen. Die Möbelpacker hatten genaue Anweisungen, und ich hoffe, dass alles an seinem Platz steht.“
„Oh, Ben!“ Ihr fehlten die Worte. Sie nahm ihn bei der Hand, und sie gingen gemeinsam von Zimmer zu Zimmer. „Es ist wundervoll! Und das Kinderzimmer! Du hast es in genau den richtigen Farben streichen lassen.“
„Das war mein Werk. Ich wollte es selbst machen. Für unser Baby.“
„Ach, Ben.“ Überwältigt fiel sie ihm um den Hals und drückte ihn stürmisch.
„Gefällt es dir?“
Sie konnte nur nicken. Ihr Hals war wie zugeschnürt, und sie spürte, wie ihre Augen feucht wurden. Unglaublich, was Ben in dieser kurzen Zeit auf die Beine gestellt hatte!
„Das heißt wohl Ja“, sagte er lachend und drückte sie ebenfalls, allerdings sehr viel sanfter. „Komm, du hast unser Schlafzimmer noch nicht gesehen.“
Das alte, mit herrlichen Schnitzereien verzierte französische Doppelbett stand gegenüber vom Fenster. Morgens beim Aufwachen brauchte man sich nur aufzurichten, und schon sah man direkt aufs Meer. Die dicken Daunendecken waren mit gestärkter weißer Bettwäsche bezogen, und am Kopfende türmten sich zahlreiche Kissen. Genau das Richtige, um sie sich hinter den Rücken zu stopfen und die atemberaubende Aussicht zu genießen.
Das Bett sah verlockend einladend aus.
Lucy war müde. Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen, und der Tag war lang und anstrengend gewesen.
„Wollen wir es mal ausprobieren?“ Ben schien ihre Gedanken zu lesen. „Gestern Nacht habe ich dich vermisst und kein Auge zugetan.“
„Ich auch nicht.“ Sie drehte sich in seinen Armen um und bedachte ihn mit einem neckenden Lächeln. „Bringen Sie mich ins Bett,
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