Julia Arztroman Band 62
mit jemandem geflirtet hatte, und sie wusste überhaupt nicht mehr, wie das ging. Außerdem, warum sie es ausgerechnet mit einem solchen Schönling tun sollte, war ihr nach der Erfahrung mit Arnie ein Rätsel. Die bitteren Erinnerungen warteten noch immer dicht unter der Oberfläche.
„Das stimmt.“ Anstatt Valentino anzusehen, konzentrierte Paige sich auf die feinen Bläschen, die in ihrem Glas aufstiegen.
„ Eccellente. Ich freue mich schon darauf.“
Tja, da war er wohl der Einzige. Die Vorstellung, dass sie miteinander tanzten, sein Arm an ihrem bloßen Rücken, ihre Körper, die sich vielleicht berührten, verursachte ihr Herzrasen. Neben ihm am Tisch zu sitzen, wobei sie sich jeder seiner Bewegungen, seines Atems und seiner tiefen Stimme bewusst war, die sie förmlich in ihrem Bauch spürte, empfand sie schon als schlimm genug. Aber von oben bis unten an diesen umwerfenden Mann gepresst zu werden? Der Gedanke erschreckte Paige zu Tode.
Sie fühlte sich unbeholfen, bieder und total überfordert neben diesem perfekten Mann von Welt, der mit Supermodels ausging.
Was wäre, wenn sie falsche Tanzschritte machte oder ihm womöglich auf die Füße trat?
Und vor allem, was wäre, wenn es ihr zu gut gefiel?
„Sie befürchten, dass Ihr Freund etwas dagegen haben könnte, wenn wir zusammen tanzen, ja?“
Valentinos Frage riss sie aus ihren Gedanken, und sie sah ihn verblüfft an.
Ein großer Fehler.
Bisher hatte sie es vermieden, ihn aus der Nähe anzuschauen, und jetzt wusste sie auch, wieso. Der Mann war einfach umwerfend. Dichtes, glänzend schwarzes, welliges Haar fiel ihm in die Stirn und über den Kragen. Plötzlich verstand Paige, weshalb manche Frauen es liebten, ihre Finger durch das Haar eines Mannes gleiten zu lassen.
Als ihr Blick an seinem markanten Kinn hängen blieb, hob Valentino belustigt die samtschwarzen Augenbrauen. Ein Lächeln lag auf seinen vollen Lippen, und solche Grübchen, wie er sie besaß, sollten bei männlichen Wesen über fünf Jahren eigentlich verboten sein. Seine Augen, dunkel wie der beste italienische Espresso, waren von langen schwarzen Wimpern umrahmt und versprachen viel Spaß beim Flirten.
Unwillkürlich überlief Paige ein erotischer Schauer bei den aufregenden Dingen, die sie in diesen Augen las.
Die steile kleine Falte, die zwischen ihren karamellfarbenen Augenbrauen erschien, entlockte Valentino ein Lächeln. Paige war eine wirklich faszinierende Frau mit ihren großen grauen Augen in dem eckigen Gesicht mit den hohen Wangenknochen und einem breiten Mund.
Sie trug keinen Lidschatten, hatte es aber auch nicht nötig. Ihre Augen zogen ohnehin die Blicke auf sich. Das rotblonde Haar trug sie in einem strengen, kurzen Pixie Cut, der ihr fedrig in die Stirn fiel. Bei jeder anderen Frau hätte dies jungenhaft gewirkt, aber bei ihr betonte es nur die großen Augen und die Verletzlichkeit, die Valentino darin erkennen konnte.
Paige war keine klassische Schönheit und ganz sicher nicht der Typ, den er sonst bevorzugte. Er mochte kurvige Frauen, nicht solche hageren wie sie. Und sie sollten selbstbewusst sein. Frauen, die sich mit ihrer Sexualität wohlfühlten. Die lächelten, flirteten und das Leben genossen. Frauen, die die Spielregeln kannten.
Dennoch …
Irgendetwas hatte sie an sich, das ihn anzog. Nicht zuletzt deshalb, weil sie das einzige weibliche Wesen im Saal war, das sich bisher nicht für ihn interessiert hatte.
„Ich habe Sie den ganzen Abend SMS schreiben sehen“, meinte er, da sie immer noch nichts sagte. „Ich nehme an, bei einer schönen Frau muss es sich wohl um ihren Freund handeln.“
Paige versuchte, ihre Verwirrung abzuschütteln. „Ich bin ein bisschen zu alt für einen Freund, finden Sie nicht?“
„Aber wir sind doch niemals zu alt für die Liebe“, entgegnete er tadelnd.
Mehr als die Art, wie er ihren Namen aussprach, registrierte Paige jedoch kaum. Er hatte ihn am Ende leicht gedehnt, was sehr europäisch klang. Außerdem schien dabei jede Nervenfaser in ihrem Unterleib zu vibrieren.
Flüchtig schloss sie die Augen. Das war doch verrückt. Er war schließlich bloß ein Mann. Seit ihr Ehemann gegangen war, hatte Paige keinen einzigen Gedanken mehr an das andere Geschlecht verschwendet. Abgesehen davon hatte sie auch gar keine Zeit für einen Mann. Geschweige denn für einen italienischen, an Models gewöhnten Playboy, dessen Interesse an ihr sich in der Sekunde verflüchtigen würde, in der er sie flachgelegt hatte.
Aber das
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