Julia Arztroman Band 62
zu entziehen. „Nein, weiß ich nicht.“
Dann drehte sie sich um und flüchtete so weit weg wie nur irgend möglich.
Eine Stunde später konnte Paige die allgemeine Geselligkeit nicht mehr länger ertragen. Zwar war es ein schlechter Stil, die Hochzeit vor der Braut und dem Bräutigam zu verlassen, aber sie hielt es einfach nicht mehr aus, Valentino beim Tanzen und Flirten zuzusehen.
Paige entschuldigte sich bei Nat, wobei sie Kopfschmerzen vorschützte, versicherte ihr jedoch, dass sie über Nacht bleiben würde. Zum Glück kam der Lift sofort, wofür sie ausgesprochen dankbar war. Doch dieses Gefühl dauerte nicht lange an, denn Valentino stand bereits an der hinteren Wand, die Krawatte gelockert und das Jackett lässig über die Schulter geworfen.
Stumm starrten sie einander an.
„Nach oben?“, fragte er schließlich.
Verdammt. Nach kurzem Zögern betrat Paige den Lift. Schließlich sollte dieser Kerl auf keinen Fall glauben, er hätte irgendeine Macht über sie. Sie blieb im vorderen Teil des geräumigen Aufzugs stehen und suchte nach dem Knopf für die zwölfte Etage.
Natürlich war dieser schon gedrückt. Super! Er war also auch noch auf demselben Flur. Wahrscheinlich hatten sie sogar benachbarte Zimmer. Als sich die Tür schloss, hielt Paige ihre Handtasche fest umklammert und mahnte sich zur Geduld.
Valentino genoss den freien Blick auf ihren Rücken. Er musste sich eingestehen, dass er mehr davon sehen wollte, genauso wie von ihrer Vorderseite. Er wollte sie wieder leidenschaftlich und lebendig sehen. Aber nicht wegen eines fast siebzigjährigen Chirurgen, sondern seinetwegen.
Aber sie hatte ihm ja mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass sie der Anziehung zwischen ihnen auf keinen Fall nachgeben würde.
Der Lift hielt auf ihrer Etage an, und Valentino musste lächeln, als Paige fast schon rannte, um vor ihm hinauszukommen. Er folgte ihr mit langsameren Schritten, denn eigentlich wollte er gar nicht wissen, wo ihr Zimmer war.
Allerdings schienen sie tatsächlich Nachbarn zu sein, und das erboste Schimpfen und Murren, als Paige die Schlüsselkarte in ihre Tür steckte, ließen darauf schließen, dass Valentino ihr einen nachbarschaftlichen Dienst erweisen musste.
Nachdem er sein Jackett über den Türknopf gehängt hatte, schlenderte er zu ihr hinüber. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“
Sie rammte die Karte noch ein paar Mal in den dafür vorgesehenen Schlitz und rüttelte vergeblich an der Tür. Am liebsten hätte sie laut geschrien. Dann wandte sie sich zu Valentino um und sah ihn so böse an, als wäre das alles seine Schuld. „Ich hasse diese Dinger!“
Er lächelte. Wenn sie sauer war, sah sie sehr lebendig aus. Ihre Wangen waren gerötet, ihr Brustkorb hob und senkte sich, und die grauen Augen funkelten. Er nahm ihr die Karte ab. „Darf ich?“
Paige protestierte nicht. Sobald sein Duft ihre Sinne verwirrte, fühlte sie sich hilflos. Sie hatte all ihre Widerstandskraft auf der Hochzeit aufgebraucht. Jetzt war nichts mehr davon übrig. Langsam steckte Valentino die Karte in den Schlitz und zog sie ebenso langsam wieder heraus.
Ob er mit ihr auch so langsam sein würde? So sorgfältig? Das rote Lämpchen leuchtete plötzlich grün auf. Valentino drehte den Knopf und öffnete die Tür.
„Prego.“
Paige schaute in das Zimmer. Ein großes, leeres Zimmer. Ihr Blick ging zu Valentinos Händen mit den sicheren Fingern.
Er war überrascht, dass sie zögerte. „Vielleicht kann ich mit reinkommen?“, fragte er.
Auf einmal fühlte sie sich merkwürdig durcheinander. Ihr war zum Weinen zumute. Sie hatte nicht gemerkt, wie einsam sie in den letzten Jahren gewesen war. Bis jetzt. Bis ein attraktiver Mann sie anmachte.
Sie sah ihn an, bemerkte das unverhüllte Begehren in seinen Augen. Es war verrückt. „Ich …“ Paige stockte. Was sollte sie sagen, ohne wie eine unerfahrene Sechzehnjährige zu klingen? „Ich schlafe nicht mit Männern, die ich gerade erst kennengelernt habe.“
Immerhin hatte sie drei Wochen und mehrere Dates gebraucht, bis sie Arnies Anziehungskraft erlegen war.
„Ich verspreche dir, es wird keinen Schlaf geben.“
Paige schluckte unwillkürlich beim Klang seiner rauen Stimme und dem eindringlichen Ausdruck in seinen Augen. „Ich verstehe das nicht“, brachte sie mühsam hervor. „Jede Frau im Saal hätte dich heute Abend nur zu gern auf dein Zimmer begleitet. Warum in aller Welt willst du ausgerechnet mich?“
Valentino schenkte ihr ein träges
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