Julia Bestseller Band 142
Holly streichelte sie ein wenig, während Debra das Baby an sich nahm. „Arme Anna“, sagte sie, „warum schreit denn Harry so viel?“
„Abends ist es am schlimmsten. Dann schreit er ununterbrochen drei Stunden lang. Ich weiß, dass er Bauchweh hat, aber ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. Ich habe ihm Koliktropfen gegeben, doch die haben nicht gewirkt.“
„Und was halten Sie von Massage?“, fragte Holly. „Bei Babys, die zu Koliken neigen, können sie sehr hilfreich sein.“
Debra nickte. „Manche Mütter finden, dass sie Wunder wirken. Hier im Ort hat sich vor ein paar Monaten eine Gruppe von Frauen gebildet, die Babymassage anbieten. Wenn Sie wollen, suche ich Ihnen die Telefonnummer heraus.“
„Nein, danke!“, winkte Anna ab. „Ich mag im Moment keine anderen Leute treffen.“
Holly hatte Mitleid mit der jungen Frau und bot ihr spontan an, sie zu besuchen und ihr zu helfen. „Ich bringe etwas Öl mit, und wir machen die Massage gemeinsam. Was halten Sie davon?“
Anna zögerte. „Würden Sie das wirklich tun?“
„Natürlich, das mache ich gern. Ich kann nicht versprechen, dass es hilft, aber es ist einen Versuch wert. Sind Sie damit einverstanden, Debra?“
„Absolut.“ Debra war sichtlich erleichtert, dass sie jemanden gefunden hatte, der sich mit Anna befasste.
„Ich glaube, wenn er zu schreien aufhört, komme ich auch besser mit ihm zurecht“, meinte Anna, der wieder die Tränen kamen.
„Weiß Ihr Mann, dass Sie sich so elend fühlen?“, fragte Holly.
„Er weiß, dass ich mit den Nerven fertig bin. Aber er hat gerade seinen Job verloren und ist selbst im Moment fix und fertig. Er trifft sich oft mit seinen Freunden, und manchmal frage ich mich, ob er das tut, weil er es zu Hause nicht aushält. Ich habe niemanden, mit dem ich mal reden kann.“
Holly tauschte einen Blick mit Debra. „Könnten Sie sich entschließen, einer Gruppe junger Mütter beizutreten, Anna? Dadurch könnten Sie vielleicht Freundinnen finden. Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.“
„Das kann ich wirklich nicht.“ Wieder fing Anna an zu schluchzen. „Ich habe nicht genug Kraft, um woanders hinzugehen.“
„Haben Sie denn Familie in der Nähe?“, fragte Holly.
Anna schüttelte den Kopf. „Nur meinen Vater, und der ist über siebzig. Und Bills Eltern wohnen zu weit weg.“
Holly überlegte, wie der Frau zu helfen war. Ohne Hoffnung durfte sie sie nicht gehen lassen. „Ich komme vorbei, und dann sehen wir, ob die Massage Harrys Kolik hilft“, sagte sie. „Aber wir müssen auch über Sie nachdenken. Wer ist denn Ihr Hausarzt?“
„Dr. Logan“, antwortete Anna.
„Haben Sie denn schon einmal mit ihm darüber gesprochen, wie schlecht Sie sich fühlen?“
„Oh, das könnte ich nicht! Er war sehr nett nach Harrys Geburt. Aber über meine Probleme kann ich nicht mit ihm sprechen. Er ist ein Mann, und er hat selbst keine Kinder. Wie soll er mich verstehen?“
„Das sehen Sie falsch“, sagte Holly. „Dr. Logan ist nicht nur ein hervorragender Arzt, sondern auch der Onkel von Zwillingen, und das sind die schlimmsten kleinen Rabauken, die Sie je gesehen haben. Nichts, was Sie ihm erzählen, könnte ihn schockieren, glauben Sie mir!“
„Das bringe ich einfach nicht fertig. Was würde er von mir denken?“ Anna begann wieder zu weinen.
„Was soll er denn denken?“, versuchte Debra die junge Frau zu beruhigen. „Bestimmt würde er Sie nicht verurteilen, wenn es das ist, was Sie besorgt.“
Anna putzte sich die Nase und wischte sich die Tränen ab gerade in dem Augenblick, als Mark den Kopf durch die Tür steckte.
„Anna?“, fragte er, als er sie erkannte.
Er schloss die Tür und ging vor der jungen Frau in die Hocke. „Was haben Sie auf dem Herzen?“
„Es ist nichts.“
„Aber Sie weinen doch nicht wegen nichts. Sie müssen sich sehr elend fühlen.“
Anna versuchte, die Tränen zu trocknen. „Ich weiß, es ist dumm …“
„Es ist überhaupt nicht dumm. Wenn ich das durchgemacht hätte, was Sie durchgemacht haben, würde ich mich auch elend fühlen.“
„Es ist meine Schuld“, flüsterte Anna. „Und ich sollte versuchen, mit dem Jammern aufzuhören.“
„Es ist überhaupt nicht Ihre Schuld“, widersprach Mark. „Ich hätte mich viel eher um Sie kümmern müssen. Nach der schlimmen Zeit, die hinter Ihnen liegt, hätte ich wissen müssen, dass Sie sich elend fühlen. Seit wann geht es Ihnen denn so schlecht?“
„Das weiß ich nicht.
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