Julia Bestseller Band 144
den Mann neben ihr zu ignorieren, und vertiefte sich in den Stadtplan. Jake strahlte so viel Macht aus, dass Amy sich irgendwie erdrückt fühlte. Er war ungemein männlich und konnte einer Frau bieten, was sie sich nur wünschte. Und ausgerechnet heute setzt er seinen ganzen Charme gegen mich ein, jedenfalls kommt es mir so vor, ging es ihr durch den Kopf.
Wieder fiel ihr seine provozierende Bemerkung ein, die nicht für ihre Ohren bestimmt gewesen war. Wir haben Amy Taylor genau da, wo wir sie haben wollen. Na ja, noch nicht genau da … Wir brauchen noch etwas Geduld. Plötzlich wurde sie misstrauisch. Ein Apartment in Balmoral war Jakes Idee gewesen. Dann hatte er ihr eine Gehaltserhöhung gegeben, damit sie es sich leisten konnte. Und angeblich rein zufällig hatte er auch prompt eins für sie gefunden. Um jede Diskussion zu vermeiden, hatte er ihr erst im Auto verraten, wohin sie fahren würden.
War das etwa ein abgekartetes Spiel zwischen ihm und seinem Geschäftsfreund Ted Durkin? Aber warum? Was hätte Jake davon, wenn sie in Balmoral wohnte?
Natürlich konnte sie seine Pläne immer noch durchkreuzen, wenn sie sich zu nichts überreden ließ. Aber jetzt musste sie ihn erst einmal ohne Umwege in die Estelle Road dirigieren.
Amy hatte noch nie im Norden von Sydney gelebt. Deshalb kannte sie sich in den Stadtteilen um den Middle Harbour überhaupt nicht aus. Sie wusste nur, dass Balmoral eine exklusive und teure Wohngegend war.
Als sie die Estelle Road auf dem Stadtplan entdeckte, war sie verblüfft. Die Straße lag ganz in der Nähe der Esplanade, wie die Strandpromenade hieß, und grenzte unmittelbar an einen Park. Die Anwohner hatten demnach sowohl eine herrliche Aussicht auf die Grünanlagen als auch auf das Meer dahinter.
War denn dann der Mietpreis realistisch, den Jake genannt hatte? Für so eine fantastische Lage war er erstaunlich niedrig. Selbst die bescheidenste Wohnung in dieser Straße könnte man für den doppelten Preis vermieten.
„Irgendwie macht das alles keinen Sinn“, sagte sie leise.
„Was?“
„Die Estelle Road liegt nahe am Meer. Sogar mit den strengsten Auflagen könnte der Vermieter wesentlich mehr für das Apartment verlangen“, erklärte sie. Wahrscheinlich hatte Jake mit Ted Durkin irgendeine geheimnisvolle Absprache getroffen. Amy konnte an so viele glückliche Zufälle hintereinander nicht glauben.
„Ich erwähnte doch, dass Ted sie als supergünstig bezeichnet hat“, erinnerte Jake sie. „Die Sache hat jedoch einen Haken“, fügte er hinzu, als wäre es ihm gerade erst eingefallen. „Aber selbst wenn es für Sie nur ein Notbehelf ist …“
Damit hatte sie die ganze Zeit gerechnet. „Was für einen Haken?“, unterbrach sie ihn deshalb.
„Die Wohnung wird nur für sechs Monate vermietet. Der Eigentümer will offenbar selbst einziehen, sobald er sein Haus verkauft hat. Er will sich jedoch Zeit lassen und nichts überstürzen.“
„So, ich könnte sie nur für ein halbes Jahr bekommen.“
„Hm. Ted meinte, dem Besitzer ginge es vor allem darum, dass das Apartment nicht leer steht. Er sucht wohl eher einen Haushüter als einen Mieter.“
Langsam lösten sich Amys Zweifel auf. Vielleicht war ihr Misstrauen unbegründet. Es war immerhin möglich, dass Jake ihr wirklich einen Gefallen tun wollte. Wenn da nur nicht seine seltsame Bemerkung gewesen wäre. Oder maß sie ihr zu viel Bedeutung bei?
Doch davon abgesehen wäre es eigentlich unsinnig, nach sechs Monaten noch einmal umzuziehen. Sie müsste eine Kaution zahlen, sich einen Möbelspediteur nehmen und hätte die ganze Arbeit und alle Ausgaben gleich zweimal innerhalb eines halben Jahres. Dennoch war sie neugierig auf das Apartment. Jake hatte sich so viel Mühe damit gegeben, sie von der Einmaligkeit zu überzeugen, dass sie wissen wollte, warum.
Sie dirigierte ihn nach dem Stadtplan durch Sydney, und schon bald fuhren sie den Hügel hinunter nach Balmoral Beach. Der Anblick, der sich ihnen bot, war fantastisch. Das Wasser war leuchtend blau, und viele kleine Jachten lagen vor Anker in der malerischen Bucht. Der weite Sandstrand wurde von gepflegten Rasenflächen, wunderschönen Bäumen und Promenaden gesäumt.
Dieser Küstenabschnitt wirkte ruhig und exklusiv, ganz anders als der breite Strand von Bondi, der Menschenmassen anzog und meist überfüllt war. Amy war sehr beeindruckt und wünschte, sie hätte Zeit, sich alles in Ruhe anzusehen. Sie nahm sich vor, einmal allein herzukommen. Nachdem Steve
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