Julia Bestseller Band 146
lässt, Enrico“, sagte sie im Flüsterton, als die Verbindung hergestellt war. „Mein Sohn ist nicht dein Sohn, also kannst du Fredo von der Krippe abziehen.“
„Warum flüsterst du?“
„Um zu vermeiden, dass die halbe Belegschaft mithört“, antwortete sie mit bebender Stimme. „Tu mir das nicht an, Enrico. Du kannst nicht einfach so in mein Leben platzen und es bestimmen wollen. Du kannst nicht …“
In diesem Moment klopfte jemand an die Tür. „Alles in Ordnung mit Ihnen? Sie sind schon eine Ewigkeit da drinnen.“
„Wo bist du?“, fragte Enrico barsch.
„Auf dem WC“, erklärte Freya ungehalten. „Da war ich nämlich, als die fünf Minuten um waren.“
Enrico war fassungslos. „Du telefonierst mit mir, während du dich dort befindest?“
„Ich habe nur zehn Minuten Kaffeepause. Da muss ich so viel wie möglich unter einen Hut bringen.“
Als keine Reaktion kam, fügte sie flehend hinzu: „Bitte zieh Fredo zurück, Enrico. Er schüchtert die Kinder ein.“
„Zieh deinen Slip hoch, und finde dich in fünf Minuten in meinem Büro ein! Und lass mich nicht warten, oder du kannst was erleben!“
Dann war die Verbindung unterbrochen.
Freya hatte das Gefühl, bereits die Kontrolle über ihr Leben verloren zu haben. Unterdrückt fluchend verstaute sie das Handy in der Handtasche, stand auf, richtete ihre Kleidung und öffnete die Tür.
Sie sah sich mit neugierigen Blicken konfrontiert. Die Kolleginnen, die sie erkannten, starrten sie neugierig an, denn sie hatten alle gehört, was im Foyer passiert war.
„Kennen Sie ihn?“, fragte eine, als Freya sich die Hände wusch.
„Nein“, antwortete sie abweisend und wünschte sich, es wäre die Wahrheit.
„Ist er hinter Ihnen her? Hat der unwiderstehliche Enrico Ranieri ein Auge auf Sie geworfen, und Sie haben ihm die kalte Schulter gezeigt? War er deshalb vorhin so wütend?“
War er wütend gewesen?
„In seinem Blick spiegelte sich kalte Wut“, behauptete eine andere Kollegin.
Freya trocknete sich die Hände und stellte sich Enrico bei einem seiner häufigen Wutausbrüche vor. Davon hatte sie während ihres Zusammenlebens mit ihm genug erlebt. Einerseits war er ein heißblütiger Italiener, andererseits kühl, klug und kultiviert. Wenn er wütend war, konnte er ausgesprochen temperamentvoll sein. Manchmal äußerte die Wut sich aber auch in eiskaltem Zorn.
Wieder begann Freya zu beben, denn gleich würde er seine Wut an ihr auslassen.
„Hat er sich an Ihrem kleinen Sohn gestört?“, wollte eine weitere Kollegin wissen und fügte ängstlich hinzu: „Wenn er keine Kinder mag und die Krippe schließt, weiß ich nicht, wie ich …“
„Keine Sorge, so vorsintflutlich denkt er nicht.“
„Ach, dann kennen Sie ihn also doch?“
„Nein.“ Doch sie errötete und verriet sich dadurch.
„Als er Sie gesehen hat, ist er wie vom Donner gerührt stehen geblieben. Ich habe es genau gesehen. Wahrscheinlich hätte er Ihnen am liebsten den Hals umgedreht.“
Das Gefühl hatte Freya ebenfalls gehabt. „Entschuldigung, ich muss jetzt los, meine Pause ist vorbei.“
Hoffentlich gefällt es dir, was du da angerichtet hast, Enrico, dachte sie wütend, als sie auf den Lift wartete.
Doch Enrico gefiel das alles überhaupt nicht. Er hatte sich in seinem Chefsessel zurückgelehnt und konnte sich lebhaft die Situation vorstellen, in der Freya sich befunden hatte und die sie ihm gerade schilderte.
Es bedurfte keiner großen Vorstellungskraft, denn er hatte sie oft genug in der Position gesehen. Allerdings war sie meistens nackt gewesen, und er hatte vor ihr gestanden und sich von ihr verwöhnen lassen.
Allein das Bild erregte ihn. Er erinnerte sich, wie er auf ihre Liebkosungen reagiert hatte, und sprang auf – wütend, dass er noch immer so heftig auf die Frau reagierte, die ihn eigentlich hätte kaltlassen müssen.
Doch das Gegenteil war der Fall. Enrico sah aus dem Fenster und versuchte, seine Erregung unter Kontrolle zu bringen.
Freya war so unschuldig gewesen, als er sie kennengelernt hatte. Sie hatte schockiert auf seine Bitte reagiert, ihn mit dem Mund zu verwöhnen. Gegen Ende ihrer Beziehung hatte sie das meisterlich beherrscht, und er hatte sich nach ihrer Trennung nie wieder auf diese Weise stimulieren lassen.
„Dio“ , murmelte er wütend. Freya war in vielerlei Hinsicht so begabt gewesen, dass allein ihr Anblick genügte, um sein Begehren zu wecken. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihre Talente auch bei
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