Julia Collection Band 09
hier war, und konnte es kaum erwarten, bis der Abend endlich zu Ende war. Bis jetzt schien jeder Reiter ein zahmes Tier gelost zu haben. Sobald der Signalton kam, gab der Bulle auf und trottete friedlich aus der Arena hinaus und in seinen Stall.
Aber nach den ersten paar Ritten ging die Hölle los. Beginnend mit dem Stier von Mitch, brach jeder einzelne wie ein Wirbelsturm aus dem Gang heraus. Und sobald der Reiter abgeworfen worden war oder selbst abstieg, wirbelte das Tier herum und jagte ihn mit Mordlust in den blutunterlaufenen Augen. Das hielt Burt gehörig bei der Stange und lenkte ihn ein wenig von Annie ab.
Sein Adrenalinspiegel war auf dem höchsten Pegel, als Curtis’ Name gerufen wurde, und Burt wusste sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, als sein Bruder abzusteigen versuchte. Er dankte dem Himmel, dass er größer war als die meisten Stierkämpfer, rannte vorwärts, beugte sich über den wütenden Stier und befreite Curtis’ Hand vom Seil. Er musste es mehrere Male versuchen, aber dank seiner einsneunzig schaffte Burt es schließlich, Curtis freizubekommen.
Als Curtis sich hinter den Gängen in Sicherheit brachte, stieß Burt sich vom tobenden Tier ab, aber der Stier wirbelte so schnell herum, dass Burt ihm nicht ausweichen konnte. Er konnte nur hilflos mit ansehen, wie er den mächtigen Kopf senkte, und wusste, dass es kein Entkommen für ihn gab.
Fünf Minuten nachdem er wie eine Stoffpuppe im hohen Bogen durch die Luft geflogen war, fand Burt sich auf einem Untersuchungstisch im Trainingsraum wieder und beantwortete Fragen darüber, wo es ihm wehtat und wie sehr. „Ich habe dir doch gesagt, es geht mir gut“, sagte er zum dritten Mal. „Und jetzt lass mich gehen, damit ich meinen Job erledigen kann.“
„Du kennst die Anweisungen“, erwiderte Ben Wallace, der Sanitäter, ruhig. „Wenn du das Bewusstsein verlierst, muss erst eine eingehende Untersuchung folgen.“
„Ach was. Ich habe nur ganz kurz die Augen zugemacht“, wandte Burt ein und fing an, sich aufzusetzen. „Es hat ganze dreißig Sekunden gedauert, höchstens eine Minute.“
„Burt, hör auf, dich mit dem Mann zu streiten, und lass ihn seinen Job erledigen.“
Burts Herz klopfte bis zum Hals, als er die vertraute weibliche Stimme hörte. Hatte er plötzlich Halluzinationen? Hatte er doch eine schwerere Gehirnerschütterung erlitten, als er geglaubt hatte?
Er stützte sich auf einen Ellbogen und sah sich unruhig um. Dann entdeckte er die Frau an der Tür. Sie trug einen schwarzen Cowboyhut, Jeans, ein knallrosa Westernhemd und ein Paar ziemlich neu aussehender Cowboystiefel.
Himmel, sah sie gut aus.
„Annie. Das warst also doch du zusammen mit Kaylee, was?“, fragte er und war plötzlich sehr verlegen. Er war nicht gerade begeistert davon, dass sie ihn so sah – flach auf einem Tisch liegend, das Gesicht voller Schminke und Schmutz.
„Du hast uns gesehen?“, fragte sie und kam herüber.
„Ja, etwa drei Sekunden lang, bevor mir die beiden Spinner auflauerten“, meinte er gereizt.
„Kaylee hat Curtis und Mitch genaue Anweisungen gegeben, falls du herauskamst, bevor wir unsere Plätze erreichten.“
„Du meinst, sie wussten, dass du hier bist, und haben es mir nicht gesagt?“, fragte er empört. Er würde seinen kleinen Bruder erwürgen.
Sie schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wichtig, Burt. Ich bin nicht hier, um irgendwelche Spielchen zu spielen. Ich habe dir etwas Wichtiges zu sagen, und du wirst mir gefälligst zuhören, Cowboy.“
Burt hatte Annie noch nie so entschlossen erlebt. Er saß am Rand des Untersuchungstischs und wollte schon die Füße auf den Boden stellen, aber sie hielt ihn davon ab, indem sie sich dicht vor ihn zwischen seine Knie schob.
„Ich denke nicht, dass das der günstigste Zeitpunkt ist, Kleines.“
„Ich schon.“ Sie wandte sich lächelnd an den Sanitäter. „Ich denke, dieser nette Mann wird zustimmen, dass deine Verletzungen zu ernst sind, als dass er dir erlauben könnte, wegzugehen, bevor du mich angehört hast.“
„Stimmt genau“, sagte Ben grinsend.
Burt sah ihn finster an. „Tu mir einen Gefallen, Ben, ja? Hilf mir nicht.“
Lachend ging Ben zur Tür. „Ich gucke mir am besten den Rest der Veranstaltung an.“
Sobald sie allein waren, wandte sich Annie wieder Burt zu. „Weißt du, ich habe die Leute satt, die mir ständig sagen wollen, was für mich das Beste ist.“ Sie stieß mit dem Finger gegen sein buntes Hemd. „Ich kann sehr gut allein
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