JULIA COLLECTION Band 10
Kopf. „Das hätte ich nicht sagen sollen“, erklärte er dabei bedauernd. „Das war wirklich dumm von mir.“
„Nein“, stieß Renée unter Tränen hervor, „es war sehr schön.“ Und dann weinte sie sich erst einmal richtig aus.
Rico ließ sie gewähren und streichelte ihr dabei nur beruhigend den Rücken. „Ich weiß nicht, wie es dir geht“, sagte er schließlich, „aber ich könnte jetzt etwas zu essen gebrauchen. Meinst du, im Restaurant haben sie unser Essen warm gehalten?“
„Warum gehen wir nicht einfach zu mir?“, antwortete Renée mit einer Gegenfrage. Dabei sah sie ihn mit ihren immer noch schönen, wenn auch rot geränderten Augen an. „Meine Kühltruhe ist voll mit Fertiggerichten, die wir nur in die Mikrowelle zu stellen brauchen. Und dabei handelt es sich nicht um Tiefkühlkost aus dem Supermarkt. Ich habe alles selbst gekocht und portionsweise eingefroren.“
„Hört sich großartig an.“ Nur mit Mühe konnte Rico sein Erstaunen verbergen, dass Renée überhaupt für sich kochte.
Ihr Zuhause hielt dann noch weitere Überraschungen für ihn bereit. Es war sehr behaglich mit Landhausmöbeln eingerichtet. Dabei hatte Rico mit Antiquitäten oder diesem kalten minimalistischen Mobiliar gerechnet, das immer in schicken Wohnzeitungen abgebildet wurde. Aber von wegen, da saß er nun auf einem Sofa mit Blumenmuster und ließ sich Renées Thaihühnchen mit Glasnudeln schmecken. Dazu gab es grünen Tee.
„Du hast ja keine Ahnung, wie gern ich esse, was andere Leute gekocht haben.“
„Und du hast keine Ahnung, wie gern ich es sehe, wenn jemandem mein Essen schmeckt“, erwiderte Renée. „Sonst sitze ich immer allein am Tisch.“
Interessant, dachte Rico und aß weiter. Er wusste so wenig über Renée. „Warum hast du einen Mann geheiratet, der so viel älter war als du?“, fragte er schließlich. „Und bitte komm mir nicht mit irgendeiner Ausrede. Ich will die Wahrheit hören.“
„Die Wahrheit …“, wiederholte Renée langsam und sah ihn bedauernd an, während sie sich zurücklehnte, „… die Wahrheit ist, dass du heute Abend wirklich ganz besonders neugierig bist. Aber vielleicht ist es inzwischen an der Zeit, dass ich dir von Jo erzähle. Er hat mich geliebt und wollte keine Kinder, deshalb habe ich ihn geheiratet.“
Erschrockener hätte Rico nicht sein können.
„Es hatte absolut nichts mit seinem Geld zu tun“, fügte sie nun hinzu.
Rico nickte. „Okay, ich glaube dir. Aber warum wolltest du keine Kinder haben?“
„Das habe ich nicht gesagt. Jo wollte keine.“
„Entschuldige, ich glaube, ich bin ein bisschen durcheinander.“
„Ich erzähle dir das auch nur, weil ich mir denken kann, worauf das Ganze hinausläuft. Die Wahrheit ist, dass ich keine Kinder bekommen kann, Rico.“
Das traf ihn wie ein Hammerschlag und machte all seine Pläne zunichte. Wie sollte Renée so Mutter seiner Kinder werden? „Wie … wie lange weißt du das schon?“, fragte er schließlich mit hängenden Schultern.
„Seit ich sechsundzwanzig bin. Ich hatte eine doppelte Eileiterschwangerschaft: Zwillinge. Es gab Komplikationen, und schließlich bekam ich eine Blutvergiftung. Nach der Operation, die mir das Leben rettete, hat man mir die vermeintlich gute Neuigkeit überbracht.“
Rico wusste nicht, was er sagen sollte. Natürlich war ihm bewusst, dass Renée hinter ihren sarkastischen Bemerkungen nur ihren Schmerz verbarg. Er sah es an ihren Augen. Offenbar hatte man ihr bei der Operation die Eierstöcke entfernt. Was für eine niederschmetternde Mitteilung für eine Frau Mitte zwanzig! Aber das erklärte vieles. Ihre Ehe mit Joseph Selinsky, ihr Entschluss, nachdem sie Witwe geworden war, keine weitere Beziehung mehr einzugehen, und ihre Weigerung, über Liebe zu sprechen.
„Roberto war der Vater, stimmt’s?“
„Wie bist du darauf gekommen?“
„Das war nicht schwierig. Deine Abneigung Männern italienischer Abstammung gegenüber lässt sich mit einer einfachen Trennung nicht erklären. Er hat dich nach dieser Operation verlassen, habe ich recht?“
„Nein, nein, dazu war Roberto viel zu selbstsüchtig. Er gab vor mitzufühlen, sagte mir, es sei nicht so schlimm und dass er immer noch total vernarrt in mich sei und wir trotzdem heiraten würden. Natürlich hat er auch weiterhin mit mir geschlafen. Doch er fing an, Model-Aufträge in Übersee anzunehmen. Etwa um die gleiche Zeit begann ich mit meiner Agentur und fand durch meine Geschäftskontakte bald heraus, dass
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