JULIA COLLECTION Band 10
ich gar nicht“, widersprach Charmaine ein wenig beschämt, weil sie sich hatte kaufen lassen. „Die Leute denken immer, der Ruhm würde einen zu etwas Besonderem machen, aber das stimmt nicht.“
„Oh, das weiß ich doch, meine Liebe. Ich meinte damit auch nicht Ihre Karriere oder Ihre Schönheit, sondern Sie als Menschen. Sie sind wirklich liebenswert und trotz Ihres Berufs natürlich geblieben. Genau so eine Frau braucht Ali, damit sie ihn aus dem Schneckenhäuschen holt, in das er sich gelegentlichzurückzieht. Aber heute Morgenbeim Frühstück hat er regelrecht gestrahlt.“ Erneut warf sie Charmaine einen verschwörerischen Blick zu, und beinah wäre Charmaine errötet.
„Das höre ich gern“, sagte sie dann aber und dachte, diese Frau ist unverbesserlich.
Cleo lachte. „Sie ziehen es wohl vor, sich bedeckt zu halten, hm? Cleveres Mädchen! Ich schicke Ali zu Ihnen, wenn er zurückkommt. Vorm Lunch duscht er meist noch einmal und zieht sich um.“
„Ich möchte lieber nicht hier auf ihn warten. Dann würde ich nur hier herumsitzen und Däumchen drehen. Ich brauche höchstens eine halbe Stunde, um mich fertig zu machen. Wenn ich angezogen bin, komme ich zu Ihnen in die Küche und helfe beim Kochen.“
Cleo blinzelte erstaunt. „Sie sind wirklich eine ganz ungewöhnliche junge Frau. Aber gegen ein bisschen Hilfe habe ich nichts einzuwenden. Also, Sie finden mich dann in der Küche.“
„Den Weg sollten Sie mir lieber beschreiben, sonst verlaufe ich mich noch.“
„Aber nein. Das Haus ist zwar groß, hat aber einen einfachen Grundriss: Er ist wie ein T geformt. Hier befinden Sie sich sozusagen am Fuß des Buchstabens.“
„Ich verstehe.“
„Also, Sie gehen einfach den Flur entlang zurück, bis Sie in die Eingangshalle kommen. Dann wenden Sie sich nach links. Die Küche befindet sich hinter der zweiten Tür rechts.“
„Ich glaube, das finde ich.“
„Eins noch, bitte machen Sie nicht selbst das Bett. Ein junges Mädchen hilft mir bei den Zimmern und mit der Wäsche. Es soll ruhig ein bisschen zu tun haben.“
Nachdem Cleo gegangen war, stürzte Charmaine ihren Kaffee hinunter und genehmigte sich noch ein Croissant, bevor sie sich anzog. Da sie erklärt hatte, keine eingebildete Pute zu sein, die stundenlang brauchte, um sich zurechtzumachen, musste sie sich jetzt auch danach verhalten. Doch selbst das brauchte seine Zeit, besonders wenn einem das Haar bis zu den Hüften reichte. Am Ende flocht Charmaine es einfach und schlüpfte in weiße Jeans. Dazu wählte sie eine weiße Weste, deren Ausschnitt nicht zu tief war. Sie zog flache, bequeme Schuhe an und beschränkte ihr Make-up auf ein wenig Rouge und roséfarbenen Lippenstift. Parfüm sparte sie sich für den Abend.
Auf dem Weg in die Küche fielen ihr zum ersten Mal die zahlreichen Ölgemälde an den Wänden des Korridors auf. Deren verschiedene Stilrichtungen reichten von supermodern über abstrakt bis hin zu traditionell – zweifellos waren alles Originale, und jedes stellte ein Vermögen dar.
Die Küche war so groß und gut ausgestattet, wie man sich einen Haushalt eines Prinzen vorstellte. Große Fenster gingen auf die mit Terrakottafliesen ausgelegte Terrasse und den riesigen Swimmingpool, dessen Wasser genauso blau wirkte wie der wolkenlose Himmel darüber. Am anderen Ende des Pools befand sich ein Pavillon, von dem man einen Rundumblick auf das gesamte Anwesen hatte.
In dem Pavillon, erklärte Cleo, würde sie für Charmaine und Ali den Lunch bereitstellen, auf einem Marmortisch, so wie es sich für einen Prinzen und seine Herzdame gehörte. Auch diesmal stritt Charmaine nicht ab, diese Position bei Ali einzunehmen. Seine Haushälterin würde ihr sowieso nicht glauben.
Am Ende hatte Charmaine bei der Vorbereitung des Mittagessens gar nicht so viel zu tun. Cleo bat sie hin und wieder, etwas zu holen oder wegzustellen. Aber das war es dann auch.
Noch bevor Ali erschien, verkündete die Haushälterin, er würde gleich da sein und im Augenblick duschen. Woher sie das wusste, konnte Charmaine nur ahnen. Vielleicht hörte sie das Wasser in den Leitungen rauschen. Auf jeden Fall bat Cleo sie, schon einmal am Pool Platz zu nehmen.
Charmaine entschied sich allerdings für die Sitzgruppe im Pavillon. Als Ali auftauchte, war sie froh darüber. Im Schatten des Pavillons sah man ihre Reaktion nicht. Früher hatte sie immer ungläubig den Kopf geschüttelt, wenn Frauen behaupteten, ein Mann würde ihnen den Atem nehmen. Aber genau das
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