JULIA COLLECTION Band 10
Freitagabend wie auf glühenden Kohlen saß, weil er sich nach Renée verzehrte? Charles hatte schon vor einiger Zeit darauf angespielt, aber er war ja auch sein bester Freund und wurde von ihm häufig ins Vertrauen gezogen.
Wieder einmal war es Renée gelungen, ihn in seiner Ehre zu treffen. Am liebsten hätte Rico sie böse angefunkelt, aber er durfte sich nichts anmerken lassen, auch wenn ihm das nie so gut gelang wie ihr. Während sein Herz wie wild schlug, schwor er sich, sie dafür bezahlen zu lassen – und er wusste auch schon, wie.
Noch bevor sie den Umschlag öffnete, war ihm klar, welche Reaktion er von ihr zu erwarten hatte: keinerlei Anzeichen von Schock oder Verärgerung. Sie würde ihren Stolz unter allen Umständen bewahren. Seiner interessierte sie dabei überhaupt nicht.
„So, so!“ Mehr sagte sie nicht und zog eine Augenbraue hoch wie immer, bevor sie eine ihrer spöttischen Bemerkungen machte. „Ich bin überrascht, Rico. Wenn das alles ist, hättest du mich doch nur zu fragen brauchen und nicht eine Jahrhundertchance damit vertun müssen.“
Rico biss die Zähne zusammen. „Soll das heißen, du hättest Ja gesagt, wenn ich dich darum gebeten hätte?“
„Worum denn?“, wollte Charles wissen. „Oder dürfen wir das nicht erfahren?“
„Natürlich dürft ihr es wissen“, beschwichtigte ihn Renée. „Da gibt es nichts zu verheimlichen. Rico will nur mit mir ausgehen.“
Rico war erstaunt. Eigentlich hatte er erwartet, sie würde ihn bloßstellen. Aber dann dämmerte ihm, was sie damit wirklich bezweckte. Natürlich! Mit dieser Antwort schützte sie nur ihren eigenen Stolz. Die anderen sollten nicht wissen, wozu sie die kommenden vier Wochen verpflichtet war.
„Aber das ergibt doch überhaupt keinen Sinn“, sagte Charles mehr als erstaunt. „Wenn du mit Renée ausgehen wolltest, warum hast du sie dann nicht einfach gefragt, so wie sie gesagt hat?“
„Weil er nicht das Risiko einer abschlägigen Antwort eingehen wollte“, erklärte Ali. „Kein Mann hört gern ein Nein.“
„Renée hätte seine Einladung nicht abgeschlagen“, stellte Charles im Brustton der Überzeugung fest. „Nicht wahr, Renée?“
„Selbstverständlich nicht, Charles“, antwortete Renée in dem leicht spöttischen Ton, den Rico nur zu gut kannte. „Ricos Charme hätte ich auf keinen Fall widerstehen können.“
„Ich habe sie schon früher eingeladen“, stieß Rico zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Nur zu Familientreffen“, erwiderte sie. „Nicht zu einem Tête-à-Tête.“ Ihre Blicke begegneten sich, und Rico hätte schwören können, dass er in ihrem ein Glitzern der Vorfreu de entdeckte. Aber nein, da musste er sich irren. Sie konnte doch unmöglich mit ihm schlafen wollen. Na gut, letzten Sonntag hatte sie ihn als attraktiv bezeichnet, ihm aber auch ganz deutlich gemacht, dass sie ihn nicht leiden könne. Er sei bestimmt der letzte Mann auf der Welt, den sie sich freiwillig zum Liebhaber nehmen würde.
„Dominique wird ganz aus dem Häuschen sein, wenn ich ihr davon erzähle“, meinte nun Charles mit einem zufriedenen Lächeln. „In Zukunft könnt ihr unsere Einladungen zum Dinner nicht mehr ausschlagen.“
„Renée und ich gehen nur ein paarmal zusammen aus, Charles“, wandte Rico ein, „um festzustellen, ob wir miteinander auskommen.“
„Aber eine gemeinsame Einladung zum Abendessen werden wir doch wohl annehmen können“, meinte da Renée völlig überraschend. „Ich habe sowieso ein schlechtes Gewissen, dass ich Dominique letztes Mal absagen musste. Sie soll mich anrufen, Charles, dann machen wir etwas aus.“
Rico rang sich ein Lächeln ab, während er insgeheim kochte. Er wollte mit Renée nicht als Paar auftreten, höchstens in schummrigen Cocktailbars, wo sie sich auch so kleiden konnte, wie er es von einer Geliebten erwartete. Er wollte auch nicht den Gentleman spielen müssen und sich später anhören, wo er seine Freundin gelassen habe. Aber er würde schon noch einen Ausweg aus dieser Dinner-Einladung finden.
„James hat den Imbiss vorbereitet“, verkündete Ali und erhob sich, um zum Couchtisch zu gehen, wo bereits Sandwichplatten, Kuchenstückchen und Kaffee angerichtet waren. In der Regel dauerte ihre Essenspause kaum länger als eine halbe Stunde, und Renée benutzte die letzten zehn Minuten, um auf dem Balkon zu rauchen. Eine Gewohnheit, die noch aus ihrer Zeit als Model stammte. Mit dem Rauchen hatte sie ihr Gewicht gehalten. Mittlerweile
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