JULIA COLLECTION Band 10
heiraten will. Dann hätte ich beides gehabt: Sex und die Ehe mit ihr.“
Rico lachte wieder. „Wie ich sehe, bist du noch nicht ganz so vertraut mit den Gepflogenheiten der westlichen Welt. Wenn man hier verheiratet ist, bedeutet das noch lange nicht, dass man unbeschränktes Zugriffsrecht auf den Körper seiner Frau hat.“
„Warum dann heiraten?“, fragte Ali erstaunt.
„Eben. Du hast vielleicht schon bemerkt, dass sich immer weniger australische Männer darum reißen, vor den Traualtar zu treten.“
Ali schüttelte den Kopf. „Eine traurige Situation, wenn ein Mann nicht nach Lust und Laune mit seiner Frau schlafen kann. War das womöglich das Problem mit deiner ersten Frau?“
„Nein.“
„Das habe ich auch nicht erwartet. Aber wenn ich dir noch einen Rat geben darf, mein Freund: Solltest du herausfinden, dass Renées Beweggrund nicht das Geld war, und du willst sie immer noch heiraten, versuch sie zu schwängern.“
„Sie kann mich nicht ausstehen. Außerdem will ich sie doch gar nicht heiraten.“
Diesen Einwand überhörte Ali geflissentlich. „Wenn ein Baby unterwegs ist, ändert das oft schlagartig die Einstellung einer Frau.“
„Hm, das wäre eine Überlegung wert. Aber wie soll ich Renée daran hindern, die Pille zu nehmen?“
Ali zuckte die Schultern.
„Ja, ja, ich weiß, du an meiner Stelle würdest sie auf eine einsame Insel entführen, wo es keine Apotheken gibt und man nichts tun kann, als miteinander zu schlafen.“
Eigentlich kein schlechter Einfall! Rico war fast versucht, ihn in die Tat umzusetzen, wäre er nicht sicher gewesen, dass Renée ihn anschließend wegen Entführung und sexueller Belästigung verklagen würde.
Ali lächelte. „So etwas hätte ich fast schon einmal getan, aber jetzt gebe ich mich mit vorübergehenden Freuden zufrieden, wenn es um Frauen geht. Ich schlage vor, du tust das Gleiche mit der ‚lustigen Witwe‘. Genieße sie für den nächsten Monat, und dann lass sie fallen.“
„Das könnte aber bedeuten, dass auch unsere Pokerabende beendet sind“, gab Rico zu bedenken.
Ali zuckte die Schultern. „Alle guten Dinge enden einmal, mein Freund. Aber über ungelegte Eier sollte man sich keine Gedanken machen. Eine gute Lebensphilosophie, findest du nicht?“
Nein, das fand Rico nicht. Er wusste immer gern, was auf ihn zukam, dann konnte er rechtzeitig reagieren, anstatt untätig abzuwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
9. KAPITEL
Nachdem Rico das Hotel verlassen hatte und zu seinem Penthaus in der City gelaufen war, rief er erst einmal die Privatdetektei an. Er musste unbedingt wissen, woran er bei Renée war, sowohl was ihre Finanzen als auch ihr bisheriges Sexualleben betraf. Renée persönlich danach zu fragen wäre wenig sinnvoll gewesen. Sie hätte ihm wohl kaum die Wahrheit gesagt.
Keith, der Chef der Detektei, versicherte Rico, dass er ihn bis zum Ende der kommenden Woche über Mrs. Selinskys Finanzen aufklären könne. Zum Erlangen der darüber hinausgehenden Information bräuchte er allerdings einige Wochen. „Derartige Erkundigungen nehmen viel Zeit in Anspruch, Mr. Mandretti, besonders wenn der Betroffene nichts davon erfahren soll.“
Schließlich legte Rico zufrieden den Hörer auf. Endlich hatte er Renée betreffend einmal seine Vernunft walten lassen. Ali irrte sich. Er war nicht über beide Ohren in sie verliebt, sondern fühlte sich nur sexuell besonders zu ihr hingezogen. Hoffentlich ließ sich das kurieren, bevor sich sein Begehren tatsächlich in Liebe verwandelte.
Auf jeden Fall musste er sich davor hüten, ihr in die Falle zu gehen. Dass sie sich auf diesem Zettel die Ehe von ihm gewünscht hatte, hatte ihn kurzzeitig ein wenig aus der Bahn geworfen. Aber wahrscheinlich war es nicht ernst gemeint gewesen. Das hoffte er zumindest. Leise lachend betrat er das Wohnzimmer und öffnete die Glasschiebetür, die auf die sonnenüberflutete Terrasse führte. Über die Terrakottaplatten ging er dann am Pool vorbei zum Geländer. Rico hatte das Penthaus von Anfang an gemocht, sowohl was seine Einrichtung als auch seine zentrale Lage betraf. In Sydney gab es nicht viele Apartments direkt am Hafen, von denen aus man so viele Sehenswürdigkeiten im Blick hatte: das Opernhaus mit dem kühn geschwungenen weißen Dach, die Harbour Bridge mit ihrem über fünfhundert Meter langen, den Hafen überspannenden Bogen, die Rocks, das charmante Altstadtviertel, und natürlich die City selbst.
Rico bewunderte gerade wieder einmal den
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