JULIA COLLECTION Band 11
Leben verändert hatte.
Nun ging sie einem richtigen Beruf nach, in dem sie erstaunlich gute Leistungen erbrachte. Ihr Vermögen stieg beständig, sodass sie nie wieder mit finanziellen Schwierigkeiten rechnen und sich nicht mehr sorgen musste, ob sie eine Hypothek bezahlen oder ihr Auto reparieren lassen konnte, das sie sich gleich nach Erhalt der Erbschaft zugelegt hatte. Aus alter Gewohnheit hatte sie zwar ein sportliches, aber billiges Modell gewählt. Allerdings hatte sie für diese Reise keine Kosten gescheut und sich einen Flug in der ersten Klasse gegönnt.
Neugierig und staunend bestieg sie den Jumbojet und folgte einer hübschen Stewardess in die Kabine, in der bereits einige wenige Passagiere saßen. Ein großer, gut aussehender Mann mit kunstvoll zerzausten Haaren hatte es sich mit einer Zeitung in der einen und einem Glas Rotwein in der anderen Hand bequem gemacht. Alles an ihm schrie nach Geld, von dem meisterhaften Schnitt seines teuren Anzugs über die italienische Lederaktentasche zu seinen Füßen bis hin zu seiner nonchalanten, selbstsicheren Haltung. Als Avis an ihren Platz geführt wurde, blickte er auf und musterte sie mit überraschend dunklen Augen. Ihre Haut prickelte wie elektrisiert. Er lächelte vage, bevor er sich wieder in seine Lektüre vertiefte.
Die Stewardess blieb neben einem bequemen Ledersitz stehen. „Der Platz neben Ihnen bleibt frei. Sie können sich also gern ans Fenster setzen, wenn Sie möchten.“
Avis lächelte. „Danke.“
Die Stewardess wandte sich ab, trat zu dem dunkeläugigen Fremden und fragte eifrig bemüht: „Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Mr. Tyrone?“
Mit tiefer, kultivierter Stimme, die einen leichten Akzent aufwies, entgegnete er: „Danke, nein.“
„Es ist mir ein Vergnügen, Sir. Klingeln Sie, wenn Sie irgendetwas brauchen.“
Er hob sein Glas als Antwort und beobachtete, wie die gertenschlanke Blondine mit wiegenden Hüften den Gang entlang schwebte.
Avis zog eine Augenbraue hoch. Anscheinend waren manche Passagiere erstklassiger als andere. Nun, dieser Mann war ja auch attraktiv. Extrem attraktiv.
Sie schüttelte den Kopf über ihre abtrünnigen Gedanken, während sie ihr Handgepäck verstaute. Den Laptop verfrachtete sie auf den Sitz am Gang, die Handtasche in das Gepäcknetz vor sich und den Mantel auf die Armlehne. Dann setzte sie sich ans Fenster.
Die Stewardess kehrte mit einem Kopfkissen und einer Decke als Ersatz für den Mantel zurück, den sie an eine Garderobe zu hängen versprach. Avis lehnte sich zurück, um auf den Start zu warten. Sie atmete tief durch, entspannte sich und verspürte eine ungeahnte Hochstimmung. Trotz aller Nackenschläge, die ihr das Leben bisher ausgeteilt hatte, war sie nun überzeugt, eine gute Entscheidung getroffen zu haben und in diesem Moment genau an dem Ort zu sein, an dem sie sein sollte. War es möglich, dass sie sich diesmal tatsächlich auf dem richtigen Pfad befand?
Auch wenn vergangene Erfahrungen dagegen sprachen, hatte sie sich ihre Hoffnung bewahrt. Sie lehnte den Kopf zurück und genoss den Augenblick.
Der Adonis auf der anderen Seite des Ganges legte die Zeitung nieder, beugte sich vor und sagte mit seiner tiefen Stimme: „Sie fliegen gern.“
Sie drehte ihm den Kopf zu und lächelte höflich. „Ich nehme es an.“
Seine dunklen Augen funkelten. „Sie sind noch nie geflogen?“
„Nein.“ Sie wandte sich ab, denn die Ablenkung ihrer Sinne von der bevorstehenden Erfahrung war ihr unliebsam. Sie schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte erneut, jenen seltenen Augenblick der Zufriedenheit einzufangen. Bevor es ihr gelang, ertönten die großen Maschinen des Jets. Ihr Herz begann vor Aufregung zu pochen, und sie umklammerte die Armlehnen. Dann hörte sie klickende Geräusche um sich her. Sie öffnete die Augen und erkannte, dass die anderen Passagiere ihre Sicherheitsgurte schlossen. Sie tat es ihnen gleich und zwang sich, die Armlehnen nicht wieder zu umklammern.
Eine Ankündigung ertönte über Lautsprecher, von der Avis nur die Worte „Start“ und „neun Stunden“ verstand. Dann lenkten die Stewardessen die Aufmerksamkeit auf die Bildschirme, die in gewissen Abständen aus den Gepäckfächern über den Köpfen der Passagiere ausgefahren wurden. Ein Video über Sicherheitsvorkehrungen wurde abgespielt, aber Avis konnte sich kaum darauf konzentrieren, da das Flugzeug vom Terminal wegzurollen begann. Voller Vorfreude und beinahe kindlicher Begeisterung beugte sie
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