JULIA COLLECTION Band 11
sehr bedrängte.
11. KAPITEL
Avis hatte sich fest vorgenommen, nicht zu träumen, aber das Unterbewusstsein hörte nicht auf die Vernunft. Es war ein süßer Traum, der ihr die Illusion von zärtlicher Zuneigung, sanften Lippen auf der Stirn und dem köstlichen Aroma von Kaffee vorgaukelte. Sie träumte von London.
„Komm schon, Schlafmütze, dein Frühstück wird kalt.“
„Mm.“
„Mach deine hübschen Augen auf.“
Sie gehorchte und stellte fest, dass sie gar nicht träumte. Lucien lächelte sie an. „Guten Morgen, Sonnenschein.“
Sie erwiderte sein Lächeln. Dann wurde ihr bewusst, dass sie gar nicht in London war, sondern zu Hause. „Was tust du denn in meinem Schlafzimmer?“
Er stand von der Bettkante auf und stellte ihr ein Tablett auf den Schoß. „Es ist nur Milchreis mit Dosenobst, aber es wird dir genug Kraft geben, um mich zum Supermarkt zu begleiten, bevor die Arbeiter eintreffen.“
„Was für Arbeiter?“
„Zur Installation der Konferenzschaltung. Ich habe sie gestern in Auftrag gegeben.“
Sie seufzte. „Dann sollte ich mich wohl lieber anziehen.“
„Keine Eile. Wir haben Zeit zum Frühstücken.“
Sie griff nach einer Tasse und schnupperte, bevor sie den ersten Schluck nahm. Zum Teufel mit ihm. Sogar sein Kaffee war ausgezeichnet.
Er setzte sich wieder auf die Bettkante, bekleidet nur in seiner seidenen Pyjamahose, und nahm sich die andere Tasse Kaffee.
Sie versuchte, sich ganz gelassen zu geben. Als sie jedoch den Milchreis kostete, der nach Vanille und Zimt schmeckte, seufzte sie unwillkürlich und dachte, wie unfair es war. Warum musste er gut aussehend, romantisch, sexy und reich sein und dazu noch ein exzellenter Koch?
„Das ist ein wahrer Genuss“, verkündete er.
„Ja, es ist sehr lecker“, bestätigte sie.
„Nein, ich meine, hier bei dir zu sein und Zeit zu haben, in der Küche zu hantieren und nicht befürchten zu müssen, dass ich die Gefühle der Köchin verletzen oder das Hausmädchen schockieren könnte.“
„Du lässt es so klingen, als wäre es eine Last, Personal zu haben.“
„Keine Last, aber eine Verantwortung. Man muss Rücksicht nehmen. Jedes Mal, wenn ich erwäge, eines meiner Häuser zu verkaufen, muss ich bedenken, dass ich mehrere Leute um ihren Arbeitsplatz bringen würde.“
So hatte sie es noch nie betrachtet. „Sag bloß nicht, dass du alle so sehr schätzt wie Mrs. Baldwin.“
„Natürlich nicht. Hettie Baldwin ist einzigartig. Sie hat mich praktisch aufgezogen. Bis zum Tod meines Vaters war sie bei uns in San Francisco. Danach habe ich sie zurück nach London gehen lassen.“
„Gehen lassen?“
„Ich hätte sie gern bei uns behalten, aber sie wollte weg. Es ist nicht immer leicht, für meine Mutter zu arbeiten.“
„Erzähl mir von ihr.“
„Von meiner Mutter? Ich habe sie sehr lieb, und sie ist ein wahrer Segen, was meinen Sohn Nicholas angeht, aber sogar mein Vater pflegte sie mit dem Vulkan Vesuv zu vergleichen.“
Er blickte sie forschend an, so als erwartete er weitere Fragen. Aber sie sah lieber davon ab. Schweigend beendeten sie das Mahl.
Dann stand Avis auf und zog sich einen Bademantel über das Nachthemd. „Danke. Es war ein ausgezeichnetes Mahl, aber mir ist es lieber, wenn du in Zukunft von solchen Gesten absiehst.“
„Ich bemühe mich nur, ein guter Hausgast zu sein.“
Sie sandte ihm einen zweifelnden Blick zu, äußerte sich aber nicht zu seiner Bemerkung. „Lass das Geschirr einfach stehen. Ich räume es nachher weg.“ Damit verzog sie sich hastig ins Badezimmer.
Als sie ein paar Minuten später ins Schlafzimmer zurückkehrte, war Luc wider Erwarten immer noch da. Er lag mit einem Arm unter dem Kopf auf dem Bett ausgestreckt. Das Schlimmste daran war, dass er so aussah, als gehörte er dort hin.
Er setzte sich auf. „Ich habe gelogen. Ich versuche nicht, ein guter Gast zu sein. Ich will überhaupt nicht dein Gast sein. Ich will dein Geliebter sein. Was wir in London hatten, war so schön.“
Erinnerungen stürmten auf sie ein, an Augenblicke der Hingabe, der Unbekümmertheit, der Zufriedenheit. Mit ihm. Irgendetwas in ihr öffnete sich wie eine Blüte der Morgensonne.
Er zog sie auf das Bett, schlang die Arme um sie und lehnte sich mit ihr zurück. Eher durch die Stärke seines Verlangens als die Kraft seiner Arme hielt er sie an seine Brust gedrückt. Mühelos hätte sie sich ihm entwinden können, doch sie blieb liegen, blickte ihm in die dunklen, ernsten Augen, spürte sein Verlangen
Weitere Kostenlose Bücher