JULIA COLLECTION Band 11
und stieß ein Wort aus, das lieber ungehört blieb. Ein Jaulen rief ihr in Erinnerung, dass sie nicht allein war. Der Hund stand neben ihr und blickte betörend zu ihr auf. „Das ist alles deine Schuld. An anderer Leute Boiler zu schnüffeln! Schäm dich.“
Er bellte und warf sie beinahe um, als er sie mit den Vorderpfoten ansprang und ihr das Gesicht ableckte. Unwillkürlich grinste sie.
„Runter, Cato“, befahl Ian, der in diesem Augenblick mit einem roten Werkzeugkasten zurückkehrte. Der Hund sank augenblicklich auf alle viere und winselte. „Er mag Sie.“
„Ich Glückspilz“, murrte sie, aber sie tätschelte das Tier verstohlen, während sie seinem Herrchen ins Hinterzimmer folgte. „Ist es wirklich Ihr Ernst, dass ich den Boiler umhängen lassen muss? Ich habe ihn gerade erst installieren lassen.“
„Trotzdem.“ Er kniete sich vor das anstößige Gerät und öffnete den Werkzeugkasten. „Er ist nicht vorschriftgemäß angebracht worden.“
„Das ist nicht meine Schuld. Ich kenne die Vorschriften nicht.“
„Das zählt nicht. Ich kann es nicht durchgehen lassen.“
„Nur wegen zehn Zentimetern muss ich ihn umbauen lassen?“
„Entweder das, oder Sie ersetzen ihn durch ein Elektrogerät.“
„Die gewerblichen Stromkosten sind zu hoch.“
„Dann erfüllen Sie die Vorschriften.“
„Aber der Einbau hat mich schon ein Vermögen gekostet.“
„Das ist nicht mein Problem“, entgegnete er, ohne die Arbeit zu unterbrechen. „Reden Sie mit dem Klempner. Er hätte es richtig machen müssen.“
Valerie blickte ihn finster an. Verzweiflung kämpfte mit Zorn. „Das ist nicht fair.“
„Was ist daran nicht fair? Die Vorschriften gelten für alle. Bringen Sie es in Ordnung, oder ich muss Ihr Geschäft schließen.“
„Wie können Sie das tun?“
„Es ist mein Job.“ Er legte das Werkzeug zurück in den Kasten, schloss ihn und stand auf. „Sie haben zehn Tage Zeit.“ Er zwängte sich an ihr vorbei. „Ich schicke Ihnen eine offizielle Benachrichtigung. Guten Tag.“
Zehn Tage! Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Seufzend schloss sie die Augen und fragte sich, wovon sie den Umbau bezahlen sollte. Es war einfach nicht fair.
2. KAPITEL
„Ich muss eben alles ausstöpseln“, sagte Avis Lorimer und schüttelte dabei resigniert den Kopf, sodass ihre üppigen schokoladenbraunen Locken hüpften.
Sie war zweiunddreißig und seit drei Jahren verwitwet. Nach dem Tod ihres Mannes, der fast zwanzig Jahre älter gewesen war, hatte sie seinen kleinen Hobbyladen übernommen und verdiente sich dadurch einen bescheidenen Lebensunterhalt.
Nun hatte Ian Keene verfügt, dass sie entweder die elektrisch betriebenen Artikel wie Spielzeugeisenbahnen, beleuchtete Puppenstuben und Strickmaschinen ausstöpseln oder aber neue Stromkreise und Sicherungen installieren lassen musste. Dabei kümmerte es den verbissenen Inspektor nicht, dass Avis sich keine neuen Sicherungen leisten konnte und gerade die eingeschalteten Geräte Kundschaft anlockten.
„Es ist nicht fair“, murrte Valerie.
„Fair vielleicht nicht“, meinte Gwyn Dunstan und füllte die Kaffeetassen auf. „Aber er versteht sein Handwerk. Und davon abgesehen sieht er verdammt gut aus.“
Gwyn war sechsunddreißig, geschieden und zweifache Mutter. Sie schuftete tagtäglich viele Stunden in ihrem kleinen Café, stand im Morgengrauen auf, um zu backen, und schloss erst am späten Nachmittag. Die harte Arbeit hatte Spuren hinterlassen. Zum Glück hatte ihr Geschäft bei dem Brandschutzinspektor recht gut abgeschnitten. Sie musste nur einige Regale umstellen.
„Er mag gut aussehen“, räumte Sierra Carlton ein, „aber er ist total nüchtern und unbestechlich. Ich habe weiß Gott versucht, ihm schöne Augen zu machen.“ Aufreizend klimperte sie mit ihren golden getuschten Wimpern und strich sich dabei verführerisch über ihren langen roten Zopf.
Gwyn und Avis lachten, aber Valerie verspürte einen Anflug von … nun, Besorgnis musste es sein. Schließlich hatte Sierra am schlechtesten von den drei „Mädels“ im Einkaufszentrum abgeschnitten. Ian Keene hatte in ihrem Blumengeschäft zahlreiche Verstöße gegen die Brandschutzverordnung vorgefunden, und seitdem wirkte ihre von Natur aus überschäumende Persönlichkeit sehr bedrückt.
Die vier Frauen teilten sich das Einkaufszentrum mit einem Versicherungsagenten und einem Chiropraktiker, die sich als Ehemänner jedoch abseits hielten. Die „Mädels“ dagegen kamen
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