JULIA COLLECTION Band 11
täglich zusammen, wenn Gwyn das Café schloss. So konnten sie sich ungestört unterhalten und dabei ihre Geschäfte im Auge behalten.
„Das wird richtig ins Geld gehen“, betonte Valerie für den Fall, dass jemandem der Ernst der Lage entgangen sein könnte.
Sierra nickte. „Und der einzige Kunde, den ich bisher hatte, war Edwin.“
„Hat er mal wieder ein Dutzend Nelken geholt?“, fragte Gwyn.
„Natürlich. Sechs für seine Schwester und sechs für das Grab seiner Frau.“ „Du solltest sie ihm nicht zum Selbstkostenpreis geben“, meinte Gwyn. „Ich kann nicht anders. Der arme alte Mann muss offensichtlich jeden Penny dreimal umdrehen.“ Gwyn schnaubte verächtlich. „Wahrscheinlich hat er immer noch den ersten, den er je verdient hat.“ „Dann ist der bestimmt einen ordentlichen Batzen wert“, warf Avis ein.
„Du hast mit Sicherheit viel zu viel für die alten Münzen bezahlt, die du ihm aus lauter Mitleid abgekauft hast“, vermutete Gwyn kopfschüttelnd. „Ich verstehe euch nicht. Val schneidet ihm die Haare praktisch umsonst, und ihr beide verliert bei jeder Transaktion mit ihm viel Geld, aber was hat er je für euch getan?“
„Darum geht es nicht“, erklärte Valerie. „Ich finde es einfach süß von ihm, dass er sich so um seine Schwester im Pflegeheim und um das Grab seiner Frau kümmert.“
„ Süß ist das letzte Wort, das ich im Zusammenhang mit dem alten Bock benutzen würde“, murrte Gwyn. „Bestimmt hat er sie früher wie Dreck behandelt und kauft ihnen jetzt Blumen, weil er ein schlechtes Gewissen hat.“
„Das kann man nicht wissen“, widersprach Avis sanft.
„Es ist aber nahe liegend. Schließlich ist er ein Mann.“
„Ach, komm schon, Gwyn“, sagte Avis. „Wir wissen doch alle, dass du ihm hin und wieder ein Stück Kuchen oder eine Tasse Kaffee umsonst gibst.“
„Aber nur, wenn ich es sonst wegwerfen müsste“, protestierte Gwyn.
Die drei Frauen an dem kleinen Tisch tauschten wissende Blicke und nippten an ihren Getränken, die sie nie bezahlen mussten.
„Jedenfalls ist Edwin nicht das Problem“, meinte Valerie, „sondern dieser Ian Keene.“
Avis runzelte die Stirn. „Wie ich es sehe, hat der Stadtrat die Schuld. Der hätte diejenigen von uns schützen müssen, die ihre Geschäfte eröffnet haben, bevor die neue Bauvorschrift in Kraft getreten ist.“
„Die Bauvorschrift ist ja gar nicht neu“, entgegnete Gwyn. „Sie wurde nur bisher von niemandem beachtet.“
„Wie gesagt“, beharrte Valerie, „es ist alles Ian Keenes Schuld.“
„Mich hat er jedenfalls in die Klemme gebracht“, sagte Sierra. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.“
„Du kannst es ihm aber nicht verdenken, dass er seinen Job macht“, sagte Gwyn.
„ Ich schon“, konterte Valerie. „Vielleicht sollte jemand dem Bürgermeister einen Floh ins Ohr setzen und ihn wissen lassen, dass die Wählerschaft von Puma Springs nicht gerade erfreut ist.“
„Das kann nicht schaden“, stimmte Sierra zu, und Avis nickte zustimmend.
„Dann suche ich ihn heute Nachmittag auf“, entschied Valerie.
„Nur zu, aber nützen wird es uns gar nichts“, meinte Gwyn. „Du verschwendest damit nur deine Zeit. Allerdings haben wir davon alle mehr als genug.“
„Bist du sicher, dass sie rechtliche Schritte einleiten wollen?“, hakte Avis nach.
Valerie blickte nacheinander die drei Frauen an ihrem Stammtisch im Café an und zuckte die Achseln. Ihr Besuch beim Bürgermeister war nicht gut gelaufen. Heston Witt war ein weicher, schmieriger und selbstgefälliger kleiner Mann, der nicht genug Verstand hatte, um zu begreifen, dass er sein Amt nur erhalten hatte, weil die Bürgerschaft ihn für harmlos hielt. Vom Stadtrat wurde er immer wieder unterstützt, da er zu faul und inkompetent war, um sich gegen dessen Entscheidungen zu stellen.
„Ich weiß nur, dass der Inspektor die unqualifizierte Unterstützung des Bürgermeisters genießt und vom Stadtrat ermächtigt wurde, rechtliche Schritte gegen die Nichterfüllung der Verordnung einzuleiten. Heston hat angedeutet, dass jemand wie Edwin Schwierigkeiten kriegen wird, weil sein Grundstück einen Schandfleck und eine Gefahr darstellt.“
Besorgt fragte Avis: „Was können wir tun?“
„Wir könnten ihm beim Aufräumen helfen“, schlug Valerie vor.
Sierra nickte. „Warum nicht? Das würde uns von unseren eigenen Sorgen ablenken und dem alten Heston einen Strich durch die Rechnung machen.“
Avis seufzte. „Die Frage ist
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