JULIA COLLECTION Band 12
sehr sie ihn liebte. Sie konnte es nicht ertragen, ihn verletzt zu sehen. „Ich hab sie.“
„Das alles tut mir leid, Red“, entschuldigte sich Hunter, als er einen Anflug von Panik bei ihr bemerkte.
„Hey, ich bin nicht diejenige, die beim Anblick von etwas Blut ohnmächtig geworden ist“, witzelte sie. „Ich bin ziemlich hart, weißt du noch?“ Sie sah einen langen, starken Ast in dem Holzstapel, holte ihn schnell, schnappte sich dabei Hunters abgelegtes Hemd und zog es an. „Meinst du, du kannst stehen, wenn du den hier als Krücke benutzt?“
„Sicher.“
Es war schwierig, aber sie schafften es. Gaylynn legte Hunters Arm um ihre Schultern und stützte ihn. Dabei bewies sie mehr Kraft, als sie für möglich gehalten hätte. Glücklicherweise war sie schlau genug gewesen, die hintere Tür des Wagens vorher zu öffnen, sodass Hunter jetzt nur noch auf den Rücksitz zu sinken brauchte. Danach schob sie vorsichtig sein Bein auf die Bank und legte den Sicherheitsgurt um seine Taille, für den Fall, dass er wieder ohnmächtig werden sollte.
Mit quietschenden Reifen fuhr sie dann aus der Einfahrt und raste den Berg hinunter. Mit einer Hand hielt sie das Lenkrad fest, mit der anderen holte sie ihr Funktelefon aus ihrer Handtasche und rief Floyd an.
„Wo ist das nächste Krankenhaus?“, fragte sie.
„In Summerville. Warum?“
„Ich brauche Hilfe. Ist Boone da?“
„Nein, er ist mit Stella und Ma Battle zum Einkaufen gefahren und kommt nicht so bald zurück. Was ist los? Haben Sie sich verletzt?“
„Ich nicht. Es ist Hunter. Wir sind schon unterwegs und werden in etwa zehn Minuten bei Ihnen sein. Sie müssen Hunters Wagen fahren, damit ich mich hinten zu ihm setzen und den Druckverband an Ort und Stelle halten kann.“
„Ich warte draußen“, versprach Floyd. „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bringe uns alle so schnell wie möglich nach Summerville.“
Aber Gaylynn machte sich große Sorgen. Es konnte so viel schiefgehen. „Rufen Sie das Krankenhaus an, und melden Sie denen, dass wir kommen, okay?“
„Klar.“
Wie versprochen, wartete Floyd draußen und trug eine Brille mit Gläsern, so dick wie der Boden einer Colaflasche. „Ich hasse die Dinger“, murrte er. „Aber ich dachte, es wäre wohl besser, wenn ich etwas sehen kann. Die machen einen großen Unterschied aus.“ Er nahm hinter dem Steuer Platz, und sobald Gaylynn hinten eingestiegen war, fragte er: „Mit welchem dieser Schalter stellt man die Sirene an? Ah, da ist er ja. Ich wollte schon immer mal ein Polizeiauto fahren“, erklärte er aufgeregt, während er losfuhr. „Ich bin dir sehr zu Dank verpflichtet, Hunter, dass du mir die Gelegenheit gibst. Es ist bloß eine Schande, dass du dazu erst verletzt werden musstest. Nichts für ungut.“ Er warf ihm einen raschen Blick zu. „So habe ich es nicht gemeint.“
„Schon gut.“ Hunter war bleich, und man konnte ihm ansehen, dass er große Schmerzen hatte.
„Haltet euch fest, und ich bringe euch in Windeseile nach Summerville“, erklärte Floyd.
Gaylynn kniete hinten auf dem Boden und hielt Hunters Verband mit beiden Händen fest.
„Ich wollte immer eine schöne Frau vor mir auf den Knien sehen“, murmelte Hunter.
„Konntest du dir keinen leichteren Weg einfallen lassen, Aufmerksamkeit zu erregen?“, erkundigte sie sich ein bisschen zittrig.
„Zumindest erfüllt sich Floyds lebenslanger Traum, einmal den Wagen des Sheriffs zu fahren.“
„Das nächste Mal leihst du ihm einfach die Schlüssel“, erwiderte Gaylynn.
„Sicher, Red.“
Da er immer noch kein Hemd trug, konnte sie gut erkennen, wie flach sein Atem war.
„Ist dir kalt?“, fragte sie besorgt. „Willst du dein Hemd wiederhaben?“
Er schüttelte den Kopf und hielt sich an ihrer Schulter fest. „Behalt es. Will nicht … dass die Ärzte … dich ohne sehen.“
„Glaub mir, das wird kein Problem. Ich mache mir eher Gedanken darüber, wie die Krankenschwestern dich anstarren werden“, witzelte sie.
„Keine … Angst.“
Das war leichter gesagt als getan. Gaylynn redete weiter mit Hunter, ließ ihm aber keine Zeit zu antworten. Es kam ihr nur darauf an, ihn von dem Schmerz in seinem Oberschenkel abzulenken.
Mit heulender Sirene und Blaulicht schaffte Floyd es, sie in Rekordzeit zum Krankenhaus zu bringen. Wie er ihr einmal erklärt hatte, kannte er diese Straßen wie seine Westentasche, und die dicken Brillengläser nützten anscheinend eine Menge, denn er hatte keine Schwierigkeiten, den
Weitere Kostenlose Bücher