JULIA COLLECTION Band 14
der anderen Hand. „Wie sieht’s aus? Hast du Lust auf einen Drink?“
11. KAPITEL
Angie starrte den Fremden an und fragte sich, was sie nun tun sollte. Sie hatte sich eingebildet, in ihn verliebt zu sein. Ethan sah aus und benahm sich wie vorher. Er ging und sprach auf die gleiche Weise wie vorher. Seine dunklen Augen besaßen noch immer jene unergründliche Tiefe und das rebellische Funkeln. Halb angezogen, wie er war, ließ er ihr Herz immer noch höher schlagen und erregte sie.
Und doch war er nicht mehr derselbe. Er war nicht der gutherzige Kriminelle, der so viele widersprüchliche und verwirrende Gefühle in ihr ausgelöst hatte. Er war nicht mehr der Rebell und der Böse, den vielleicht die Liebe einer Frau retten konnte. Er war einfach nicht der Ethan Zorn, in den sie sich verliebt hatte. Oder?
Da sie auf sein Angebot, ihr einen Drink zu mixen, nicht reagierte, zuckte er gleichgültig die Schultern und drehte sich um. Offenbar bereitete er die Drinks trotzdem zu. Angie beobachtete das Spiel seiner Muskeln auf seinem nackten Rücken und den Armen, als er den Champagner und den Orangensaft öffnete und mit beiden Getränken zwei Weingläser füllte. Ihr Blick fiel auf seinen festen Po, die langen, sehnigen Beine. Unwillkürlich verspürte sie erneut heftiges Verlangen.
Ethan ist so gutaussehend, dachte sie, als er sich umdrehte und mit den Gläsern langsam auf sie zukam. Rasch rekapitulierte sie das erst wenige Stunden zurückliegende Liebesspiel zwischen ihnen. Er hatte so leidenschaftlich und hingebungsvoll mit ihr geschlafen und ihr das Gefühl gegeben, dass er sich ebenso unwiderruflich in sie verliebt hatte wie sie in ihn. Sie hatte angefangen zu glauben, dass sie ihn unabhängig von seinem Beruf liebte. Denn für wen auch immer er sich ausgab, etwas hatte sie an ihm fasziniert, das über einen Beruf oder den Lebensstil hinausging. Sie hatte gesehen, dass er ein guter, anständiger Mann war, entgegen seinen Beteuerungen und ihrem Verdacht, er sei ein Gangster. Warum also war sie so überrascht, dass er doch kein Mafioso war und auf der richtigen Seite des Gesetzes arbeitete, um diese Kriminellen zu bekämpfen? Warum war sie so aufgebracht, nachdem sie es erfahren hatte? Die Antworten auf diese Fragen wollten sich nicht einstellen.
Ethan blieb ein Stück vor ihr stehen und reichte ihr das Weinglas. Sie nahm es ihm automatisch aus der Hand, hob es an die Lippen und nippte daran. Die prickelnde Leichtigkeit des Drinks stand in krassem Gegensatz zu ihren düsteren Gefühlen.
„Du denkst also, Ethan der Cop sei ein Fremder?“, fragte er und nippte ebenfalls an seinem Glas. „Und dass ich mich von dem Mann unterscheide, in den du dich verliebt hast?“
Sie nickte stumm.
Ein zufriedenes, selbstsicheres Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Dann gibst du also zu, dass du mich liebst?“
Das war gerissen, dachte sie. „Ich gebe zu, dass ich mich in einen Mann verliebt habe, der von sich behauptete, sein Name sei Ethan Zorn. Aber ich liebe nicht dich. Ich kann unmöglich einen Fremden lieben.“
Sein Lächeln erstarb langsam. „Dann müssen wir uns eben näher kennenlernen.“ Bevor sie protestieren konnte, streckte er ihr die Hand entgegen. „Ethan Zorn, männlich, Weißer, vierunddreißig Jahre alt. Sternzeichen Steinbock, Geburtsort Philadelphia, Pennsylvania. Abschluss auf der Eisenhower Highschool und der Penn State University. Meine Eltern starben, als ich vierzehn war, und ich wurde von meinen beiden älteren Brüdern großgezogen, die auch beide noch in Philadelphia leben. Ich habe alle normalen Kinderkrankheiten überstanden und wurde im Alter von zwei Jahren mit drei Stichen am Kinn genäht. Meine Lieblingsfarbe ist Blau. Ich liebe italienisches Essen, schnelle Autos und Wochenenden am Strand.“ Angie weigerte sich, ihm die Hand zu geben, daher stemmte sie sie in die Hüfte. „Ach ja, und ich arbeite für die DEA“, fuhr er fort. „Ich bin nach Endicott gekommen, um Nachforschungen über merkwürdige Vorgänge anzustellen, die auch Ellison Pharmaceuticals betreffen. Nähere Einzelheiten kann ich dir leider nicht verraten. Und wie lautet dein Name?“
Sie gab sich Mühe, seinem scherzhaften Versuch keine Beachtung zu schenken. Sie wollte einfach ihre Sachen packen und gehen, ganz gleich, welchen Gefahren sie sich dadurch angeblich aussetzte. Doch stattdessen zog sie die Decke erneut fester um sich und erwiderte: „Angie Ellison. Meinem Vater gehört Ellison Pharmaceuticals.“
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