JULIA COLLECTION Band 14
verlassen“, sagte er. „Keiner von uns beiden. Das würde nicht gut aussehen. Wenn du willst, schlafe ich heute Nacht auf der Couch, und du kannst das Bett haben. Aber für die nächsten dreißig Stunden müssen wir nun einmal zusammenbleiben.“
Und damit verschwand er ins Badezimmer. Angie hörte, wie er die Tür von innen verschloss und das Wasser anstellte. Sie nippte an ihrem Drink und merkte, dass der Champagner schon nicht mehr prickelte. Dann ging sie zu ihrem noch immer gepackten Koffer, um etwas zum Anziehen zu finden.
Dreißig Stunden mit Angie zusammen in einem Zimmer war eine lange Zeit. Kurz nachdem die Sonne am Horizont aufgegangen war, schrillte das Telefon auf dem Nachttisch und verschärfte die ohnehin angespannte Situation noch.
„Zorn“, meldete Ethan sich.
Auf der anderen Seite des Zimmers saß Angie auf der Couch und hatte ihm den Rücken zugewandt. Sie las in einem Roman, den sie in weiser Voraussicht eingepackt hatte. Sie hatte dort gesessen, als er aus dem Badezimmer zurückgekehrt war, und den Platz auch wieder eingenommen, nachdem sie sich zurechtgemacht hatte. Sie hatte weder mit ihm gesprochen noch ihn angesehen, und Ethan fragte sich allmählich, ob sie vielleicht im Sitzen eingeschlafen war. Doch da sie den Kopf leicht in seine Richtung drehte, um etwas von dem Telefongespräch mitzubekommen, wurde ihm klar, dass sie alles um sich herum aufmerksamer wahrnahm, als ihre Haltung vermuten ließ.
„He, Romeo, kommst du irgendwann mal wieder aus deinem Hotelzimmer heraus, oder müssen wir reinkommen und dich holen?“
Venturi. Der war ein wenig besser als Palmieri, aber immer noch ein Gangster, auch wenn er für die DEA arbeitete. „Ich bin gerade sozusagen beschäftigt, Vic“, erwiderte Ethan.
„Ja, das wäre ich auch, wenn ich eine Frau hätte, die so aussieht wie deine.“ Es folgte ein rasselndes Geräusch am anderen Ende der Leitung, das eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Lachen hatte. „Manchmal sind die Sondervergünstigungen des Jobs gar nicht so schlecht, wie?“
„Was willst du, Venturi?“, fragte Ethan müde. „Ich dachte, ich könnte wenigstens meine Flitterwochen genießen, bevor ich wieder von euch Jungs höre.“
Der andere lachte erneut und wurde dann ernst. „Es findet früher statt als geplant.“
Etwas in Ethan zog sich zusammen. Er sah zu Angie, die der Unterhaltung weiter lauschte. „Wie viel früher?“
„In genau fünfundvierzig Minuten.“
Ethan umklammerte den Telefonhörer. „Fünfundvierzig Minuten? Wie um alles in der Welt konnte das passieren? Es sollte doch erst in drei Tagen stattfinden.“
„Leo wurde nervös“, berichtete Vic gleichgültig. „Hat ein bisschen zu schnell gemacht. Wir hätten uns denken können, dass so etwas passiert, bei all diesen Klugscheißern in der Stadt, die wegen deiner Hochzeit gekommen sind. Jetzt müssen wir die Sache durchziehen und hoffen, dass alles so läuft, wie es sollte. Es findet nur viel früher statt. Du musst in einer halben Stunde bei Ellison Pharmaceuticals sein. Alles andere läuft exakt nach Plan. Fröhliche Flitterwochen.“
Dann war die Leitung tot. Na fabelhaft, dachte Ethan und legte den Hörer wieder auf die Gabel. Das war einfach großartig. Er hatte gewusst, dass sich die Sache zuspitzen würde, womöglich auch rascher als erwartet. Aber er hatte wenigstens mit zwei Tagen Zeit gerechnet, um alles genau vorzubereiten, bevor sie zuschlugen.
Er sah auf seine Uhr und dann zu Angie. Immerhin würde sie in Sicherheit sein. Jetzt, wo die Ermittlungen zu einem Abschluss kamen, würden sie sich beide vielleicht auch auf wichtigere Dinge konzentrieren können – wie zum Beispiel den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen.
„Angie“, sagte er sanft und erwartete halbwegs, dass sie ihn ignorierte und so tat, als würde sie weiter in ihrem Buch lesen. Stattdessen drehte sie sich zu ihm um.
„Was?“
In ihren schwarzen Leggings und dem weiten roten Sweatshirt, mit roten Socken an den Füßen und den zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren sah sie wundervoll aus. Ethan wäre am liebsten zu ihr gegangen und hätte ihr gezeigt, wie sehr er sie liebte. Unglücklicherweise hatte er einen Job zu erledigen. Er ging zum Kleiderschrank und nahm einen seiner dunklen Anzüge heraus. Rasch knöpfte er sein Flanellhemd auf. „Ich muss weg“, erklärte er Angie.
Diese Ankündigung schien sie nicht zu überraschen, doch ihre Miene verriet Besorgnis. „Du sagtest doch, wir hätten
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