JULIA COLLECTION Band 14
schlagen? Bei der Aussicht, ihn wiederzusehen, stieg wieder diese verräterische Wärme in ihr auf, und sie hasste sich dafür. Sie stand da in Slip und BH, und ihre Haut schimmerte rosig und prickelte.
Du dumme Gans, schimpfte sie. Diesmal würde sie nicht auf ihn hereinfallen. Was er auch sagen würde, mit welchen Erklärungen und Entschuldigungen er auch käme, dieses Mal würde sie ihm nicht verzeihen.
Und sie würde nicht in seine blauen Augen sehen und wie Wachs in seinen Händen sein. Nie mehr.
„Es gibt nichts zu reden. Verschwinde.“
„Doch.“ Er blieb hartnäckig. „Wir müssen über vieles sprechen. Ich bleibe hier stehen, bis du mich anhörst.“
„Ich habe kein Interesse daran, Willis. Du hast mich oft genug beleidigt, und ich denke nicht daran, dir noch mal zuzuhören. Geh weg … bitte.“
„Es tut mir so leid.“
Das kam leise und klang ehrlich, und Rosemary fühlte, wie ihr Widerstand schmolz. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Das genügt nicht.“
„Rosemary, bitte. Sprich mit mir. Lass dir doch erklären …“
„Erklären, was? Warum kannst du Vergangenes nicht vergangen sein lassen? Warum kannst du die Entschuldigung einer Frau für das, was sie als Teenager tat, nicht akzeptieren? Oder möchtest du mich darüber aufklären, warum du mit einer Frau nicht schlafen kannst, die einen kleineren IQ als du hat?“
„Nein“, sagte er kurz. „Ich möchte dir nur erklären, warum ich es mir nicht erlauben kann, von einer so hübschen Frau abgelenkt zu werden, wenn ich eine wichtige Arbeit zu erledigen habe.“
Rosemary fuhr herum und sah die Schlafzimmertür misstrauisch an. Was hatte sie da gehört? Willis hielt sie für hübsch? Langsam ging sie zur Tür und lehnte die Stirn dagegen. „Du findest mich hübsch?“, fragte sie leise.
Er seufzte. „Oh, ja.“
Na toll, dachte Rosemary. Willis hatte ihr immerhin ein Kompliment gemacht. Wie sollte sie jetzt darauf reagieren? Sie löste sich langsam von der Tür und trat ein paar Schritte zurück. Vielleicht war sie mit ihrer Meinung über Willis etwas voreilig gewesen. Vielleicht sollte sie sich einfach anhören, was er zu sagen hatte. Schließlich hatte sie ja nichts zu verlieren. Höchstens noch den letzten Rest der Selbstachtung, der ihr verblieben war …
„Einen Augenblick“, rief sie und hoffte, dass er das Zittern in ihrer Stimme nicht bemerkte. „Ich zieh’ mich nur eben an. Ich komme gleich.“
Er schwieg, und sie hörte, wie er sich von der Tür entfernte. Schnell nahm sie ein ärmelloses hellgelbes Sommerkleid aus dem Schrank und zog es sich über den Kopf. Es ärgerte sie, dass ihre Finger zitterten, als sie die Knöpfe schloss.
Es ist doch nur Willis, sagte sie sich. Jemand, den sie ihr halbes Leben lang kannte und den sie sogar mal hochgehoben und in den Pool geworfen hatte. Warum ließ sie sich von ihm so einschüchtern? Weil er jetzt fantastisch aussah und ungeheuer anziehend war? Weil sein IQ wahrscheinlich doppelt so hoch war wie ihrer? Weil er so wunderbar küsste, dass sie den Verstand verlor? Oder weil er sie zurückgewiesen hatte, gerade als sie ihn am stärksten begehrte?
Es war Mitte September und warm, und so zog sie nur leichte helle Ballerinas über die nackten Füße. Sie steckte sich kleine goldene Ringe in die Ohren, legte eine dünne goldene Kette an, besprühte sich kurz mit ihrem Lieblingsparfum und fuhr sich mit der Bürste durch die widerspenstigen Locken. Fertig. Zufrieden betrachtete sie sich im Spiegel.
Unten ging Willis nervös im Wohnzimmer auf und ab. Ska und Triangel saßen nebeneinander auf dem Fensterbrett und beobachteten ihn. Sie sahen aus wie Salz- und Pfefferstreuer, und Willis musste kurz lächeln. Der große weiße Kater und die kleine dunkle Katze waren unterschiedlich wie Tag und Nacht und verhielten sich auch so. Den einen Tag waren sie die erbittertsten Feinde und fielen übereinander her. Den nächsten Tag waren sie die besten Freunde und lagen einträchtig nebeneinander.
Katzen, dachte Willis düster. Wie konnte man nur auf die Idee kommen, diese Tiere für besonders intelligent zu halten?
Er hörte Schritte auf der Treppe und wandte sich um. Rosemary betrat das Wohnzimmer, und was auch immer er ihr hatte sagen wollen, bei ihrem Anblick fiel ihm nichts mehr ein. Sie sah wunderschön aus. Das hellgelbe Kleid und ihr dunkles Haar, dazu der Duft, der sie umgab und ihn an eine blühende Sommerwiese erinnerte. Wie hatte er sie in der vorletzten Nacht nur
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