JULIA COLLECTION Band 14
wegstoßen können, wo sie doch offensichtlich zu allem bereit gewesen war?
Warum?
Auch jetzt konnte er diese Frage nicht beantworten. Es musste etwas damit zu tun haben, dass er im tiefsten Inneren der Meinung war, Rosemary March könnte ihn gar nicht lieben. Warum aber war sie dann gekommen und hatte versucht, ihn zu verführen?
Sollte wirklich dieser verdammte Komet daran schuld sein?
Wie konnte er als hochkarätiger Wissenschaftler nur auf die Idee kommen, Bobrzynyckolonycki hätte irgendetwas mit Rosemarys Verhalten zu tun? Andererseits fiel Willis keine andere Erklärung dafür ein.
Was passiert war, war weder beabsichtigt noch vorherzusehen gewesen. Es war eben einfach geschehen, und er hatte keine Idee, warum. Und irgendwie war er absolut sicher, dass es nicht wieder passieren würde, nicht in tausend Jahren.
Zumindest nicht in den nächsten fünfzehn Jahren.
Rosemarys Verhalten war alles andere als normal gewesen, konnte also nur von etwas Außergewöhnlichem, ja vielleicht sogar etwas Außerirdischem ausgelöst worden sein.
Obwohl er als Wissenschaftler natürlich von dem Gegenteil überzeugt war, hatte er feststellen müssen, dass die Einwohner von Endicott sich tatsächlich immer dann sehr merkwürdig verhielten, wenn der Komet sich näherte. Das hatte er schon als Dreizehnjähriger festgestellt, und das war auch jetzt wieder ganz offensichtlich. Rosemary war das beste Beispiel dafür.
Dennoch war Willis der Meinung, dass das seltsame Verhalten der Menschen weniger mit dem Kometen selbst zu tun hatte als mit den Geschichten, die man sich seit Jahrzehnten erzählte und die einen unbewusst beeinflussten. Wenn immer wieder behauptet wurde, der Komet übe eine besondere Wirkung aus, dann handelte man auch danach. Man fuhr sein Auto zu Bruch, hatte eine Affäre, handelte gegen das Gesetz. Und anschließend machte man Bobrzynyckolonycki dafür verantwortlich.
Und Rosemary ließ sich dank ihrer nicht sehr ausgeprägten intellektuellen Fähigkeiten sicher besonders von diesem Gerede beeinflussen, auch wenn ihr das nicht bewusst war. So bildete sie sich ein, sie sei in Willis verliebt, aber wenn der Komet sich wieder von der Erde entfernte, würde sie auch wieder zur Vernunft kommen und Willis wieder genauso hassen wie vorher. Das war sonnenklar, und Willis war vollkommen davon überzeugt.
Doch als er sie jetzt so vor sich stehen sah, hätte er sich wirklich einen Tritt geben können vor lauter Wut, dass er sie vorgestern Nacht abgewiesen hatte. Vielleicht bestand ja doch eine winzige Möglichkeit, dass sie sich in ihn verlieben könnte, so wie er es vor vielen Jahren getan hatte.
Er seufzte leise und versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben. Komet hin oder her, Rosemary war sowieso nicht die passende Frau für ihn. Denn Schönheit, Wärme und Sinnlichkeit allein waren zu wenig für eine gute, dauerhafte Beziehung, so angenehm diese Eigenschaften auch waren. Wenn er sich von Rosemary körperlich angezogen fühlte, so würde dieses Gefühl mit der Zeit vorbeigehen, und was bliebe dann übrig? Nein, es gehörte mehr dazu, eine gute Ehe zu führen.
Sie trat einige Schritte auf ihn zu, blieb dann aber stehen. „Du wolltest über uns sprechen?“
Wie sie so vor ihm stand, mitten im Sonnenlicht, das durch das große Fenster fiel, da war alles wie fortgeblasen aus seinem Kopf. Alle Entschuldigungen und Erklärungen, die er sich wegen seines Verhaltens zurechtgelegt hatte, waren plötzlich unwichtig, und er starrte sie an wie eine wunderschöne Erscheinung. „Wo gehst du hin?“, fragte er schließlich.
Sie sah ihn überrascht an. „Zu Angies Hochzeit.“
„Deine Freundin Angie Ellison?“
Sie nickte.
„Ich hatte keine Ahnung, dass sie heiraten wollte.“
Rosemary lächelte kurz. „Ich auch nicht. Ganz Endicott hat es erst vor zwei Tagen erfahren.“
Willis zog die Augenbrauen zusammen. „Aber es muss doch irgendwelche Anzeichen gegeben haben. Wie lange kennt sie den Mann denn schon?“
„Ich glaube, sie haben sich etwa vor einer Woche kennengelernt. Als Angie in sein Haus einbrach.“
„Wie bitte? Was hat Angie getan?“
Doch Rosemary ging nicht auf seine Frage ein. „Es ist verrückt. Sie rief mich letzten Donnerstag an und sagte mir, sie würde am Sonnabend um zwei Uhr in der Methodistenkirche getraut. Dabei gehört sie gar nicht zu den Methodisten, Willis, ist das nicht merkwürdig? Ja, und dann könne man bei Michaelson Geschirr aussuchen, wenn man ihr was schenken will, Wedgwood
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