JULIA COLLECTION Band 16
trotz ihres gebrochenen Herzens zu überleben. Länger als zehn, zwanzig Jahre würde es schon nicht dauern. „Kinderspiel.“
Ein Blumenlieferant bog in ihre Straße ein und hielt vor der Werkstatt. Emma hätte fast laut gestöhnt. Lieber Gott, bitte nicht! Nicht noch mehr Blumen. Gestern kam er mit dem „Bitte-bitte-verzeih-mir “-Blumensträußchen. Was wohl heute an der Reihe war? Vielleicht ein niedliches „Tut-mir-das - aber-leid-dass-du-mich-liebst“ – Bouquet? Sein Mitleid konnte er sich sparen, verdammt!
„Es wird immer demütigender“, sagte sie, schon auf dem Weg zur Tür. Sie überquerte den Parkplatz, um den Lieferanten abzufangen.
Es war heute wieder unerträglich heiß, die Luft war erdrückend, und selbst der Asphalt fühlte sich unter ihren Füßen an, als hätte er Feuer gefangen. Alle um sie herum, ganz Baywater, schienen wie üblich ihrer Arbeit nachzugehen. Hinter sich in der Werkstatt hörte sie das Surren des Kompressors. Kinder spielten, Mütter erledigten ihre Einkäufe, Männer fuhren in ihren coolen Sportwagen vorbei, auf der Suche nach einem Mädchen, mit dem sie sich die Zeit vertreiben konnten.
Und hier, in dieser kleinen Ecke der Stadt, bereitete Emma sich darauf vor, endlich deutlich Stellung zu beziehen. Sie wollte Connors Mitleid nicht, sie wollte nicht, dass er sich schuldig fühlte. Sie wollte nur, dass die Zeit schnell vorbeiging, damit sie die ganze schmerzhafte Angelegenheit vergessen konnte.
„Emma Jacobsen?“, schrie der Lieferant, als er von seinem Wagen heruntersprang. In der Hand hielt er eine lange weiße Schachtel, um die ein tiefrotes Band gewickelt war.
„Ja“, sagte Emma und ermahnte sich, dass dieser arme Kerl schließlich nichts für die Blumen konnte. Er machte nur seinen Job. Sie würde nicht den Boten töten, nur weil ihr seine Nachricht nicht gefiel. „Aber wenn das für mich ist, können Sie es gleich wieder mitnehmen.“
„Was?“ Er war fast noch ein Junge, kaum älter als achtzehn. Sein fast weißblondes Haar stand ihm wie Stacheln vom Kopf ab, und er schob die Sonnenbrille etwas nach unten, um Emma über den Rand hinweg anzusehen. „Sie wollen sie nicht?“
„Nein.“ Bleib hart, redete sie sich gut zu. Bleib bestimmt, bleib fest.
Er lachte und schob die Sonnenbrille wieder hoch. „Er hat mich gewarnt, dass Sie das sagen würden, aber ich habe ihm nicht geglaubt. Bei mir hat noch keine Nein gesagt.“
„Freut mich, Ihre Erste zu sein“, fuhr Emma ihn jetzt doch ein wenig böse an. Connor hatte also vorausgesehen, dass sie seinen jüngsten Anbiederungsversuch nicht akzeptieren würde. Umso besser! Sie drehte sich abrupt um und ging wieder zur Werkstatt zurück, aber die nächsten Worte des Jungen hielten sie zurück.
„He, warten Sie ’n Moment. Ich sollte Ihnen etwas von ihm ausrichten, wenn Sie Nein sagen.“
Es sollte ihr völlig gleichgültig sein. Aber es war ihr ganz und gar nicht gleichgültig, verdammt noch mal. Sie drehte sich langsam zu ihm um und fragte gereizt: „Na schön. Was?“
„He, Lady. Schießen Sie doch nicht auf den Pianisten.“ „Tut mir leid.“ Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen. „Was will er also?“
„Der Mann sagte, ich soll Sie fragen …“ Er zog eine Grimasse, während er sich zu erinnern versuchte. „Ob Sie so viel Muffensausen haben, dass Sie nicht mal gucken wollen?“
„Muffensausen?“, wiederholte sie erstaunt. „Er sagte wirklich ‚Muffensausen‘? Was ist los? Sind wir noch im Kindergarten?“ Sie sah den jungen Mann stirnrunzelnd an. „Sind Sie sicher, dass er dieses Wort benutzt hat?“
„Klar.“ Der Junge zuckte die Achseln. „Und? Wie sieht’s aus? Haben Sie Muffensausen, meine ich? Nichts für ungut.“
„Schon gut“, erwiderte sie, zögerte nur kurz und ging dann entschlossen auf ihn zu. „Gut. Ich nehme die Schachtel.“ Obwohl sie natürlich wusste, dass Connor sie hier geschickt manipuliert hatte. Er hatte gewusst, dass sie seine Herausforderung annehmen würde. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung. Wie konnte er sie so gut kennen und andererseits doch so wenig?
„Unterschreiben Sie bitte.“
Sie unterschrieb und nahm die Schachtel entgegen, die viel schwerer war, als sie erwartet hatte. Sie warf dem Jungen einen fragenden Blick zu.
Er zuckte die Achseln. „Fragen Sie mich nicht, Lady. Ich liefere das Zeug nur.“ Und mit einem Winken sprang er wieder in den Lieferwagen und fuhr von der Auffahrt herunter.
Emma trug die Schachtel ins Büro
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