JULIA COLLECTION Band 16
drehte sich zu Sally um. „Und wie bist du zu diesem Schluss gekommen?“
„Der gestrige Abend“, fing sie an und zeigte anklagend mit einem Finger auf ihn, „und die Fahrt mit deinem Motorrad. Der …“ Sie presste die Lippen aufeinander, schüttelte den Kopf und öffnete die Wagentür, durch die ein heftiger Windstoß drang und Sally den Ausstieg schwer machte. Sie knallte die Tür hinter sich zu und ging Richtung Veranda.
Aidan folgte ihr auf den Fersen. Er würde auf keinen Fall zulassen, dass sie ihm etwas vorwarf, ohne dass er den Grund dafür verstand. Er holte sie auf der engen Veranda ein und war dankbar für den schmalen Überhang, der sie wenigstens von oben vor dem schlimmsten Regen schützte. Aber der starke Wind zerrte an ihnen und schleuderte den Regen seitlich auf sie. Sallys Hände zitterten, also nahm Aidan ihr den Schlüssel ab und öffnete die Haustür.
Sally betrat Donnas Flur, und Aidan folgte ihr, bevor sie ihm die Tür vor der Nase zuschlagen konnte. Also machte er sie hinter sich zu und drehte sich zu Sally um.
„Danke fürs Heimbringen“, sagte sie knapp und hob ihr Kinn in einer unbewusst eigensinnigen Geste. „Auf Wiedersehen.“
Sally zitterte am ganzen Leib. Sie war auf einem Sieb von einem Boot dem heulenden Wind ausgesetzt gewesen. Man hatte sie in einem Eisenkorb aus dem Wasser gezogen und im Hubschrauber zur Militärbasis geflogen. Sie hatte Wind und peitschenden Regen und unglaublichen Lärm ertragen müssen, und das alles, bevor sie auch nur eine Tasse Kaffee bekommen hatte. Aber nichts von alldem ließ sich mit dem vergleichen, was jetzt in ihr vorging. Sie hatte das Gefühl, am Rand einer steil abfallenden Klippe zu stehen, unter ihr nichts als spitze, gefährliche Felsen und kein schützendes Geländer, an dem sie sich festhalten könnte.
An allem war nur Aidan schuld.
Sally schluckte mühsam, schlüpfte an ihm vorbei und ging durch das kleine, saubere Wohnzimmer in die Küche. Sie knipste das Licht an und sah aus dem Fenster auf die hintere Veranda und den unvermindert wütenden Regen. Aidan war ihr wieder gefolgt. Sie hörte seine schweren Schritte, hätte aber seine Gegenwart auch gespürt, wenn er lautlos gewesen wäre.
Sie hatte nicht wirklich erwartet, dass er einfach gehen würde, aber sie hatte es doch sehr gehofft. Im Augenblick waren ihre Gefühle so aufgewühlt wie ihr windzerzaustes Haar, und Aidans Gegenwart würde das sicherlich nicht ändern.
Sie dachte daran, dass er tatsächlich aus einem Hubschrauber in die tosenden Wellen gesprungen war, um sie zu retten. Sie lehnte sich an die Spülmaschine, schloss die Augen und sah deutlich vor sich, wie er ins Meer gesprungen, auf das Wasser aufgeschlagen und unter der Oberfläche verschwunden war. Selbst bevor sie erkannt hatte, dass es sich bei ihrem Retter um Aidan handelte, war sie voller Bewunderung für den Mut dieses außergewöhnlichen Mannes gewesen.
Als dann noch sein Gesicht über dem Bootsrand aufgetaucht war und sie sein unvergleichliches Lächeln erblickte, da hätte sie um ein Haar völlig die Fassung verloren. Nicht nur in dieser extremen Situation, jedes Mal, wenn sie ihn sah, hatte er eine Wirkung auf sie wie kein anderer Mann, den sie je kennengelernt hatte. Und sie wusste einfach nicht, was sie dagegen tun sollte.
„Bring es zu Ende“, sagte er, nahm ihren Arm und drehte Sally zu sich herum.
Sie versuchte, die Hitze zu ignorieren, die ihren Arm durchfuhr, sobald Aidan sie berührte. „Was soll ich zu Ende bringen?“
„Deinen Satz. Die Fahrt mit meinem Motorrad und der …“, drängte er sie.
Sie reckte sich und klopfte mit einem nassen Stiefel auf den Küchenboden. „Du hast nicht vor, lockerzulassen, was?“
„Nein.“
Warum machte er es ihr nur so verdammt schwer? Sie senkte den Blick und sah wieder aus dem Fenster, während sie verzweifelt nach einer Ausrede suchte. Der Regen prasselte laut gegen die Scheiben. Obwohl es kaum Mittag war, schien es draußen schon zu dämmern. Der Wind ließ die Fensterläden klappern und heulte durch das Dachgesims. Es klang wie eine verlorene Seele, die nach einem Ausweg suchte. Ich weiß genau, wie du dich fühlst, dachte Sally voller Sarkasmus.
Sie brauchte einen Ausweg aus dieser Situation, aber sie glaubte nicht, dass sie einen finden würde. Aidans Griff um ihren Arm wurde stärker. Schließlich gab sie auf und sah ihm direkt in die Augen. „Na schön. Wie du willst. Der Kuss, okay? Bist du jetzt zufrieden?“
„Über alle
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