JULIA COLLECTION Band 17
die Fotos in den Zeitungen. Jedes Mal hatte er eine andere Frau am Arm. Kommt Ihnen das bekannt vor?“
Ihre Reaktion erstaunte ihn. „Was wollen Sie damit sagen?“, entgegnete sie mit leiser Ironie. „Dass Frauenhelden einen genetischen Defekt aufweisen? Dass Untreue erblich ist?“
„Ich will damit sagen, dass ein Mann das lernt, was ihm vorgelebt wird.“
„Und kann ein Mann nicht von den Fehlern seines Vaters lernen?“
„Das wäre ideal. Aber die Wirklichkeit ist nicht so.“
„Sie sind ein Zyniker“, konterte sie.
„Ein Realist.“
„Ein Mann kann sich ändern, Cor…“ Sie verbesserte sich. „Mr. Stockwell.“
„Wir haben gerade eine volle Windel gewechselt. Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir uns beim Vornamen nennen.“
Sie hatte die Arme schon wieder um sich geschlungen. „Vielleicht ist das keine so gute Idee.“
„Zwischen uns wird nichts passieren, Hannah“, sagte er ruhig.
„Da haben Sie recht.“
„Ich … unterhalte mich gern mit Ihnen. Und obwohl Ihnen mein Lebensstil nicht gefällt, glaube ich, dass Sie anfangen, mich auch ein wenig zu mögen.“
„Da wäre ich nicht so sicher.“
„Seien Sie ehrlich“, bat er. „Mögen Sie mich ein wenig?“
Sie zögerte. „Ja. Aber mehr auch nicht.“
„Darin sind wir uns einig.“ Er betrachtete das Baby an seiner Schulter. „Sie schläft.“
„Ja“, flüsterte sie. „Ganz fest.“
Vorsichtig stand er auf und legte seine Tochter in ihr Bett.
„Hannah?“
Sie stand in der Tür.
„Wenn Ihre Eltern nicht in Oologah sind, wo dann?“
„Meine Eltern sind im Himmel“, antwortete sie leise.
„Sie sind tot.“
Sie starrte kurz auf ihre bloßen Füße, bevor sie ihn ansah. „Seit ich neun war. Danach habe ich bei Pflegefamilien gelebt.“
„Und jetzt arbeiten Sie beim Jugendamt und kümmern sich um Kinder, wie Sie eins waren.“
„Ziemlich klassisch, was?“
„Verständlich. Ihr Beruf erfordert einen Universitätsabschluss, nicht wahr?“
„Richtig. Und ich habe vier Jahre studiert, um ihn zu bekommen. Ich habe nebenher gearbeitet und erst vor ein paar Monaten das letzte Darlehen zurückgezahlt.“
„Gut für Sie.“
Sie wandte sich ab.
Er konnte sie noch nicht gehen lassen. „Erzählen Sie es mir.“
„Was?“
„Wie Ihre Eltern gestorben sind.“
In ihren Augen blitzte etwas auf. Zorn. Oder Trauer. „Was soll das? Wollen Sie, dass wir … quitt sind? Ihre Mutter und Ihr Onkel gegen meine Mom und meinen Dad?“
„Nein. Ich möchte es nur wissen, das ist alles.“
Sie antwortete nicht sofort. „Mein Vater ist bei einer Explosion auf der Tankstelle umgekommen. Ein leichtsinniger Kunde. Eine brennende Zigarette. Er stand direkt an der Zapfsäule. Meine Mutter starb sechs Monate später. Eine Lungenentzündung, sagten die Ärzte. Aber ich weiß, dass es ihr gebrochenes Herz war. Meine Mama und mein Daddy haben sich über alles geliebt.“
„Sie vermissen sie.“
„Immer. Sie waren …“
Im Wohnzimmer auf der anderen Seite des Flurs läutete das Telefon.
„Das ist bei Ihnen“, sagte Hannah.
Plötzlich merkte Cord, wie erschöpft er war. „Vermutlich mein Vater.“Wer sollte es um diese Zeit sonst sein?
„Sie sollten abnehmen“, meinte sie.
Er nickte und ging hinüber. Ihm graute vor dem, was er hören würde. Wäre doch nur schon Morgen.
Er würde im Kinderzimmer vorbeischauen, bevor er nach unten ging. Früh genug, um Becky die Flasche zu geben. Vermutlich würde er wieder mit einer vollen Windel fertig werden müssen. Aber er würde es schaffen.
Und Hannah würde da sein, um ihm zu helfen.
7. KAPITEL
Cord verbrachte eine ganze Stunde am Bett seines Vaters, während der alte Mann abwechselnd vor sich hindämmerte und tobte. Caine Stockwell haderte mit der Vergangenheit, schimpfte über das Baby, das angeblich vor dreißig Jahren zur Welt gekommen war, über seinen Zwillingsbruder und seine tote Frau. Darüber, wie Madelyn ihn betrogen hatte und mit Brandon durchgebrannt war.
Schließlich kam er zu dem Landkauf zur Jahrhundertwende, bei dem der erste Caine Stockwell, Cords Urgroßvater, Miles Johnson über den Tisch gezogen hatte. Cord kannte den Namen. Miles Johnson war Madelyns Großvater gewesen.
„Miles Johnson war der geborene Verlierer“, keuchte Cords Vater. „Die ganze Familie … Außerdem haben wir es doch wiedergutgemacht. Madelyns Mutter Emily wurde unsere Haushälterin. Und nach ihr Madelyn. Aber die musste sich ja dauernd mit Brandon treffen … Ich habe
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