JULIA COLLECTION Band 17
energischen kleinen Kinn …“ Ihr Hals war wie zugeschnürt, während sie darauf wartete, dass er sie nach Einzelheiten, nach Erklärungen fragte.
Aber er sagte nichts, sondern nahm ihre Hand und küsste sie.
Und dann zog er sie mit sich in den dampfenden Schaum und drehte die Hähne zu. Plötzlich war es still. Selbst der heulende Wind schien sich gelegt zu haben.
Er stand wieder auf. „Ich bin gleich zurück.“
Bei ihr setzte Panik ein. Wenn er nun, nach dem, was sie ihm leichtsinnigerweise erzählt hatte, nicht wiederkam? Irgendwann würde sie den Bademantel anziehen und in ihr Zimmer schleichen müssen.
Ihre Angst war unbegründet, denn Sekunden später kehrte er zurück – in jeder Hand ein Glas. „Whiskey“, verkündete er und reichte ihr eins.
Sie nippte daran, verzog das Gesicht und stellte es auf den breiten Rand der Wanne.
Er setzte sich zu ihr, nahm einen Schluck und sah sie an. Erwartungsvoll.
Erstaunt stellte sie fest, dass sie ihm alles erzählen wollte. Sogar ihr trauriges kleines Geheimnis. Sie trank, verschluckte sich und musste husten.
„Entspann dich“, sagte er und schob eine widerspenstige Locke hinter ihr Ohr. „Okay?“
„Ja.“ Sie stellte das Glas ab. „Als ich siebzehn war, hatte ich Glück – jedenfalls glaubte ich das. Ich kam zu einer Pflegefamilie in Tulsa. Einer reichen Familie, die das Geld vom Jugendamt gar nicht brauchte. Die Frau erzählte mir, dass sie immer eine Tochter gewollt hatte. Sie hatte zwei Söhne. Einer war Mitte zwanzig und schon ausgezogen, der andere war in meinem Alter und wohnte noch daheim. Im Mai, als die Schulferien begannen, zog ich dort ein.“
Hannah seufzte. „Es war ein großes Haus, nicht so riesig wie dieses, aber für eine Waise aus Oologah war es ein Palast. Fünfzehn Zimmer, zwei Geschosse, mit Säulen am Eingang.“ Sie schloss die Augen und legte den Kopf zurück. „Meine Pflegemutter führte mich in mein neues Zimmer. Es hatte französische Landhausmöbel und Tapeten mit blauen und pinkfarbenen Streifen. Und dann, noch während ich alles bewunderte, erschien ihr Sohn in der Tür.“
Cord bewegte sich, und sein Bein streifte ihrs, aber er sagte nichts. Sie hielt die Augen geschlossen. Es war einfacher so.
„Er hatte blaue Augen und dichtes dunkles Haar. Und als er mich anlächelte …“
„Liebe auf den ersten Blick?“, fragte Cord.
„Das dachte ich. Was wusste ich schon? Ich war erst siebzehn. Ich war noch nie mit einem Jungen ausgegangen. Ich war überzeugt, dass ich ihn liebte – und er mich. Wir trafen uns heimlich, spätabends. Und wir wurden nie ertappt.“
„Bis du schwanger wurdest“, sagte er, und sie sah ihn an.
In seinen Augen las sie keinen Vorwurf.
„Ja“, flüsterte sie.
„Und du hast es dem Jungen erzählt.“
Sie nickte.
„Und?“
„Erst schwor er mir, dass er mich liebte. Dass er mich heiraten würde. Aber dann …“
„Dann?“
„Sagten wir es seiner Mutter.“
„Wie hat sie reagiert?“, fragte Cord sanft.
„Sie gab mir die Schuld daran. Beschimpfte mich. Nannte mich undankbar. Der Junge hat alles mit angehört und … verteidigte mich nicht. Er schwieg die ganze Zeit. Selbst dann, als sie mir vorwarf, ihn verführt zu haben. Er sah aus, als würde er seiner Mutter zustimmen.“ Sie schlang die Arme um sich und verrieb den Schaum auf ihrer Haut.
„Sie schickte ihn auf ein Internat an der Ostküste. Und ich kam in ein Heim für ledige Mütter. Zwei Mal bin ich von dort weggelaufen. Aber irgendwann fand ich mich mit meiner Lage ab. Was blieb mir anderes übrig? Ich war siebzehn, hatte ein Baby in mir und beschloss, in dem Heim zu bleiben, bis mein Kind zur Welt kam.“
„Und dann?“
„Ich wollte es zur Adoption freigeben. Es sollte Eltern bekommen, die es liebten und ihm all das geben konnten, was ich mit neun verloren hatte – eine richtige Familie.“
„Und hast du es getan?“
Sie nickte. „Ich habe mir die Adoptiveltern angesehen, bevor ich die Papiere unterschrieb. Es waren gute Menschen, sanft und freundlich. Und sie waren bereit, mit mir in Kontakt zu bleiben und mir zu erzählen, wie es Ella Marie ging. Das war ihr Name, der meiner Tochter. Ella Marie …“ Ihre Lippen zitterten.
Cord ertrug es nicht, sie so traurig zu erleben. Er stellte sein leeres Glas neben ihr fast volles und nahm sie in die Arme.
Erst wehrte sie sich dagegen, doch dann gab sie nach und legte den Kopf an seine Brust. Er strich ihr über das feuchte Haar und die Schultern.
„Drei
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