JULIA COLLECTION Band 17
sondern sprach mit ruhiger, deutlicher Stimme und wachen, klaren Augen. „Madelyn war schwanger, als sie fortging. Als ich davon erfuhr, habe ich … sie geschlagen. Heftig. Ich warf ihr vor, Brandons Bastard im Bauch zu haben. Sie weinte und behauptete, das Baby sei nicht von meinem Bruder. Aber ich wusste, dass sie sich heimlich mit ihm getroffen hatte.“
Kate hatte eine Hand vor den Mund schlagen, dennoch entrang sich ihr ein entsetzter Laut. Caine sah sie an. „Tu nicht so schockiert, junge Lady. Ich weiß, dass du die Gerüchte längst gehörst hast. Deine Mutter hat mich mit ihrem Lover betrogen.“ Er starrte wieder auf seine Hände. „Damals hätte ich sie mit bloßen Händen erwürgen können. Aber …“ Er schmunzelte, musste husten und nahm einen Schluck Wasser, „aber jetzt bin ich älter und liege im Sterben. Ich hatte viel Zeit, über alles nachzudenken. Sie hat ihn geliebt und hätte lieber ihn geheiratet als mich. Also ist sie mit ihm durchgebrannt, eure Mutter und mein heuchlerischer, hinterhältiger Zwillingsbruder. Am Unabhängigkeitstag. Was für eine Ironie.“
Er schaute seine Söhne an. „Ihr drei habt immer wieder nach ihr gefragt. Kate war zum Glück noch zu klein. Ich hatte eure Fragen schnell satt, also dachte ich mir die Geschichte aus, dass die süße Madelyn und mein Bruder bei einem Bootsunfall im Teich ertrunken waren. Ich fand die Geschichte sehr … befriedigend, ehrlich gesagt. Und ich habe sie euch immer wieder gern erzählt. Ich habe das komplette Personal gefeuert und neue Dienstboten eingestellt, damit ihr die Wahrheit nicht von einem Hausmädchen oder Gärtner erfahrt. Und ich habe dafür gesorgt, dass meine Geschäftspartner, die regelmäßig ins Haus kamen, den Mund hielten. Zunächst wolltet ihr mir nicht glauben.“
Er bedachte Jack mit einem bitteren Lächeln. „Vor allem du nicht, Jackie, mein Junge. Aber die Zeit arbeitete für mich. Die Gehirnwäsche funktionierte. Als ihr Teenager wart, habt ihr geglaubt, dass eure Mutter lange tot war, dass sie ertrunken war und ihre Leiche nie gefunden wurde.“
Es war Jack, der die Frage stellte, die ihnen allen auf der Zunge brannte. „Wo ist sie jetzt?“
Caine blinzelte und schüttelte den Kopf. Dann schloss er die Augen.
Cord fluchte. „Er schläft ein.“
„Dad?“, drängte Rafe. „Dad? Wo ist Madelyn jetzt?“
Ihr Vater schlug die Augen wieder auf. „Was? Oh. Wisst ihr, je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich, dass das Baby doch von mir war. Eure Mutter hat sich hinter meinem Rücken mit meinem Bruder getroffen und sich an seiner Schulter ausgeweint, aber ich glaube nicht, dass sie für ihn die Röcke gehoben hat – dazu war sie einfach zu anständig, damals jedenfalls. Ich bin nicht sehr oft in ihr Schlafzimmer gegangen, aber oft genug. Also war das mein Baby. Und was immer ihr von mir denkt, ich bin ein Stockwell und kümmere mich um meine Familie. Seit sie weg ist, habe ich Madelyn jeden Monat Geld für sie und das Kind geschickt. Ich habe getan, was ich konnte. Es ist nicht meine Schuld, dass die Schecks alle zurückkamen.“
„Wo ist sie?“, fragte Jack.
Aber Caine drehte stöhnend den Kopf hin und her. „Das ist alles. Jetzt wisst ihr es. Sie ist nicht ertrunken …“
„Antworte mir“, verlangte Jack von ihm.
„Raus. Raus! Alle. Außer Cord. Ich will euch anderen nicht …“
Jack trat ans Bett. In seinen Augen brannte ein unbändiger Zorn. Kate hielt ihn zurück. „Bitte, Jack. Sieh ihn doch an. Er wird nicht mehr sagen.“
„Raus!“, schrie Caine mit letzter Kraft. Er bekam einen Hustenanfall und schlug mit der Faust auf die Bettkante. „Cord … komm her … zu mir …“
„Gebt mir ein paar Minuten mit ihm“, bat Cord seine Geschwister und winkte sie zur Tür. „Und dann schickt das Pflegepersonal herein.“
„Cord“, begann Rafe.
„Schon gut. Überlasst den Rest mir.“
Caine packte Cord an der Schulter. „Cord, hör mir zu. Ich muss dir sagen …“
Cord löste die knochigen Finger von seinem Hemd. „Geht schon. Bitte“, sagte er zu den anderen.
Widerwillig gehorchten sie.
„Mein Sohn. Mein Fleisch und Blut“, murmelte der alte Mann. „Du bist wie ich, vergiss das nie. Du und ich, wir beide sind gleich.“ Er hustete. „Nein, nicht ganz. Du bist schlauer als dein alter Herr, nicht wahr? Du bindest dich nicht an eine Frau. Du weißt, dass das nur zu einer Katastrophe führen kann. Für einen Mann wie dich, für einen Mann wie mich
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