JULIA COLLECTION Band 20
das Gelächter und Geschrei der spielenden Kinder hinweg kaum zu hören.
„Ich schätze, jetzt, wo Gus fort ist, wird niemand mehr dafür bieten.“ Marty gab ihrer Freundin einen Stoß. „Heb die Hand, Sasha.“
„Zehn!“, rief eine andere Stimme, bevor Sasha ihr Gebot abgeben konnte.
„Fünfzehn“, kam sofort die Antwort.
„Das klingt fast wie …“ Daisy reckte den Hals.
„Das ist sehr großzügig von Ihnen, Sir. Höre ich zwanzig?“
Der Auktionator hörte auch noch fünfundzwanzig und fünfunddreißig. Marty stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Menge hinwegsehen zu können. „Was sagt man dazu!“, stellte sie leise fest. „Vielleicht wird dieser Abend doch kein kompletter Reinfall.“
Es war nicht das erste Mal, dass ihre Pläne gescheitert waren, doch trotzdem reichte es Daisy allmählich. „Wenn es euch nichts ausmacht, setze ich mich jetzt ab. Ich werde zu Hause eine Schale Cornflakes essen, den letzten Wein trinken und ins Bett gehen. Von mir aus könnt ihr dem Kerl, der Faylenes Paket ersteigert, Gesellschaft leisten oder ihm erklären, dass sie schon weg ist. Denkt euch irgendwas aus, darin habt ihr doch Erfahrung.“
Sie schnappte sich ihre Handtasche und das Tuch, das sie mitgenommen hatte, falls es kühler wurde, und stand gerade auf, als der Auktionator „Verkauft!“ rief. „Verkauft an den Gentleman im schwarzen Hemd für einhundert Dollar!“
Sasha schaute fassungslos in die Runde. „Hundert Dollar? Wer in aller Welt …“ Sie stieg auf eine Bank und stützte sich auf Martys Kopf, um über die übrigen Gäste hinwegzuschauen.
Daisy schlug die Hände vors Gesicht, als ihr klar wurde, wer das Paket ersteigert hatte. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie Kell genau in der Haltung, in der sie ihn am ersten Tag auf Harveys Beerdigung erblickt hatte. Er hatte die Arme verschränkt, die Beine in den Cowboystiefeln leicht gespreizt, und er sah aus, wie ein Mann, der genau wusste, was er wollte. Die Abendsonne fiel auf sein Gesicht, sodass seine gebräunte Haut fast golden wirkte. Selbst aus dieser Entfernung schienen seine Augen zu strahlen.
„Du lieber Himmel, wenn das nicht unser Cowboy ist!“ Sasha stieg wieder von der Bank herunter und fächelte sich Luft zu. „Sollen wir ihn fragen, ob er mit uns essen möchte?“
Mühsam wandte Daisy den Blick von Kell ab, der jetzt zum Tisch des Auktionators ging, und entdeckte noch eine ihr vertraute Gestalt: Egbert, der gerade Richtung Parkplatz lief. „Egbert?“ Es klang fast verzweifelt. „Oh, was hätte denn noch alles schiefgehen können?“
„Egbert hat mitgeboten? Ich schätze, dann können wir ihn auf unsere Liste setzen. Er scheint die Zeit der Trauer überwunden zu haben.“ Marty tat so, als würde sie sich einen Namen auf die Handfläche schreiben.
„Es ist jetzt fast ein Jahr her“, stellte Sasha fest. „Außerdem habe ich gehört, dass seine Frau ohnehin mit dem Gedanken gespielt hat, ihn zu verlassen, als sie krank wurde. Sara aus der Bank hat mir erzählt, dass …“
„Ach, seid bloß still.“ Plötzlich fand Daisy an diesem Partnersuchspiel überhaupt keinen Spaß mehr.
„Zu spät, ich habe schon eine passende Frau für ihn.“ Marty beugte sich näher zu ihr, während sie zu Kell sah, der sich einen Weg durch die Menge bahnte. „Kennst du Carrie Stovall? Sie hat mit einem Mann zusammengelebt, bis herauskam, dass er eine Ehefrau in Suffolk hat. Carrie braucht unbedingt einen sehr verlässlichen Mann.“
„Und Egbert ist die Verlässlichkeit in Person.“ Sasha strich sich über die gezupften Augenbrauen. „Wenn er noch solider wird, fängt er bestimmt an, Moos anzusetzen.“
„Vielleicht kennt Daisy ein Heilmittel gegen zu viel Solidität. Was ist, Süße? Hättest du Lust, ein bisschen Schwung ins Leben des guten Egbert zu bringen?“
Daisy ging gar nicht auf die Sticheleien der Freundinnen ein. Sie wusste nicht, ob sie heulen oder jemandem einen Tritt versetzen sollte. Da hätte sie doch tatsächlich mit Egbert essen können! Das wäre der erste Schritt auf ihrem Weg zur Verwirklichung ihres Plans gewesen.
„Hallo“, gurrte Sasha, als Kell auf sie zukam. Als sie Daisys bösen Blick bemerkte, fügte sie hinzu: „Achten Sie nicht auf sie. Sie ist heute mit dem linken Fuß zuerst aufgestanden.“
Jetzt reichte es Daisy. Sie beachtete Kells Lächeln nicht, der eins der Päckchen trug, dessen Inhalt sie heute Nachmittag selbst zubereitet hatte. „Weißt du was, Sasha? Du bist die
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