JULIA COLLECTION Band 20
möchtest, und ich hole es dir.“
„Irgendwas ohne Zucker.“
Wenige Minuten später kam er mit zwei Flaschen Mineralwasser zurück. „Tut mir leid, etwas anderes gab es nicht mehr.“
„Ist doch bestens.“ Daisy deutete auf das Paket. „Weißt du eigentlich, dass diese Schachtel für Faylene und Gus gedacht war? Ich habe ihren Namen auf den Zettel geschrieben, und Gus sollte sie ersteigern.“
„So was in der Art hatte ich bereits vermutet. Sie fuhr gerade vom Parkplatz, als ich kam, und sah nicht unbedingt glücklich aus.“
Daisy hob die Schultern. „Also schön, es macht uns Spaß, die Leute miteinander zu verkuppeln. Hier in Muddy Landing gibt es nicht viel Unterhaltung, wenn man nicht gerade jagen, angeln oder Bingo spielen will.“
„Und dir macht das keinen Spaß, stimmt’s? Wow, riecht das lecker.“ Er nahm ein Heferöllchen aus dem Paket und schnupperte mit geschlossenen Augen daran.
„Das sind ganz einfache Heferöllchen.“
„Die duften aber himmlisch. Da läuft mir ja das Wasser im Mund zusammen.“
In seinem sinnlichen Tonfall klang es, als würde er nicht über Gebäck, sondern aufregenden Sex sprechen.
„Die schmecken genauso gut, wenn du sie kaufst. Ich habe sie nur gebacken, weil die Zutaten noch in Harveys Küche waren. Mir widerstrebt es, Lebensmittel wegzuwerfen, die nicht verdorben sind.“
Kell biss von einem Röllchen ab und durchsuchte die Schachtel. „Ist das hier Schokoladenkuchen?“ Er seufzte genießerisch. „Also, wenn ich das richtig verstanden habe, hat euer Plan mit Faylene und diesem Kerl nicht funktioniert. Im Grunde kann ich darüber ja nur froh sein, sonst säße ich jetzt nicht vor diesen Köstlichkeiten.“
„Kell, es ist mir eigentlich sehr peinlich, dass du so viel Geld für dasselbe Hühnchen ausgegeben hast, das ich dir auch zu Hause hätte zubereiten können.“
Er biss von dem frittierten Mais ab und schloss beim Kauen die Augen. „Bis fünfundfünfzig Dollar hat Blalock mitgehalten, aber dann war ich das Spielchen leid.“
Daisy hätte nie gedacht, dass Egbert bei so etwas Ehrgeiz entwickeln konnte.
„Wo hast du so gut kochen gelernt?“ Er aß ein Stück Schokoladen-Rum-Kuchen. „Jetzt sag bloß nicht, so was lernt man bei der Ausbildung zur Krankenschwester.“
„Ich hatte Kurse in Ernährungskunde, aber schon vorher habe ich mir während meiner Ausbildung Geld verdient, indem ich in der Cafeteria ausgeholfen habe. Die Frauen dort konnten fantastisch kochen. Und wie ist das bei dir?“
„Wo ich kochen gelernt habe? Du hast doch meine Tomatensuppe gegessen. Ich kann gar nicht kochen.“ Sein Lächeln war belustigt und verführerisch.
Plötzlich fühlte Daisy sich nicht mehr so erschöpft wie zu Beginn des Abends. „Faylene sagte, du hättest Baseball gespielt. Für welche Mannschaft? Kenne ich das Team?“
„Das ist lange her. Ich habe damals für Houston gespielt. Magst du Baseball?“ Fragend hob er eine Augenbraue.
„Eigentlich nicht. Mit Sport hatte ich nie viel am Hut. Dazu fehlte mir meist die Zeit.“ Mit dreizehn fing ihr Leben an, in geordneten Bahnen zu verlaufen, als die Beziehung ihrer Adoptiveltern in die Brüche ging. Kurz darauf war sie wieder im Heim gelandet, und dort herrschte ständig Geld- und Personalmangel. „Und nach der Sportlaufbahn hast du dein Sportartikelgeschäft eröffnet?“ Solange wir uns unterhalten, überlegte sie, gerate ich nicht in Gefahr, seinem Charme zu erliegen.
Sie sprachen über Sport und das Leben in der Kleinstadt. Anschließend diskutierten sie darüber, wie man den Job fand, der einem am meisten Spaß machte. Als Daisy ihm schließlich das letzte Stück Schokokuchen reichte, fühlte sie sich so wohl, dass sie komplett vergaß, vom Verlauf des Abends enttäuscht zu sein.
Sie erzählte Kell gerade von einer ihrer Patientinnen, die während des Zweiten Weltkriegs bei der Küstenwache gewesen war, als ihr auffiel, dass er an ihr vorbei in Richtung des Baches schaute. Die Sonne stand schon sehr tief, und die Grabsteine des angrenzenden Friedhofs warfen lange Schatten.
Daisy drehte sich auf ihrer Bank um und versuchte zu entdecken, was Kells Aufmerksamkeit fesselte. Sie konnte nichts Aufregendes sehen.
Auf einmal stand er auf und ging auf den Bach zu. Nach kurzem Zögern folgte sie ihm. „Kell? Was ist denn? Kell?“
„Hab ich dich!“ Er bückte sich, und als er sich wieder aufrichtete, hielt er etwas rundes Dunkles in der Hand.
„Eine Schildkröte?“
„Ja. Seit wir hier
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