JULIA COLLECTION Band 20
wohl. Es roch nach Leder, Seife und Kaffee. Und dann erklang auch noch klassische Klaviermusik aus dem Autoradio.
Klassische Musik? Marty erkannte es als ein Stück von Chopin, aber sie hätte nicht sagen können, welches es war. Während sie an einer der drei Ampeln von Muddy Landing warten mussten, pfiff Cole das Stück leise mit. Offenbar kannte er die Melodie sehr genau.
„Möchten Sie, dass ich Mutt hole?“, fragte er Marty vor dem Tierheim.
„Nein, danke, das schaffe ich jetzt, wo ich das Problem kenne, auch allein.“
„Prima.“ Er lächelte gut gelaunt. „Ich bleibe einfach in der Nähe. Nur für den Fall, dass die Katze wieder auftaucht. Denn wenn er Ihnen wegläuft, dann …“
„Ich weiß, ich weiß. Dann können wir nur noch die Feuerwehr alarmieren und eine Sturmwarnung geben.“
Sie wusste, wie sie den Hund zu behandeln hatte. Nur der Mann, der einen alten, rostigen Pick-up fuhr, auf einem Boot lebte und bei Chopin mitpfiff, war ihr immer noch ein Rätsel.
Dieser Mann machte sich in ihren Träumen breit, als gehöre er dorthin, und morgens wachte Marty dann erregt auf. Wenn sie mit diesem Hund jetzt nicht fertig wurde, dann war es letztlich Coles Schuld und nicht ihre.
Allerdings verhielt Mutt sich vorbildlich. Durch die Handzeichen war es für Marty viel leichter, ihm das Halsband anzulegen, ohne dass er ihr dabei ständig auf die Füße trat. Natürlich peitschte er sie mit seinem Schwanz und leckte ihr die Hand, aber Cole hatte gesagt, das tue der Hund nur, weil er Marty mochte.
Sie dachte lieber nicht daran, was dieses Riesenvieh anrichten konnte, wenn es einen Menschen nicht mochte.
Sie waren erst ein paar Hundert Meter die Water Street entlanggegangen, als der graue Mercedes aus einer Parklücke fuhr und sich langsam näherte.
Cole berührte Marty an der Schulter. „Gehen Sie weiter“, sagte er leise. „Ich bin gleich wieder da.“
Bevor sie nachfragen konnte, lief Cole den Weg wieder zurück. Marty blickte ihm hinterher und wurde fast von Mutt umgeworfen, bis ihr das Handzeichen wieder einfiel, das den Hund zum Stehenbleiben brachte.
Als Cole sich bis auf wenige Meter dem grauen Mercedes genähert hatte, bog der Fahrer links ab. Eine Weile sah Cole dem Auto nach, dann kehrte er zu Marty und Mutt zurück. „Verdammt.“ Er schüttelte den Kopf.
„Sie glauben also nicht, dass ich mir das nur einbilde? Der Kerl verfolgt mich tatsächlich?“
„Wenn ja, dann ist er darin vollkommen unbegabt. Sie bemerken ihn doch ständig.“
„Und was, glauben Sie, will er?“
„Was besitzen Sie denn?“
Marty dachte angestrengt nach, wieso ein Fremder sie verfolgen könnte, während Cole ihr Mutts Leine abnahm. Er ließ den Hund das Flussufer erkunden, anstatt wie üblich im Galopp bis zum Burger-Restaurant weiterzuhetzen.
„Ich kann nur Vermutungen anstellen, aber wenn er etwas wollte, was sich in Ihrem Haus befindet, brauchte er doch nur abzuwarten, bis Sie weggegangen sind, um dann in aller Ruhe das Haus zu durchsuchen. Sie müssen doch zugeben, dass Sie es ihm ziemlich leicht machen.“
Marty nickte. „Allmählich komme ich mir vor, als würde ich mitten in einem der Krimis stecken, die ich so gern lese.“
Cole lachte. „Ich bin sicher, dass Sie sich darin auskennen, Sherlock Holmes.“
„Jedenfalls besitze ich nichts, das es zu stehlen lohnt, und selbst wenn, dann würde der Kerl doch nicht mich verfolgen, sondern in meiner Abwesenheit einfach ins Haus gehen. Ich schließe ja nie ab.“
„Aber von jetzt an werden Sie es, ja?“
„Ganz bestimmt.“ Zumindest vorübergehend, bis sie wusste, was es mit diesem grauen Mercedes auf sich hatte. Wahrscheinlich war das Ganze eine Verwechslung.
„Wenn es also nichts mit Ihrem Besitz zu tun hat, dann müssen Sie etwas wissen, woran jemand anderer Interesse haben kann.“
„Sie meinen, so etwas, was einen politischen Skandal auslösen könnte? Die Regierung stürzen?“ Marty lachte. „Vielleicht ist das auch ein Headhunter. Eine große Buchhandelskette möchte, dass ich in Muddy Landing eine Filiale eröffne.“
Cole ergriff ihren Arm, und sie gingen zurück zum Tierheim. Schwanzwedelnd lief Mutt voraus. „Bis wir mehr wissen, sollten Sie allerdings lieber …“
Sie unterbrach ihn. „Beim nächsten Mal werde ich direkt auf dieses Auto zugehen und ihn fragen, warum er mich verfolgt. Und wenn er mir einen Job anbietet, werde ich als Nächstes bei seiner Konkurrenz anrufen, ob die mich nicht besser bezahlen
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