Julia Collection Band 21
„Wie kann ich dich hier in der Wohnung allein lassen?“
„Meine Trimesterferien sind morgen zu Ende, dann fahre ich sowieso zurück zur Uni“, erklärte ihre Schwester. „Das schaffe ich hoffentlich allein. Hilly, ich bin siebzehn!“
Ein wenig verlegen nahm Hillary ihre geliebte Schwester fest in den Arm.
Im Nachhinein betrachtet kam es ihr wie ein Wunder vor, wie sehr jene Zeit und Roels finanzielle Hilfe ihr Leben verbessert hatten. Hillary schuldete Roel so viel, mehr, als sie je zurückzahlen konnte!
Vor vier Jahren noch hatten die Schwestern in einer schmuddeligen Wohnung in einer Sozialsiedlung mit hoher Kriminalitätsrate gehaust, und das Leben war trostlos gewesen. Emma war intelligent, und Hillary war entschlossen gewesen, dafür zu sorgen, dass der frühe tragische Tod ihrer Eltern eine Universitätsausbildung ihrer jüngeren Schwester nicht verhindern würde. Umso schrecklicher waren ihre Schuldgefühle gewesen, als sie mit ansehen musste, wie Emma in schlechte Gesellschaft geriet und anfing, die Schule zu schwänzen. Damals hatte Hillary, noch Berufsanfängerin, ständig Überstunden im Friseursalon gemacht. Sie hatte sich weder eine bessere Wohngegend leisten noch mehr Zeit für einen rebellierenden Teenager aufbringen können.
Roels Großzügigkeit hatte ihr Leben verändert. Anfangs hatte sie sein Geld nicht annehmen wollen, dann aber war ihr klar geworden, dass sie damit ihre kleine Schwester wieder auf den Pfad der Tugend zurückbringen konnte. Für die Eröffnung des eigenen Friseursalons in der weit vom modischen London entfernten Vorortsiedlung Hounslow hatte sie nur das ausgegeben, was sie benötigte. Angesichts dessen, was Emma damals brauchte, glaubte Hillary, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nur manchmal fragte sie sich, ob Roel vielleicht seine Reserviertheit aufgegeben und sie mehr respektiert hätte oder sogar mit ihr in Kontakt geblieben wäre, wenn sie bei ihrer ursprünglichen Absicht geblieben wäre, ihn einfach nur zu heiraten und jede Belohnung abzulehnen.
Schließlich hatte sie ihn als Freundin heiraten wollen, die ihm einen Gefallen tat. Da sie heftig verliebt war in diesen Mann, der ihre Existenz kaum zur Kenntnis zu nehmen schien, hätte sie alles getan, um Roel zufrieden zu stellen oder zu beeindrucken. Doch indem sie das Geld von ihm annahm, veränderte sie alles zwischen ihnen.
„Ich ziehe es vor, für geleistete Dienste zu bezahlen“, hatte er gesagt, und Hillary war sich dabei wie eine Prostituierte vorgekommen. „Auf diese Weise beugt man Missverständnissen vor.“
Am Vormittag des folgenden Tages hatte Dr. Lerther Mühe, sein Erstaunen zu verbergen, als seine Sekretärin Roel Sabatinos Frau Hillary hereinführte. Die kleine blonde Frau, der die Angst im Gesicht geschrieben stand, war in keiner Hinsicht so, wie er es erwartet hatte.
„Ich habe versucht anzurufen, bevor ich England verließ, aber die Vermittlung fand die Nummer dieses Krankenhauses nicht“, erklärte Hillary hastig.
Sie war sehr nervös. In seiner luxuriösen Pracht war dieses Krankenhaus wie kein anderes, das sie je zuvor betreten hatte, und sie hatte einige Beweise ihrer Identität vorlegen müssen, um überhaupt hereingelassen zu werden. Ihre zunehmend verzweifelten Fragen nach Roels Gesundheitszustand wurden mit höflichem, aber bestimmtem Schweigen quittiert. Nachdem ihre Hoffnung enttäuscht wurde, Roels Tante Bautista würde sie erwarten und zu ihm führen, war sie gezwungen, sich als Roel Sabatinos Frau vorzustellen. Dadurch kam sie sich schrecklich unaufrichtig vor, doch war sie überzeugt davon, dass man sie gar nicht erst zu ihm vorgelassen hätte, wenn sie die ganze Wahrheit über ihre Ehe gesagt hätte.
„Dies ist eine Privatklinik, und da unsere Patienten Diskretion und Sicherheit wünschen, ist die Nummer nicht ohne weiteres zu erfragen.“ Der ältere, grauhaarige Mann streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin froh, dass Sie so schnell kommen konnten.“
Seine Worte ließen Hillary Schlimmes ahnen. „Roel?“, hauchte sie.
„Entschuldigen Sie, es war nicht meine Absicht, Sie zu beunruhigen. Abgesehen von heftigen Kopfschmerzen und ein paar Prellungen geht es Ihrem Mann körperlich gut.“ Mit einem ermutigenden Lächeln führte er sie durch sein luxuriöses Büro zu einem Sessel. „Dummerweise steht es um sein Erinnerungsvermögen nicht so günstig.“
Ein wenig erleichtert setzte Hillary sich, dann schaute sie verwirrt auf. „Sein …
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