Julia Collection Band 21
sich mit hochrotem Kopf. Gott sei Dank war sie danach von derart leichtsinnigen Anwandlungen verschont geblieben. Verwirrt über Tabbys sonderbares Verhalten, wenn es um Christien ging, war Pippa in Jens Zimmer übergesiedelt. Tabby war traurig darüber gewesen, aber nicht traurig genug, um sich von Christien zu trennen. Ihr Verlangen nach ihm war überwältigend gewesen, ihre Liebe grenzenlos, und nichts anderes hatte mehr für sie gezählt. Sie hatte nur für ihn gelebt und den halben Tag verschlafen, weil ihr eigentliches Leben erst nach Einbruch der Dunkelheit begann.
Tränen brannten ihr in den Augen, als sie auf den Scheck blickte, den Christien zurückgelassen hatte. Mit zitternden Händen zerriss sie ihn in winzige Stücke. Sie hatte nicht einmal nachgeschaut, welchen Betrag er eingesetzt hatte. Er wollte sie nicht in Frankreich haben, aber sie hatte bereits alle Vorbereitungen getroffen. Bildete er sich etwa ein, er könne sie kaufen und nach seiner Pfeife tanzen lassen? Woher nahm er die Frechheit, sie „billig“ zu nennen? Er hatte sie betrogen – allerdings hatte er ihr auch nie ewige Treue geschworen, oder? Genauso wenig wie er seine atemberaubend schöne blonde Pariser Freundin erwähnt hatte.
Ja, sie würde zu Solanges Cottage fahren und es so lange nutzen, wie sie wollte. Für sie war es ein Beweis ihres Respekts für eine reizende Frau, die sie leider nicht näher kennengelernt hatte. Am Ende des Sommers würde sie entscheiden, ob Duvernay oder in der Umgebung ein geeigneter Ort sei, um ein neues Leben mit ihrem Sohn zu beginnen. Aber Christien Laroche, der ihr bereits so viel Kummer verursacht hatte, sollte sich besser künftig von ihr fernhalten!
3. KAPITEL
Sean Wendell war ein schlanker blonder Mann um die dreißig, mit strahlenden blauen Augen und einem charmanten Lächeln. Als er Tabby zum Parkplatz begleitete, sah er auf die Uhr und stöhnte leise. „Ich muss mich beeilen und dich jetzt allein lassen. Ich habe einen Termin mit einem Kunden.“
„Kein Problem. Du warst mir eine große Hilfe. Vielen Dank für den Kaffee.“ Der ehemalige Kollege ihrer Tante hatte sich als schier unerschöpfliche Quelle erwiesen, was Ortskenntnis betraf. Tabby hatte sich rasch mit ihm angefreundet.
Ungeachtet seines Zeitdrucks folgte ihr Sean zu dem alten Lieferwagen, der mit ihren Habseligkeiten beladen war. „Versuch nicht, den Wagen allein auszuladen“, ermahnte er sie, als sie auf den Fahrersitz kletterte. „Ich komme heute Abend vorbei und helfe dir.“
„Das ist wirklich sehr nett von dir, aber ich habe ihn beladen und kann ihn genauso gut wieder ausräumen.“ Sie winkte ihm noch einmal zu, während sie vom Parkplatz rollte. Hoffentlich hatte er begriffen, dass sie sich zwar über einen neuen Freund freute, aber keine engere Beziehung wünschte.
Es war ein warmer Juninachmittag. Tabby hatte die Strecke vom Fährhafen in erstaunlich kurzer Zeit bewältigt, und dank Seans Sprachkünsten waren die Formalitäten beim notaire rasch erledigt. Nun war sie nur noch knapp zwanzig Kilometer von ihrem Ziel entfernt. Während sie durch Quimper fuhr, erhaschte sie einen Blick auf ein Schaufenster mit bunten Fayencen. Ihre verstorbene Mutter hatte die handbemalten Töpfereien gesammelt und alljährlich ein neues Stück erworben. Kurz vor ihrem Umzug in das neue und viel größere Haus hatte Tabbys Stiefmutter Lisa die gesamte Sammlung weggeworfen – zusammen mit allem, was sonst noch an die erste Frau ihres Mannes erinnerte. Nach dem Tod ihres Vaters hatte Tabby zutiefst bedauert, keine Erinnerungsstücke an ihre Eltern zu haben.
Aber an diesem Tag, während sie durch die Bretagne reiste, um ihr Erbe anzutreten, dachte sie wehmütig daran, dass ihre Mutter sich stets ein Haus in Frankreich gewünscht hatte. Und als Tabby endlich das holzverkleidete Cottage gefunden hatte, das durch einen stattlichen Eichenhain von der stillen Landstraße abgeschirmt wurde, war sie begeistert.
Die Vordertür ihres neuen Heims führte direkt in ein großes Zimmer mit einem malerischen Granitkamin und unverputzten Deckenbalken. Tabby lächelte. Ihre Zuversicht legte sich allerdings ein wenig angesichts der angrenzenden Küche mit dem Steinbecken und einem altertümlichen Herd, der so aussah, als wäre er seit Menschengedenken nicht mehr benutzt worden. Die Waschmöglichkeiten waren ähnlich rustikal. Der letzte Raum im Erdgeschoss barg jedoch eine angenehme Überraschung. Es handelte sich um einen altmodischen
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