Julia Collection Band 22
hättest.“
„Was hat er gesagt?“
Sie brauchte kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Nick war sich durchaus bewusst, was ihr Vater von ihm hielt. „Daddy meinte, wenn du dir wirklich etwas aus mir gemacht hättest, dann hättest du mir gesagt, wohin du gehst, oder hättest dich zumindest von mir verabschiedet.“
Nick fluchte hemmungslos und Cheyenne zuckte zusammen.
„Ich wette, dass er sich nicht die Mühe gemacht hat, dir zu erzählen, warum wir die Ranch verlassen mussten, oder?“
„Wie sollte er? Mein Vater wusste genauso wenig darüber, wieso ihr weggezogen seid, wie alle anderen auch.“
Sein freudloses Lachen verursachte ihr eine Gänsehaut.
„Da irrst du dich aber gewaltig, Darling. Dein Vater und der Sheriff wussten am allerbesten, wieso ich Wyoming verlassen musste.“
So langsam wurde Cheyenne ärgerlich angesichts seiner Behauptungen, ihr Vater habe etwas mit der Sache zu tun gehabt. „Nun, da alle außer mir etwas darüber zu wissen scheinen, wäre es vielleicht ganz nett, wenn du mir das große Geheimnis auch verrätst.“
Nick starrte eine Weile geradeaus auf die Straße, bevor er ihr schließlich antwortete. „Nachdem dein Vater und der Sheriff dich in den Streifenwagen gesetzt und mich auf der Treppe der Kirche stehen lassen hatten, fuhr ich nach Hause und erzählte meiner Mutter, was geschehen war. Sie war genauso wenig erfreut darüber, dass wir durchgebrannt waren, wie dein Vater, allerdings aus anderen Gründen. Sie meinte, so wie sie Bertram Holbrook kenne, stünde zu befürchten, dass die Sache noch lange nicht erledigt sei.“ Nick warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. „Und sie hatte recht.“
Angst machte sich in Cheyenne breit. An seiner Miene konnte sie erkennen, dass die Anschuldigungen, die Nick gleich gegen ihren Vater erheben würde, ziemlich unangenehm und schmerzhaft werden würden.
Sie schluckte, weil sie plötzlich einen Kloß im Hals hatte, und fragte: „Was genau soll mein Vater denn gemacht haben?“
Nick umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten. „Gegen Mitternacht erhielt meine Mutter einen anonymen Anruf, in dem ihr erzählt wurde, dass dein Vater Anklage erheben und der Sheriff mich am nächsten Morgen wegen Vergewaltigung verhaften würde.“
Geschockt schnappte Cheyenne nach Luft. Dann schüttelte sie vehement den Kopf. „Das glaube ich dir nicht. Mein Vater würde so etwas niemals tun.“
Nick lenkte den Pick-up an den Straßenrand und schaltete den Motor aus. Als er sich zu ihr umdrehte, konnte sie seine Wut deutlich an den fest zusammengepressten Lippen und dem Funkeln in seinen tiefblauen Augen erkennen.
„Mach dir nichts vor, Cheyenne. Dein Vater war ein mächtiger Richter, der, aus welchen Gründen auch immer, mich und meine Mutter verabscheute. Und ich hatte seine minderjährige Tochter – seine einzige Tochter – über die Grenze gebracht, um sie zu heiraten.“
„Aber …“
„Er hatte ein Motiv und verfügte über die richtigen Verbindungen, um dieses Vorhaben auszuführen. Außerdem war er voller Hass auf mich und meine Mutter.“ Er schaute sie direkt an. „Sieh den Tatsachen ins Auge, Cheyenne. Dein Vater hatte die Absicht, mich den Großteil meines Lebens in einer Gefängniszelle verrotten zu lassen.“
Ihr Magen verkrampfte sich, und sie fürchtete, ihr würde gleich schlecht werden. „Ich …, wenn das, was du da sagst, wahr ist, warum bist du dann nicht geblieben und hast dich verteidigt?“
„Denk doch einmal nach, Darling. Dein Vater kannte die Gesetze in- und auswendig. Und er kannte eine Menge Leute, die ihm dabei geholfen hätten, sein Ziel zu erreichen.“ Er lachte bitter. „Welche Chance, meinst du, hätte ich gehabt, einen fairen Prozess zu erhalten, wenn einer der Kollegen deines Vaters auf der Richterbank gesessen hätte?“
Cheyenne schwirrte der Kopf angesichts dieser Verwicklungen. Wenn es tatsächlich alles so gewesen war, wie Nick sagte, dann hätte ihr Vater Nicks Leben ruiniert, wenn er geblieben wäre. Aber sie konnte nicht glauben, dass ihr Vater in der Lage gewesen wäre, etwas so Niederträchtiges, so Rachsüchtiges zu tun.
Nick nahm ihre Hand in seine und schüttelte den Kopf. „Du musst mir glauben. Das Letzte, was ich wollte, war, dich allein zu lassen. Aber meine Mutter hat es damals ganz genau gewusst, ich hatte einfach keine andere Wahl. Entweder verschwand ich so schnell es ging aus Wyoming, oder ich würde mit Sicherheit im Gefängnis
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